Singen, schnauben, krächzen
Mit ihrer Stimme ziehen Tiere Geschlechtspartner an, vertreiben Feinde oder Nahrungskonkurrenten, locken Beute herbei oder suchen im Gedränge großer Ansammlungen von Artgenossen nach ihren Kindern. Manche Tiergesänge sind für den Menschen nicht einmal hörbar - wie das Echolot der Fledermäuse oder tiefe Walgesänge. Nun ist eine CD-Sammlung erschienen, die das klangliche Schaffen der Tiere in seiner ganzen Bandbreite zu Gehör bringt.
Dass nur dem Menschen die Sprache gegeben sei, erweist sich schon bei einem Waldspaziergang als Mythos: Das beredte Tier findet sich überall in der Natur - nur verstehen muss man es. Die CD-Sammlung "Die Stimmen der Tiere" aus dem Kein & Aber Verlag kann dabei helfen: Die erste Enzyklopädie der Tierlautgebung präsentiert, was die Fauna dieser Erde an Klangwelten erzeugt.
Herausgekommen ist eine Zusammenstellung voller akustischer Verwunderlichkeiten und Überraschungen. Den Kommentar dazu spricht, angenehm beiläufig und sanft, Hanns Zischler - der Schauspieler nimmt sich selbst zurück, um den Tönen der Tiere den Vortritt zu lassen:
"Wenn man eine akustische Reise durch Afrika macht und in den Savannen Südafrika, Botswanas und Namibias beginnt, sind es die leisen Rufe und Triller der Erdmännchen und Zebramangusten die einen ersten unspektakulären Einstieg in die Klangwelt dieses Kontinents ermöglichen. Die kleinen Raubtiere ernähren sich von Insekten, Vögeln und Mäusen und gehen meist in Familiengruppen auf die Jagd, wobei sie ständig auf der Hut vor ihren Feinden sein müssen. Eine genaue Abstimmung untereinander ist hierfür unerlässlich, weshalb sie im unübersichtlichen hohen Gras ständig über Laute Kontakt halten."
In dem Begleitheft, das jeder CD beiliegt, führt der Herausgeber der akustischen Kollektion, der Biologe und Philosoph Cord Riechelmann, in die Grundlagen der Tier-Kommunikation ein. Mühelos überträgt er in dem kleinen Artikel seine Begeisterung auf den Leser: Im Tierreich gibt es, so erfahren wir, viele Parallelen zu Sprache des Menschen. Tiere kommunizieren mit Farben, Formen, Gesten - und sie singen, trommeln, schnauben, krächzen, gurren.
Lexikalische Vollständigkeit wird nicht angestrebt - wie auch bei Millionen von Arten? Doch gerade die Zufälligkeit der Auswahl macht das Hören der Sammlung so überraschend. Ein wahrer Klangkünstler ist ein alter Bekannter - der Afrikanische Elefant. Seine Laute aber wirken ungewohnt:
"Elefanten verfügen über ein absolutes Tongedächtnis und sind in der Lage, dieselbe Melodie von verschiedenen Instrumenten unterschiedlich interpretiert wiederzuerkennen. Über die deutlich vernehmbaren Rufe hinaus verständigen sie sich innerhalb der Herde auch mit sehr tiefen, unterhalb der menschlichen Hörschwelle liegenden Infraschall-Lauten."
Jede CD der Reihe präsentiert an die 80 Tiere eines Kontinentes, die aus den verschiedensten Artengruppen stammen. Immer wieder liefern die Kommentare dabei ungewöhnliche Einblicke in die Natur. So dürfte wenig bekannt sein, dass die - weithin für ihren schönen Gesang gerühmte Nachtigall - mit ihrer Stimme sogar ihr Leben schützt. Denn der große Feind aller Nachtigallen ist die allgegenwärtige Katze:
"Die singenden Männchen haben allerdings vorgebeugt und in ihre Lieder Töne eingebaut, die den empfindlichen Ohren der Vierbeiner Schmerzen zufügen. Solange sie singen, sind Nachtigallen deshalb vor Angriffen von Katzen gefeit."
Nicht alle Tierlaute der CD-Sammlung sind glasklar zu vernehmen. Mitunter hört man ein Kabel knacken oder der Wind rauscht im Mikrofon - verzeihlich, denn Nashorn, Löwe und Co. geben ungern Interviews. Die begleitenden Texte sind knapp, aber informativ gehalten: Mit wenigen Federstrichen schafft Autor Cord Riechelmann es, das einzelne Tier und seine Lebenswelt zu porträtieren. Zu den Merkmalen des Lebendigen gehören Vielfalt und überbordende Kreativität - das unterstreicht die Tierstimmen-Enzyklopädie auf vergnügliche und verblüffende Weise.
