Skifahrerin Hilde Gerg

Der Slalom meines Lebens

05:27 Minuten
Rasante Abfahrt: Hilde Gerg im Januar 2013 beim "Legenden-Rennen" in Flachau bei Salzburg.
Rasante Abfahrt: Hilde Gerg im Januar 2013 beim "Legenden-Rennen" in Flachau bei Salzburg. © picture alliance / EXPA / APA / picturedesk.com
Von Knut Benzner · 05.12.2021
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Ein bewegtes Leben: Skilegende Hilde Gerg gewann Gold bei den Olympischen Spielen, fuhr Erfolg um Erfolg ein – und musste hilflos mit ansehen, wie ihr Mann an einem Aortenriss starb. In ihrer gerade erschienenen Autobigrafie erinnert sie sich.
Wer im Internet "Wilde Hilde" eingibt, findet eine Süßspeise: irgendwas mit Schlagsahne, Vanillezucker, Erdbeeren und Löffelbiskuit. "Ja, oder Kräuter für den Salat", lacht Hilde Gerg, "es gibt viel, nur keine Skifahrerin".
"Der Slalom meines Lebens" heißt ihre Autobiografie, die gerade erschienen ist. Eine ungewöhnliche Umschreibung, aber doch passend, wie sie findet. Auch beim Slalom geht es um das Hin und Her, Auf und Ab.

Aufgewachsen auf 1500 Meter Höhe

Aufgewachsen in Lenggries, in den Bergen südlich von Bad Tölz, hatte sie eine etwas andere Kindheit: Kamen die anderen mit dem Fahrrad oder dem Bus zur Schule, kam sie auf Skiern. Sie wuchs auf dem Berg auf: "Meine Eltern hatten die Tölzer Hütte am Brauneck gepachtet, und wir beiden Kinder sind auf dieser Tölzer Hütte aufgewachsen, auf 1500 Metern Höhe."
Die nächste Spielkameradin sei einen Fußmarsch von zehn Minuten bergab entfernt gewesen – oder eine halbe Stunde dann wieder bergauf. "Das war wirklich im Nachgang schon sehr romantisch, aber dann auch sehr prägend, unser Fortbewegungsmittel war im Winter tatsächlich der Ski."
Hilde Gerg lächelt bei der Aufzeichnung der NDR-Talkshow 'Tietjen und Bommes' im NDR-Studio in die Kamera.
Wohlgemut: Hilde Gerg bei der Aufzeichnung der NDR-Talkshow 'Tietjen und Bommes'. © picture alliance / Geisler-Fotopress / Clemens Niehaus
Sie ist gerne da oben aufgewachsen, es gab nie Vorwürfe an die Eltern – und letztlich kam sie so beim SC Lenggries zum alpinen Skisport, wie eine Reportage aus ihrer Anfangszeit zeigt: "Das ist Hilde Gerg, 18-jähriges Talent aus Lenggries, heute enorm schnell unterwegs. Der erste Weltcupsieg ihrer Karriere. Ist sie plötzlich ein Olympia-Favorit?"
Gold für Germany
Vier Jahre später war es so weit, Hilde Gerg gewann 1998 Olympia in Nagano im Slalom:

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Gerg erinnert sich gern: "Von dem ganzen Erleben drum herum, was es bedeutet, Olympiasiegerin zu werden, ist es definitiv der schönste Sieg gewesen. Ich habe drei Jahre später eine Bronzemedaille bei der WM in St. Anton gewonnen, hatte mir dazwischen noch Schien- und Wadenbein gebrochen, da war jetzt diese Bronzemedaille für mich und mein Herz fast noch mehr wert."
Der Leistungssport ist eine harte Sache, Höhen und Tiefen, die Knautschzone ist der Körper selbst: "Die ärgerlichste Niederlage war sicher bei der Ski-WM in Vail, da bin ich Vierte geworden, zweimal Vierte, vor mir waren immer drei Österreicherinnen. Das war nicht gut."
Höhen und Tiefen im Privaten
Sie fährt noch immer Ski, den Einkehrschwung zieht sie vor. Dann sind da noch die Höhen und Tiefen im Privatleben. Sie war verheiratet, das Ehepaar hatte zwei Kinder, und dann steht da plötzlich ein Zivilpolizist vor der Türe und sagt, sie möchte bitte mitkommen, ihr Mann liege im Rettungswagen.
Ihr Mann, das war der Rennläufer und Trainer Wolfgang Graß, ihr Trainer und ihre Jugendliebe. Als Hilde Gerg neben ihm im Rettungswagen saß, war ihr binnen einer Minute klar: keine Chance. Bei einer Aortendissektion, einem Riss der Aorta, hast du keine Chance. Diese Szene, diese Tage und Wochen und Monate beschreiben Gerg und ihr Mitautor Taufig Khalil ohne Tränendrüse, ohne Kitsch.
"Ja, ich habe schon sehr oft darüber gesprochen, weil ich so ein Mensch bin, der das damals auch brauchte, um das zu verarbeiten. Im Großen und Ganzen ist es eigentlich besser gegangen, als wir gedacht haben. Und der Taufig hat es auch wirklich gut in Worte gefasst."
Hilde Gerg ist inzwischen zum zweiten Mal verheiratet, ihr Mann ist Physiotherapeut, sie hat mit ihm ein weiteres Kind, sie leben in Schönau am Königssee und betreiben zwei Ferienwohnungen: "Bei uns ist herrlichstes Wetter, der Schnee schaut runter von den Bergen. Ein perfekter Tag."

Hilde Gerg mit Taufig Khalil: "Der Slalom meines Lebens"
Edel Books, Hamburg 2021
288 Seiten, 18,95 Euro

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