"So etwas wie Resteverwerter"
Das Schweizer Architekturbüro Herzog & De Meuron ist weltberühmt. Nach den Entwürfen des Büros entstanden Theater, Museen und Geschäftshäuser. Und auch die Allianz-Arena in München stammt von den Stararchitekten. Doch trotz des Erfolgs haben sich Jacques Herzog und Pierre de Meuron ihren selbstironischen Blick bewahrt. Wir sind "so etwas wie Restverwerter", sagte Herzog auf der Ausstellungseröffnung "No. 250 - Herzog & De Meuron" im Haus der Kunst in München.
Man tritt in den hohen hellen weiten Saal im Haus der Kunst. Großformatiges wird hier sonst gezeigt. Doch diesmal Tische. Dicht an dicht. Tische mit Versuchsanordnungen. Man taucht optisch ein in ein scheinbar unübersichtliches Chaos. In eine überbordende Fülle. Eine Fülle an Formen, Modellen, Fragmenten, Skizzen, Materialien, Farben, Fotos - nicht überschaubar, nicht auf den ersten Blick und auch nicht auf den zweiten Blick. Es ist, als ob man in die gedanklichen Bahnen, in die komplexen Gestaltungswege dieses Architektur Think-Tanks Herzog und de Meuron schlüpfen muss, um den schöpferischen Prozessen auf die Spur zu kommen.
"Wir wollen sicher nicht arrogant sein und sagen, findet euch einfach zurecht in diesem Markt. Das ist überhaupt nicht die Meinung. Aber es ist schon die Meinung, dass man nicht so einfach sagt: So sieht das Gebäude aus und das gefällt mir oder das gefällt mir nicht, sondern dass man sieht, es ist wirklich wie eine Art Prozess, hat wirklich manchmal mit Kochen zu tun und das manchmal diese Stücke dann übrig bleiben, die sind wie Abfallstücke und die haben einen eigenen ästhetischen Reiz und das wird ja manchmal auch wie Kunst gehandelt, das heißt, all diese verschiedenen Sachen sind drin und es gibt ja auch so viele Bücher auf dem Markt, dass es einfach ist, die Projekte, wenn man sich dafür interessiert, nachzuvollziehen: Grundriss, Schnitt, Ansicht – so sieht das aus. Dies Material hier ist viel schwieriger, zusammenzustellen und ist auch viel einmaliger."
Einen Marktplatz nennt Jaques Herzog diesen Raum, der doch das Herz der Ausstellung ist. Und es zeigt, wie es schlägt: Keine fertigen Produkte werden angeboten. Kein: Ach, dies ist das Haus, Gebäude, der Stadtteil. Vielmehr lässt ein Team von Forschern, von Entdeckern Menschen teilnehmen an ihren Prozessen.
"Wir sehen unseren Beitrag hier in der Ausstellung auch so, dass es etwas ist, dass zur Diskussion steht, wie man heute arbeitet, was sind die Möglichkeiten von Architektur heute. Man sollte versuchen, hinter die Dinge zu schauen und darüber nachdenkend auch diese vielen Gedanken, die dabei entstehen, zum eigentlichen Inhalt zu machen."
Die Gedanken, die entstehen. Gedanken, die Form werden. Zum Beispiel ein rundes, rhythmisches Gewoge von Häuserdächern, die das Büro zur Form verdichtet und einfließen lässt in die Gestaltung eines Gebäudes in Madrid. Vertieft man sich in dieses Projekt, das auf dem Tisch ausgebreitet ist, entdeckt man die Formen der Dächer und kann nachvollziehen, wie das Büro sie aufgegriffen und im neuen Gebäude zu etwas ganz Eigenem destilliert hat. Jaques Herzog, der für den stillen Pierre De Meuron und die anderen fast 200 Mitarbeiter spricht, sagt, dies sei nur ein Aspekt dessen, wie Architektur entstehe und erklärt das an zwei Münchner Beispielen. Den Fünf Höfen in der dicht bebauten Innenstadt und dem für sich stehenden Fußballstadion vor den Toren der Stadt:
"Architektur ist immer noch etwas, das an jedem Ort für sich beantwortet werden muss. Die Fünf Höfe sind der Ort, wo wir dieses Denken, diese Erkenntnis auch gewonnen haben. Das ist eine sehr kontextuelle Arbeit. Während zum Beispiel die Allianz-Arena war sicher nicht eine kontextuelle Arbeit, weil das ein leerer, offener Raum war, wo auch der Platz für so eine ikonische Arbeit da war. Das heißt, in jedem metropolitanen Raum gibt es heute Orte, wo dieses Simulative oder das eher Ikonische oder all diese Mittel, die wir versuchen uns zu erarbeiten, einzusetzen sind."
