Skrupellose Mörder
"Der Baader-Meinhof-Komplex" zeigt die RAF als skrupellose Mörder. "Wall-E" stellt eine Liebesgeschichte unter Robotern dar. In "Trennung" kritisiert der israelische Regisseur Gitai sein Heimatland.
"Der Baader-Meinhof-Komplex"
D 2008. Regie: Uli Edel. Darsteller: Moritz Belibtreu (Baader), Marina Gedeck (Meinhof), Johanna Wokalek (Ensslin), Nadja Uhl (Mohnhaupt), Stipe Erceg (Holger Meins), Bruno Ganz (Horst Herold) u.a. Länge: 150 Minuten, ab 12 Jahren
Der deutsche Eventfilm aus dem Hause Eichinger hat die hämischen Kritiken aus den Chefetagen der Feuilletons nicht verdient. Wieder einmal wähnt man sich im Land der Nörgler und Kleingeister und das ganze Medienspektakel erinnert an die Rezeption von "Der Untergang" vor ein paar Jahren.
Bernd Eichinger, Stefan Aust und Uli Edel beginnen ihr zweieinhalbstündiges Epos über zehn Jahre RAF idyllisch an einem Nacktstrand auf Sylt. Die linke Journalistin Ulrike Meinhof im Urlaub mit Mann und Kindern sitzt im Strandkorb und arbeitet an einem Artikel gegen den Schah-Besuch. Später liest sie auf einer Gartenparty den versammelten Gästen ihren polemischen Kommentar vor. Die bürgerlichen Damen schauen gelangweilt. Dann zieht das Tempo langsam an, bei der Anti-Schah Demonstration prügeln zunächst iranische Claqueure, später deutsche Polizisten auf Demonstranten ein.
Die Spirale der Gewalt beginnt mit dem Kopfschuss auf Benno Ohnesorg. Es wird viel geschossen, gebombt, geflucht und gerannt im "Baader Meinhof Komplex" der die Ereignisse drastisch bebildert und dennoch einen nüchtern-erzählenden Grundton bewahrt, ohne eine eigene Haltung zu beziehen. Damit macht sich ein Film einerseits angreifbar, schafft es jedoch auch, jeden Einzelnen auch noch nach Filmende, zum Nachdenken über die Ereignisse von damals zu bringen.
Besetzt mit bekannten Darstellern können vor allem Johanna Wokalek als Gudrun Ensslin, Moritz Bleibtreu als leicht prolliger Baader und Nadja Uhl als Brigitte Mohnhaupt auf der Täterseite überzeugen. Die Schauspieler, die Repräsentanten des Staates verkörpern, bekommen weniger Möglichkeiten zu glänzen und so ragt nur Bruno Ganz als nachdenklicher BKA Chef Herold heraus.
Natürlich haben sich die Macher des Films an einer Art "Mission Impossible" versucht, die es niemandem wirklich Recht macht. So beschweren sich vor allem Politiker und die Kinder der Opfer über eine einseitieg Darstellung. Filmkritiker, die Gewalt bei den Coens oder Scorsese völlig okay finden, stören sich am vielen Geballer. Aber genau, weil der Film Diskussionen auslöst, haben sich Eichinger, Aust & Co. mit diesem sehenswerten Werk achtbar aus der Affäre gezogen.
Wall-E - Der Letzte räumt die Erde aufUSA 2008. Regie: Andrew Stanton. Mit den Stimmen von Timmo Niesner, Luise Helm, Markus Maria Profitlich, Joachim Kerzel, Hans-Jürgen Dittberner. Länge: 95 min.
Wieder einmal kommt einer der schönsten Filme des Jahres und der mit Abstand beste aus Hollywood aus dem Hause Pixar (wie im Vorjahr "Ratatouille") Wall-E ist ein auf der Erde zurückgebliebener, kleiner sehr gewissenhafter Roboter, dessen Aufgabe es ist, Müll zu pressen und in kleine viereckige Quader zu bündeln, die dann übereinander gestapelt werden müssen. Menschen leben übrigens schon lange nicht mehr auf der Erde, sie mussten bereits vor 700 Jahren von dem völlig verdreckten, blauen Planeten fliehen.
Nur Wall-E hält tapfer durch, lebt in einem Container und sammelt halbkaputte Gegenstände wie einen Rubik Würfel oder anderen Krimskrams. Eines Tages wird die Erde von EVE einem (weiblichen) supermodernen Roboter besucht, die nach letzten Überresten der Zivilisation suchen soll. Wall-E ist von EVE fasziniert, schmuggelt sich mit ihr auf ihr Raumschiff und fliegt so incognito zu ihrer Weltraumstation mit. Dort haben die "Menschen" als rundliche, bewegungsfaule Wesen überlebt, die nur noch sitzen können und "Pizza Drinks" zu sich nehmen...
