"So, jetzt improvisiere ich für Sie!"
Konzertabend für Konzertabend erfindet die aus Venezuela stammende Pianistin Gabriela Montero aufs Neue Musik im freien Fall. Ohne Netz und doppelten Boden improvisiert die 38-Jährige als Zugabe Melodien auf Zuruf – von der Mondscheinsonate bis zu "Pink Panther" und deutschen Schlagern.
"Jetzt macht sie’s sich gemütlich", flüstert eine Dame im Parkett ihrem Gatten zu, als der Saaldiener Gabriela Montero ein Glas Wasser auf die Bühne bringt. Aber weit gefehlt: Die Pianistin greift zum Mikrofon und mit einem warmen, natürlichen Lächeln wendet sie sich ans Publikum: "I will now improvise for you!"
Der Saal duckt sich weg. Niemand will den Anfang machen. Bis sich von ganz hinten eine resolute Stimme meldet. Eine Zuschauerin wünscht sich "I can’t give you anything but love, baby".
Aber das reicht nicht. Die ältere Dame soll das Lied auch singen. Die Konzertbesucher in der Essener Philharmonie lachen peinlich berührt. Doch die 38-Jährige bleibt dabei, nickt aufmunternd – und die Dame singt tatsächlich. Vor vollem Haus. Nach und nach fallen auch die Reihen vor ihr ein. Das ist der Moment, auf den Gabriela Montero gewartet hat: Sie wirft ihre langen, blonden Haare zurück, spielt das Thema mit der rechten Hand flink rauf und runter. Dann hält sie kurz inne, legt den Kopf in den Nacken – und greift in die Tasten.
Die kann es tatsächlich, denkt man. Spielt einfach drauf los – und aus dem vertrauten Jazz-Hit wird unter ihren Händen ein Bach- Präludium.
Gabriela Montero: " Es ist, wie von einer Klippe zu springen – ohne Fallschirm. Aber das macht mir keine Angst, es ist wunderbar befreiend. "
Woher nimmt sie den Mut? Und was, um Himmels willen, macht sie, wenn ihr mal nichts einfällt?
Gabriela Montero: " Mein Kopf ist wirklich leer, wenn ich improvisiere. (lacht) Ob da auch mal keine Musik rauskommt? Nein, das habe ich noch nie erlebt. Weil ich nicht nachdenke, wenn ich improvisiere. Es kommt von woanders her. Es ist nicht so, dass ich da sitze und denke: Jetzt spiele ich gleich diesen Akkord und dann jenen, und wie mache ich weiter? Nein. "
Mit 15 Monaten klimpert Gabriela Montero auf einem Plastikspielzeugklavier Schlaflieder nach. Mit acht hat sie ihren ersten Fernsehauftritt – und improvisiert vor laufender Kamera.
Gabriela Montero: " Es gibt ein Video von meinem Debüt mit Orchester in Caracas. Da war ich acht und habe das D-Dur Konzert von Haydn gespielt. Danach habe ich auf eine Frage des Moderators hin improvisiert. Und die Improvisation ist ungefähr 25 Minuten lang – in d-Moll. (lacht) Aber es war ein ernstes Stück für das kleine Mädchen, das ich damals war. "
Nach diesem Konzert verlässt die Familie Venezuela und zieht mit dem Wunderkind in die USA. Gabriela Montero spielt das klassische Repertoire, reist von Wettbewerb zu Wettbewerb, gewinnt Preise – und will sich mit 17 vor einem Auftritt die Hand brechen, weil sie nicht improvisieren darf.
Gabriela Montero: " Meine Lehrerin in Miami, bei der ich zehn Jahre war, die hat das immer so abgewertet, dass ich aufgehört habe zu improvisieren. Ab und zu habe ich vielleicht mal improvisiert - wenn ich alleine war, für mich selbst. Aber ich hatte wohl Angst, dass die Klassik-Welt es nicht zu schätzen weiß. "
So hört die junge Frau mit 18 ganz auf, Klavier zu spielen, arbeitet als Krankenschwester, bekommt zwei Kinder. Und kann doch nicht leben, ohne Klavier. 2001 lernt sie dann die berühmte Konzertpianistin Martha Agerich kennen – und die ermutigt sie, zu ihrer besonderen Gabe zu stehen. Also in ihren Konzerten genau das zu tun, was sich heute kein klassischer Pianist mehr traut: nämlich zu improvisieren. Auch wenn ihr Publikum das zunächst für einen Zirkustrick hält.
Gabriela Montero: " Ich habe damit angefangen, mir Melodien vorsingen zu lassen, weil als ich mich einfach ans Klavier gesetzt habe und verkündet habe: So, jetzt improvisiere ich für Sie – da hat mir niemand geglaubt. Als ich dann auf Zuruf gespielt habe, da war allen klar, dass ich jetzt, in dem Moment, tatsächlich improvisiere. Und das Schöne daran war, dass es auch diese Verbindung zum Publikum geschaffen hat. "
Konzertabend für Konzertabend erfindet Gabriela Montero aufs Neue Musik im freien Fall. Ohne Netz und doppelten Boden. Und die Zuhörer sind so gebannt, dass sie auf einmal alle singen wollen.