Wer sich einlässt auf den Raum mit seinen Tischen, seinen Projekten, seinen hunderten von verschiedenen Aspekten, kann vielleicht erahnen, wie komplex architektonische Prozesse ablaufen.
"Architektur, sagen wir immer, ist eine ganz archaische Disziplin weil sie so träge ist und weil sie so langsam ist und viele Leute einbeziehen muss und weil sie für den Mensch und seine nicht sehr veränderten Bedürfnisse gemacht wurde."
Die Dauer: Hier ist sie verdichtet. Man sieht das Hin und Her, kann dem Aufgreifen und Verwerfen folgen, das zur Seite legen und erneut hervorholen entdecken. Manche Idee taucht Jahre später wieder auf, alles wird verwertet. Sogar die Ausstellung, die die Architekten als eigenes, 250. Projekt verstehen:
"Die Ausstellung, ja hat eine eigene Nummer, ist ein eigenes Projekt, weil jedes Aufbauen – das ist jetzt das vierte und das letzte Mal, dass wir diese Ausstellung aufbauen, das wird für einige Zeit die letzte Ausstellung sein, die wir konzipieren, die nächste, wann auch immer das sein wird, wird ganz was anderes sein, wie das Tristanbühnenbild oder das Projekt für den artist-choise-Raum im Moma, das sind Projekte, die wir angehen wie ein architektonisches Projekt. Weil wir eben eher konzeptuell arbeiten, das heißt, Sachen nicht vor uns herschieben in einer wissenden, allwissenden stilistischen Art, sondern in einer Art Hinterfragung sind das immer Projekte, auch diese hier, diese Ausstellung, die uns immer wieder irgendwo immer wieder bei einem rein architektonischen Projekt zu gute kommen. Das heißt, es sind alles Materialien, die wieder verwendet werden können. Insofern sind wir eigentlich Resteverwerter, wie die Höhlenbewohner es schon waren."
Das Hinterfragen. Es ist gleichsam das Glaubensbekenntnis des Büros Herzog & De Meuron. Soviel wird in der Ausstellung deutlich. Weshalb neben der Kunst, zu sehen und zu Erkennen, die Erkenntnis zu kommunizieren auch die Offenheit gefragt ist. Selbst, wenn es um große blaue Firmenlogos geht wie "Allianz-Arena", das nun draußen, auf dem Dach des Münchner Haus der Kunst leuchtet:
"Es ist eigentlich verrückt, was da alles im Raum steht und wie Architektur und Logos und Brandings, wie das heute den Sichtwinkel versperrt und es ist ganz wichtig, dass man sich heute mit solchen Fragen auseinandersetzt und nicht einfach versucht, moralischer Weise Hände davor zu halten und das Haus der Kunst als einen hehren Ort zu sehen, wo solche Themen nicht abgehandelt werden wie in einem geschützten Raum. Ich glaube, wir müssen offensiver werden."
Service: Die Ausstellung "No. 250 - Herzog & De Meuron" ist vom 12. Mai bis zum 9. Juli im Haus der Kunst zu sehen.
"Wir wollen sicher nicht arrogant sein und sagen, findet euch einfach zurecht in diesem Markt. Das ist überhaupt nicht die Meinung. Aber es ist schon die Meinung, dass man nicht so einfach sagt: So sieht das Gebäude aus und das gefällt mir oder das gefällt mir nicht, sondern dass man sieht, es ist wirklich wie eine Art Prozess, hat wirklich manchmal mit Kochen zu tun und das manchmal diese Stücke dann übrig bleiben, die sind wie Abfallstücke und die haben einen eigenen ästhetischen Reiz und das wird ja manchmal auch wie Kunst gehandelt, das heißt, all diese verschiedenen Sachen sind drin und es gibt ja auch so viele Bücher auf dem Markt, dass es einfach ist, die Projekte, wenn man sich dafür interessiert, nachzuvollziehen: Grundriss, Schnitt, Ansicht – so sieht das aus. Dies Material hier ist viel schwieriger, zusammenzustellen und ist auch viel einmaliger."
Einen Marktplatz nennt Jaques Herzog diesen Raum, der doch das Herz der Ausstellung ist. Und es zeigt, wie es schlägt: Keine fertigen Produkte werden angeboten. Kein: Ach, dies ist das Haus, Gebäude, der Stadtteil. Vielmehr lässt ein Team von Forschern, von Entdeckern Menschen teilnehmen an ihren Prozessen.
"Wir sehen unseren Beitrag hier in der Ausstellung auch so, dass es etwas ist, dass zur Diskussion steht, wie man heute arbeitet, was sind die Möglichkeiten von Architektur heute. Man sollte versuchen, hinter die Dinge zu schauen und darüber nachdenkend auch diese vielen Gedanken, die dabei entstehen, zum eigentlichen Inhalt zu machen."