Mitunter fast fotorealistisch und ungemein faszinierend ist es den Animatoren gelungen, liebevoll, eine alte (gesunkene) Welt mit einer cleanen, sterilen Welt zu konfrontieren. Der ambitionierte Unterhaltungsfilm mit Anspruch erzählt eine zarte Liebesgeschichte unter Robotern, thematisiert aber auch die Themen wie Umweltzerstörung, Wegwerfgesellschaft, Konsumwahn und Technikhörigkeit. Wie das zusammen passt, ohne anstrengend , moralistisch oder kitschig zu wirken ist eine Klasse für sich.
"Trennung"
BRD/Fr/Italien/Israel 2007. Regie: Amos Gitai. Darsteller: Juliette Binoche, Lior Louie Ashkenazi, Jeanne Moreau. Länge: 115 Minuten
Amos Gitai ist der international bekannteste, israelische Regisseur, und er dreht in schöner Regelmäßigkeit Dokumentar- und Spielfilme, die sich mit der Geschichte oder Gegenwart Israels auseinandersetzen. Leider kam in den letzten zehn Jahren von seinen sehenswerten Spielfilmen nur "Kadosh" (1999) in unsere Kinos.
In seinem neuen Film "Trennung" fällt seine Kritik an seiner Heimat ebenso wütend wie subtil aus. Immer wieder stehen Juden und Nicht-Juden vor Grenzübergängen, Zäunen und Barrieren, die meist dogmatisch bewacht werden. Es wird geschimpft und geflucht, verhandelt und manchmal sogar nachgegeben. Es geht um ein ungleiches französisch-israelisches Geschwisterpaar, das sich bei der Beerdigung des Vaters trifft, dann weiter nach Israel fährt. Ana, die hauptsächlich in Frankreich gelebt hat und kein Hebräisch spricht begleitet dabei ihren Adoptivbrunder Uli in den Gaza Streifen 2005, wo sie ihre ihr unbekannte Tochter sucht, während Uli als Militärpolizist Gaza von israelischen Siedlern zu räumen hat.
Auch wenn Amos Gitai wesentlich bessere Filme gedreht hat, und seine französischen Stars Juliette Binoche und Jeanne Moreau nich immer souverän geführt wirken, gewinnt "Trennung" vor allem im letzten Drittel an inszenatorischer Kraft und bleibt ein hochinteressantes Werk über ein Land, dass sich auch wegen seiner kritischen Künstler immer wieder selbst in Frage stellt.
D 2008. Regie: Uli Edel. Darsteller: Moritz Belibtreu (Baader), Marina Gedeck (Meinhof), Johanna Wokalek (Ensslin), Nadja Uhl (Mohnhaupt), Stipe Erceg (Holger Meins), Bruno Ganz (Horst Herold) u.a. Länge: 150 Minuten, ab 12 Jahren
Der deutsche Eventfilm aus dem Hause Eichinger hat die hämischen Kritiken aus den Chefetagen der Feuilletons nicht verdient. Wieder einmal wähnt man sich im Land der Nörgler und Kleingeister und das ganze Medienspektakel erinnert an die Rezeption von "Der Untergang" vor ein paar Jahren.
Bernd Eichinger, Stefan Aust und Uli Edel beginnen ihr zweieinhalbstündiges Epos über zehn Jahre RAF idyllisch an einem Nacktstrand auf Sylt. Die linke Journalistin Ulrike Meinhof im Urlaub mit Mann und Kindern sitzt im Strandkorb und arbeitet an einem Artikel gegen den Schah-Besuch. Später liest sie auf einer Gartenparty den versammelten Gästen ihren polemischen Kommentar vor. Die bürgerlichen Damen schauen gelangweilt. Dann zieht das Tempo langsam an, bei der Anti-Schah Demonstration prügeln zunächst iranische Claqueure, später deutsche Polizisten auf Demonstranten ein.
Die Spirale der Gewalt beginnt mit dem Kopfschuss auf Benno Ohnesorg. Es wird viel geschossen, gebombt, geflucht und gerannt im "Baader Meinhof Komplex" der die Ereignisse drastisch bebildert und dennoch einen nüchtern-erzählenden Grundton bewahrt, ohne eine eigene Haltung zu beziehen. Damit macht sich ein Film einerseits angreifbar, schafft es jedoch auch, jeden Einzelnen auch noch nach Filmende, zum Nachdenken über die Ereignisse von damals zu bringen.
Besetzt mit bekannten Darstellern können vor allem Johanna Wokalek als Gudrun Ensslin, Moritz Bleibtreu als leicht prolliger Baader und Nadja Uhl als Brigitte Mohnhaupt auf der Täterseite überzeugen. Die Schauspieler, die Repräsentanten des Staates verkörpern, bekommen weniger Möglichkeiten zu glänzen und so ragt nur Bruno Ganz als nachdenklicher BKA Chef Herold heraus.