So ist jeder ihrer Auftritte unvorhersehbar – und einzigartig. Denn Gabriela Montero zeichnet keine ihrer Improvisationen auf. Sie sind ein Geschenk an den Augenblick, ans Publikum. Und dann – dann wird aus dem Bergarbeiterlied eine romantische Ballade.
Der Saal duckt sich weg. Niemand will den Anfang machen. Bis sich von ganz hinten eine resolute Stimme meldet. Eine Zuschauerin wünscht sich "I can’t give you anything but love, baby".
Aber das reicht nicht. Die ältere Dame soll das Lied auch singen. Die Konzertbesucher in der Essener Philharmonie lachen peinlich berührt. Doch die 38-Jährige bleibt dabei, nickt aufmunternd – und die Dame singt tatsächlich. Vor vollem Haus. Nach und nach fallen auch die Reihen vor ihr ein. Das ist der Moment, auf den Gabriela Montero gewartet hat: Sie wirft ihre langen, blonden Haare zurück, spielt das Thema mit der rechten Hand flink rauf und runter. Dann hält sie kurz inne, legt den Kopf in den Nacken – und greift in die Tasten.
Die kann es tatsächlich, denkt man. Spielt einfach drauf los – und aus dem vertrauten Jazz-Hit wird unter ihren Händen ein Bach- Präludium.
Gabriela Montero: " Es ist, wie von einer Klippe zu springen – ohne Fallschirm. Aber das macht mir keine Angst, es ist wunderbar befreiend. "
Woher nimmt sie den Mut? Und was, um Himmels willen, macht sie, wenn ihr mal nichts einfällt?
Gabriela Montero: " Mein Kopf ist wirklich leer, wenn ich improvisiere. (lacht) Ob da auch mal keine Musik rauskommt? Nein, das habe ich noch nie erlebt. Weil ich nicht nachdenke, wenn ich improvisiere. Es kommt von woanders her. Es ist nicht so, dass ich da sitze und denke: Jetzt spiele ich gleich diesen Akkord und dann jenen, und wie mache ich weiter? Nein. "
Mit 15 Monaten klimpert Gabriela Montero auf einem Plastikspielzeugklavier Schlaflieder nach. Mit acht hat sie ihren ersten Fernsehauftritt – und improvisiert vor laufender Kamera.
Gabriela Montero: " Es gibt ein Video von meinem Debüt mit Orchester in Caracas. Da war ich acht und habe das D-Dur Konzert von Haydn gespielt. Danach habe ich auf eine Frage des Moderators hin improvisiert. Und die Improvisation ist ungefähr 25 Minuten lang – in d-Moll. (lacht) Aber es war ein ernstes Stück für das kleine Mädchen, das ich damals war. "
Nach diesem Konzert verlässt die Familie Venezuela und zieht mit dem Wunderkind in die USA. Gabriela Montero spielt das klassische Repertoire, reist von Wettbewerb zu Wettbewerb, gewinnt Preise – und will sich mit 17 vor einem Auftritt die Hand brechen, weil sie nicht improvisieren darf.
Gabriela Montero: " Meine Lehrerin in Miami, bei der ich zehn Jahre war, die hat das immer so abgewertet, dass ich aufgehört habe zu improvisieren. Ab und zu habe ich vielleicht mal improvisiert - wenn ich alleine war, für mich selbst. Aber ich hatte wohl Angst, dass die Klassik-Welt es nicht zu schätzen weiß. "
So hört die junge Frau mit 18 ganz auf, Klavier zu spielen, arbeitet als Krankenschwester, bekommt zwei Kinder. Und kann doch nicht leben, ohne Klavier. 2001 lernt sie dann die berühmte Konzertpianistin Martha Agerich kennen – und die ermutigt sie, zu ihrer besonderen Gabe zu stehen. Also in ihren Konzerten genau das zu tun, was sich heute kein klassischer Pianist mehr traut: nämlich zu improvisieren. Auch wenn ihr Publikum das zunächst für einen Zirkustrick hält.
Gabriela Montero: " Ich habe damit angefangen, mir Melodien vorsingen zu lassen, weil als ich mich einfach ans Klavier gesetzt habe und verkündet habe: So, jetzt improvisiere ich für Sie – da hat mir niemand geglaubt. Als ich dann auf Zuruf gespielt habe, da war allen klar, dass ich jetzt, in dem Moment, tatsächlich improvisiere. Und das Schöne daran war, dass es auch diese Verbindung zum Publikum geschaffen hat. "
Konzertabend für Konzertabend erfindet Gabriela Montero aufs Neue Musik im freien Fall. Ohne Netz und doppelten Boden. Und die Zuhörer sind so gebannt, dass sie auf einmal alle singen wollen.
So ist jeder ihrer Auftritte unvorhersehbar – und einzigartig. Denn Gabriela Montero zeichnet keine ihrer Improvisationen auf. Sie sind ein Geschenk an den Augenblick, ans Publikum. Und dann – dann wird aus dem Bergarbeiterlied eine romantische Ballade.