Sizilianische Leidenschaft

Moderation: Karl-Dietrich Gräwe · 16.10.2011
"Sie haben mich gekrönt, bevor ich König war." – Es gibt keinen Beweis, dass der Senkrechtstarter von einst, Pietro Mascagni, diesen Ausspruch wirklich getan hat. Aber wenn er erfunden ist, dann so zutreffend, dass man ihn bereitwillig für authentisch nimmt.
Die letzten 18 Jahre seines Lebens verbrachte der Komponist der "Cavalleria rusticana" kaum noch beachtet und resigniert im nicht eben erstklassigen Hotel Plaza in Rom. "Es lebe der neue Komponist Italiens!", hatte das Publikum bei der Uraufführung 1890 im römischen Teatro Contanzi gejubelt, und nach dem Zeugnis der ersten Santuzza, Gemma Bellincioni, lagen sich die Leute schreiend in den Armen. "Der arme, unerfahrene Komponist sah sich von einer Woge des Triumphes erhoben wie ein neuer Caesar."

Auf längere Sicht allerdings wächst das Bedenken, dass die unermüdlich populäre und schlagkräftige Wirkung einiger Höhepunkte einer angemessenen Bewertung der kompletten Partitur, einem dauerhaften Ruhm des Komponisten und der Kenntnisnahme seiner anderen Opern und Operetten eher im Wege gestanden als geholfen hat. Mascagni, nebenbei als Interpret eigener und fremder Werke ein emsiger Reisedirigent, hat 1940 im Studio eine Gesamtaufnahme seiner "Cavalleria rusticana" geleitet. Ein bemerkenswertes Tondokument, das in der Sendung neben weiteren historischen und aktuellen Aufnahmen zu Gehör gebracht wird.