Natürlich haben sich die Macher des Films an einer Art "Mission Impossible" versucht, die es niemandem wirklich Recht macht. So beschweren sich vor allem Politiker und die Kinder der Opfer über eine einseitieg Darstellung. Filmkritiker, die Gewalt bei den Coens oder Scorsese völlig okay finden, stören sich am vielen Geballer. Aber genau, weil der Film Diskussionen auslöst, haben sich Eichinger, Aust & Co. mit diesem sehenswerten Werk achtbar aus der Affäre gezogen.
Wall-E - Der Letzte räumt die Erde aufUSA 2008. Regie: Andrew Stanton. Mit den Stimmen von Timmo Niesner, Luise Helm, Markus Maria Profitlich, Joachim Kerzel, Hans-Jürgen Dittberner. Länge: 95 min.
Wieder einmal kommt einer der schönsten Filme des Jahres und der mit Abstand beste aus Hollywood aus dem Hause Pixar (wie im Vorjahr "Ratatouille") Wall-E ist ein auf der Erde zurückgebliebener, kleiner sehr gewissenhafter Roboter, dessen Aufgabe es ist, Müll zu pressen und in kleine viereckige Quader zu bündeln, die dann übereinander gestapelt werden müssen. Menschen leben übrigens schon lange nicht mehr auf der Erde, sie mussten bereits vor 700 Jahren von dem völlig verdreckten, blauen Planeten fliehen.
Nur Wall-E hält tapfer durch, lebt in einem Container und sammelt halbkaputte Gegenstände wie einen Rubik Würfel oder anderen Krimskrams. Eines Tages wird die Erde von EVE einem (weiblichen) supermodernen Roboter besucht, die nach letzten Überresten der Zivilisation suchen soll. Wall-E ist von EVE fasziniert, schmuggelt sich mit ihr auf ihr Raumschiff und fliegt so incognito zu ihrer Weltraumstation mit. Dort haben die "Menschen" als rundliche, bewegungsfaule Wesen überlebt, die nur noch sitzen können und "Pizza Drinks" zu sich nehmen...
Mitunter fast fotorealistisch und ungemein faszinierend ist es den Animatoren gelungen, liebevoll, eine alte (gesunkene) Welt mit einer cleanen, sterilen Welt zu konfrontieren. Der ambitionierte Unterhaltungsfilm mit Anspruch erzählt eine zarte Liebesgeschichte unter Robotern, thematisiert aber auch die Themen wie Umweltzerstörung, Wegwerfgesellschaft, Konsumwahn und Technikhörigkeit. Wie das zusammen passt, ohne anstrengend , moralistisch oder kitschig zu wirken ist eine Klasse für sich.
"Trennung"
BRD/Fr/Italien/Israel 2007. Regie: Amos Gitai. Darsteller: Juliette Binoche, Lior Louie Ashkenazi, Jeanne Moreau. Länge: 115 Minuten
Amos Gitai ist der international bekannteste, israelische Regisseur, und er dreht in schöner Regelmäßigkeit Dokumentar- und Spielfilme, die sich mit der Geschichte oder Gegenwart Israels auseinandersetzen. Leider kam in den letzten zehn Jahren von seinen sehenswerten Spielfilmen nur "Kadosh" (1999) in unsere Kinos.
In seinem neuen Film "Trennung" fällt seine Kritik an seiner Heimat ebenso wütend wie subtil aus. Immer wieder stehen Juden und Nicht-Juden vor Grenzübergängen, Zäunen und Barrieren, die meist dogmatisch bewacht werden. Es wird geschimpft und geflucht, verhandelt und manchmal sogar nachgegeben. Es geht um ein ungleiches französisch-israelisches Geschwisterpaar, das sich bei der Beerdigung des Vaters trifft, dann weiter nach Israel fährt. Ana, die hauptsächlich in Frankreich gelebt hat und kein Hebräisch spricht begleitet dabei ihren Adoptivbrunder Uli in den Gaza Streifen 2005, wo sie ihre ihr unbekannte Tochter sucht, während Uli als Militärpolizist Gaza von israelischen Siedlern zu räumen hat.
Auch wenn Amos Gitai wesentlich bessere Filme gedreht hat, und seine französischen Stars Juliette Binoche und Jeanne Moreau nich immer souverän geführt wirken, gewinnt "Trennung" vor allem im letzten Drittel an inszenatorischer Kraft und bleibt ein hochinteressantes Werk über ein Land, dass sich auch wegen seiner kritischen Künstler immer wieder selbst in Frage stellt.