Die Gedanken, die entstehen. Gedanken, die Form werden. Zum Beispiel ein rundes, rhythmisches Gewoge von Häuserdächern, die das Büro zur Form verdichtet und einfließen lässt in die Gestaltung eines Gebäudes in Madrid. Vertieft man sich in dieses Projekt, das auf dem Tisch ausgebreitet ist, entdeckt man die Formen der Dächer und kann nachvollziehen, wie das Büro sie aufgegriffen und im neuen Gebäude zu etwas ganz Eigenem destilliert hat. Jaques Herzog, der für den stillen Pierre De Meuron und die anderen fast 200 Mitarbeiter spricht, sagt, dies sei nur ein Aspekt dessen, wie Architektur entstehe und erklärt das an zwei Münchner Beispielen. Den Fünf Höfen in der dicht bebauten Innenstadt und dem für sich stehenden Fußballstadion vor den Toren der Stadt:
"Architektur ist immer noch etwas, das an jedem Ort für sich beantwortet werden muss. Die Fünf Höfe sind der Ort, wo wir dieses Denken, diese Erkenntnis auch gewonnen haben. Das ist eine sehr kontextuelle Arbeit. Während zum Beispiel die Allianz-Arena war sicher nicht eine kontextuelle Arbeit, weil das ein leerer, offener Raum war, wo auch der Platz für so eine ikonische Arbeit da war. Das heißt, in jedem metropolitanen Raum gibt es heute Orte, wo dieses Simulative oder das eher Ikonische oder all diese Mittel, die wir versuchen uns zu erarbeiten, einzusetzen sind."
Wer sich einlässt auf den Raum mit seinen Tischen, seinen Projekten, seinen hunderten von verschiedenen Aspekten, kann vielleicht erahnen, wie komplex architektonische Prozesse ablaufen.
"Architektur, sagen wir immer, ist eine ganz archaische Disziplin weil sie so träge ist und weil sie so langsam ist und viele Leute einbeziehen muss und weil sie für den Mensch und seine nicht sehr veränderten Bedürfnisse gemacht wurde."
Die Dauer: Hier ist sie verdichtet. Man sieht das Hin und Her, kann dem Aufgreifen und Verwerfen folgen, das zur Seite legen und erneut hervorholen entdecken. Manche Idee taucht Jahre später wieder auf, alles wird verwertet. Sogar die Ausstellung, die die Architekten als eigenes, 250. Projekt verstehen:
"Die Ausstellung, ja hat eine eigene Nummer, ist ein eigenes Projekt, weil jedes Aufbauen – das ist jetzt das vierte und das letzte Mal, dass wir diese Ausstellung aufbauen, das wird für einige Zeit die letzte Ausstellung sein, die wir konzipieren, die nächste, wann auch immer das sein wird, wird ganz was anderes sein, wie das Tristanbühnenbild oder das Projekt für den artist-choise-Raum im Moma, das sind Projekte, die wir angehen wie ein architektonisches Projekt. Weil wir eben eher konzeptuell arbeiten, das heißt, Sachen nicht vor uns herschieben in einer wissenden, allwissenden stilistischen Art, sondern in einer Art Hinterfragung sind das immer Projekte, auch diese hier, diese Ausstellung, die uns immer wieder irgendwo immer wieder bei einem rein architektonischen Projekt zu gute kommen. Das heißt, es sind alles Materialien, die wieder verwendet werden können. Insofern sind wir eigentlich Resteverwerter, wie die Höhlenbewohner es schon waren."
Das Hinterfragen. Es ist gleichsam das Glaubensbekenntnis des Büros Herzog & De Meuron. Soviel wird in der Ausstellung deutlich. Weshalb neben der Kunst, zu sehen und zu Erkennen, die Erkenntnis zu kommunizieren auch die Offenheit gefragt ist. Selbst, wenn es um große blaue Firmenlogos geht wie "Allianz-Arena", das nun draußen, auf dem Dach des Münchner Haus der Kunst leuchtet:
"Es ist eigentlich verrückt, was da alles im Raum steht und wie Architektur und Logos und Brandings, wie das heute den Sichtwinkel versperrt und es ist ganz wichtig, dass man sich heute mit solchen Fragen auseinandersetzt und nicht einfach versucht, moralischer Weise Hände davor zu halten und das Haus der Kunst als einen hehren Ort zu sehen, wo solche Themen nicht abgehandelt werden wie in einem geschützten Raum. Ich glaube, wir müssen offensiver werden."
Service: Die Ausstellung "No. 250 - Herzog & De Meuron" ist vom 12. Mai bis zum 9. Juli im Haus der Kunst zu sehen.