Smarte Idee aus dem Silicon Valley

Wie Leila Janah Jobs in Entwicklungsländern schafft

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Leila Janah, Gründerin und Geschäftsführerin von Samasource und LXMI, zwei Unternehmen, die eine gemeinsame soziale Mission verfolgen, um die Armut in der Welt zu bekämpfen – aufgenommen beim The Fast Company Innovation Festival 2015 in New York City
Leila Janah, Gründerin und Geschäftsführerin von Samasource und LXMI, zwei Unternehmen, die eine gemeinsame soziale Mission verfolgen, um die Armut in der Welt zu bekämpfen © Rob Kim/Getty Images
Von Marcus Schuler · 26.03.2019
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Ein nicht gewinnorientiertes Unternehmen gründen im Silicon Valley? Harvard-Absolventin Leila Janah wurde dafür nur belächelt. Heute beschäftigt die 36-Jährige gut 2000 Mitarbeiter vor allem in Afrika – und die werden über Mindestlohn bezahlt.
Leila Janah könnte längst zu den Tech-Millionären in ihrer Nachbarschaft gehören. Sie könnte einen schicken Tesla fahren und in einem Apartment mit Blick über San Francisco wohnen. Die Harvard-Absolventin hat sich bewusst dagegen entschieden:
"Viele Leute sagen mir: 'Dein Unternehmen ist niedlich, und das hast Du tatsächlich selbst gegründet?'. Ich glaube, es ist gut, unterschätzt zu werden. Währenddessen haben wir ein Unternehmen aufgebaut, das größer als viele Start-ups ist. Wir beschäftigen 2000 Menschen in Vollzeit. Wir verbrennen kein Risikokapital so wie es viele Start-ups im Silicon Valley machen, die weit davon entfernt sind, profitabel zu arbeiten."
Die 36-jährige Janah hat in ihrem Leben vermutlich bereits mehr erreicht hat als viele ihre ehemaligen Mitstudenten, die jetzt bei Facebook arbeiten und Millionen im Jahr verdienen.
"Ich bin definitiv reich. Ich habe das Glück, ein Haus zu besitzen. Ich habe genug zu essen. Ich bin krankenversichert. Ich fahre einen alten Mini Cooper aus dem Jahr 2011. Das ist mehr als die meisten Menschen auf der Welt haben. Vor allem besitze ich die Freiheit, so zu leben, wie ich es möchte."

Leila Janahs Firma ist heute schuldenfrei

Vor elf Jahren hat Janah, deren Eltern aus Indien in die USA eingewandert sind, Samasource gegründet - ein nicht gewinnorientiertes Unternehmen mit Sitz in San Francisco.
"‘Sama‘ bedeutet in Sanskrit ‘Gleichheit‘. Ich habe das Unternehmen mit 25 Jahren gestartet, um Menschen mit geringem Einkommen mit den Möglichkeiten der digitalen Arbeit zu verbinden."
Gut 2000 Menschen beschäftigt Janah mittlerweile. Das Gros der Samasource-Mitarbeiter lebt vor allem in Kenia und Uganda. Dort bereiten die Angestellten Daten für die Automobilindustrie auf. Auch deutsche Unternehmen nutzen Samasource - der Automobilzulieferer Continental zum Beispiel. Die Autoindustrie benötigt Millionen von Datensätzen, um die Computer ihrer Roboterautos zu füttern, damit die ohne Fahrer jede Verkehrssituation meistern können.
"Die selbstfahrenden Autos lernen mit unseren Daten, wie sie ein STOP-Zeichen identifizieren können. Sie lernen, was eine Spurlinie ist, wie ein menschlicher Fuß aussieht, damit das Auto anhält. Im Wesentlichen lernt der Computer mit unseren Daten Muster zu erkennen."
Samasource hat seinen Hauptsitz im hippen Mission District von San Francisco. Hier gibt es hunderte Start-ups. Der große Unterschied: Samasource hat nur zum Anschub Risikokapital erhalten. Die nicht gewinnorientierte Firma ist heute schuldenfrei und trägt sich selbst.

"Mehr als 50 Prozent unserer Mitarbeiter sind weiblich"

Leila Janah betont, dass ihre Mitarbeiter in Uganda und Kenia deutlich über dem örtlichen Mindestlohn bezahlt werden - umgerechnet rund 7.10 Euro verdienen sie im Schnitt pro Tag.
"Mehr als 50 Prozent unserer Mitarbeiter sind weiblich. Sie investieren in Dinge wie Gesundheit, Bildung, eine bessere Ernährung. Sie geben nicht mehr ihr Geld für billiges Zuckerrohr aus, sondern kaufen Gemüse und Eiweiß. Sie können sich eine bessere Ernährung leisten."
Über viele Jahre ist Janah im Silicon Valley belächelt worden: auch weil sie eine Frau ist und weil sie ein Unternehmen gegründet hat, das nicht gewinnorientiert ist. Sie sieht die Start-up-Szene in der Bay Area und im Silicon Valley sehr kritisch.
"Ich glaube, hier wird es bald ein böses Erwachen geben. Wir haben den Zug verpasst. Zu viele Firmen beschäftigen sich mit 1-Prozent-Problemen: dem intelligenten Backofen für reiche Leute. Und andere Dinge, die sich nicht mit den immanenten Problemen unserer Welt auseinandersetzen. Sie beschäftigen sich weder mit Armut noch dem Klimawandel. Ich persönlich glaube, wenn man selbst nichts gegen eines dieser Probleme unternommen hat, welchen Beitrag hat man dann am Lebensende geleistet?"
Mit dieser Denkweise ist Leila Janah eine Ausnahme-Unternehmerin mitten im hoch kapitalistischen Silicon Valley.
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