Und wenn man die Augen schließt und sich mit den Klängen der Tiere über die Kontinente treiben lässt, scheint die Sprache des Menschen manchmal zum Greifen nah.
Rezensiert von Susanne Billig
Cord Riechelmann (Herausgeber): Die Stimmen der Tiere,
Audiobook, 14,90 Euro
Herausgekommen ist eine Zusammenstellung voller akustischer Verwunderlichkeiten und Überraschungen. Den Kommentar dazu spricht, angenehm beiläufig und sanft, Hanns Zischler - der Schauspieler nimmt sich selbst zurück, um den Tönen der Tiere den Vortritt zu lassen:
"Wenn man eine akustische Reise durch Afrika macht und in den Savannen Südafrika, Botswanas und Namibias beginnt, sind es die leisen Rufe und Triller der Erdmännchen und Zebramangusten die einen ersten unspektakulären Einstieg in die Klangwelt dieses Kontinents ermöglichen. Die kleinen Raubtiere ernähren sich von Insekten, Vögeln und Mäusen und gehen meist in Familiengruppen auf die Jagd, wobei sie ständig auf der Hut vor ihren Feinden sein müssen. Eine genaue Abstimmung untereinander ist hierfür unerlässlich, weshalb sie im unübersichtlichen hohen Gras ständig über Laute Kontakt halten."
In dem Begleitheft, das jeder CD beiliegt, führt der Herausgeber der akustischen Kollektion, der Biologe und Philosoph Cord Riechelmann, in die Grundlagen der Tier-Kommunikation ein. Mühelos überträgt er in dem kleinen Artikel seine Begeisterung auf den Leser: Im Tierreich gibt es, so erfahren wir, viele Parallelen zu Sprache des Menschen. Tiere kommunizieren mit Farben, Formen, Gesten - und sie singen, trommeln, schnauben, krächzen, gurren.
Lexikalische Vollständigkeit wird nicht angestrebt - wie auch bei Millionen von Arten? Doch gerade die Zufälligkeit der Auswahl macht das Hören der Sammlung so überraschend. Ein wahrer Klangkünstler ist ein alter Bekannter - der Afrikanische Elefant. Seine Laute aber wirken ungewohnt:
"Elefanten verfügen über ein absolutes Tongedächtnis und sind in der Lage, dieselbe Melodie von verschiedenen Instrumenten unterschiedlich interpretiert wiederzuerkennen. Über die deutlich vernehmbaren Rufe hinaus verständigen sie sich innerhalb der Herde auch mit sehr tiefen, unterhalb der menschlichen Hörschwelle liegenden Infraschall-Lauten."
Jede CD der Reihe präsentiert an die 80 Tiere eines Kontinentes, die aus den verschiedensten Artengruppen stammen. Immer wieder liefern die Kommentare dabei ungewöhnliche Einblicke in die Natur. So dürfte wenig bekannt sein, dass die - weithin für ihren schönen Gesang gerühmte Nachtigall - mit ihrer Stimme sogar ihr Leben schützt. Denn der große Feind aller Nachtigallen ist die allgegenwärtige Katze:
"Die singenden Männchen haben allerdings vorgebeugt und in ihre Lieder Töne eingebaut, die den empfindlichen Ohren der Vierbeiner Schmerzen zufügen. Solange sie singen, sind Nachtigallen deshalb vor Angriffen von Katzen gefeit."
Nicht alle Tierlaute der CD-Sammlung sind glasklar zu vernehmen. Mitunter hört man ein Kabel knacken oder der Wind rauscht im Mikrofon - verzeihlich, denn Nashorn, Löwe und Co. geben ungern Interviews. Die begleitenden Texte sind knapp, aber informativ gehalten: Mit wenigen Federstrichen schafft Autor Cord Riechelmann es, das einzelne Tier und seine Lebenswelt zu porträtieren. Zu den Merkmalen des Lebendigen gehören Vielfalt und überbordende Kreativität - das unterstreicht die Tierstimmen-Enzyklopädie auf vergnügliche und verblüffende Weise.
Und wenn man die Augen schließt und sich mit den Klängen der Tiere über die Kontinente treiben lässt, scheint die Sprache des Menschen manchmal zum Greifen nah.
Rezensiert von Susanne Billig
Cord Riechelmann (Herausgeber): Die Stimmen der Tiere,
Audiobook, 14,90 Euro