Singen mit der Basisdemokratie

Von Julius Stucke |
Das Vokalensemble "Candies 'n Dandies" kommt ohne Leitung aus. Jede Stimme hat dasselbe Gewicht. Acht leidenschaftliche Sängerinnen und Sänger aus dem Raum Stuttgart treffen sich, um gemeinsam Jazz-Arrangements einzustudieren, Schlager im Stil der Comedian Harmonists zu singen oder auch mal eine Pop-Nummer zu proben.
Geprobt wird immer Montagabend – fast jeden Montag, seit rund 20 Jahren schon.

Clemens Rihaczek: "Ja, ja das ist wie in ner Trance."

Annette Lohkamp: "Und ewig grüßt das Murmeltier. Die Candies 'n Dandies: das ist das konstante Musikalische in meinem Leben und das bleibt einfach."

Die "Candies 'n Dandies", ein Vokaloktett mit zwei Männern im Bass: Georg Rudolph und Thomas Zipplies und zwei im Tenor: Christoph Walter und Clemens Rihaczek. Michaela Herr und Annette Lohkamp singen im Alt, Karin Lorenz und Julia Glaub im Sopran.

In den 80er Jahren lernte sich das Vokalensemble in einem Chor der Universität Stuttgart kennen. Sechs der acht Mitglieder sind seit dieser Zeit mit dabei. Damals noch junge Studenten, haben sie heute Familie, sind zwischen Anfang 40 und Mitte 50.

Profimusiker sind sie alle nicht – aber sie haben musikalische Vorbildung, spielen Instrumente, sind notensicher. Bei der Gründung von "Candies 'n Dandies" war klar, in welche musikalische Richtung es gehen sollte: Jazz. Doch nach den ersten Auftritten wurde das Repertoire schnell erweitert – erinnert sich Tenor Clemens Rihaczek:

Clemens Rihaczek: "Danach kam dann immer jemand zu uns und hat gesagt: Singen Sie denn auch den 'Kleinen grünen Kaktus?’ – und dadurch ist uns eigentlich klar geworden, dass man A-cappella-Musik in Deutschland schlecht machen kann, ohne dass man irgendwie auch sich dem Thema deutsche Schlager widmet."

Einwurf: "Und Pop! Pop ist auch dabei. Les Humphries. Neuerdings – seit zehn Jahren."

Geprobt wird mal bei diesem, mal bei jenem Mitglied zu Hause. Dieses Mal bei Christoph Walter. Während es draußen kalt, regnerisch und ungemütlich ist, verbreitet der Kamin in seinem Wohnzimmer gemütliche Wärme und die "Candies 'n Dandies" eine ausgelassene, humorvolle Stimmung.

Es geht familiär zu – und so dürfen auch die Kinder von Christoph Walter eine Weile der Probe lauschen, bevor die "Candies 'n Dandies" die Kleinen mit einem spontanen Gute-Nacht-Lied verabschieden.

Eine Besonderheit des Vokalensembles: Basisdemokratie. Einen Leiter gibt es nicht. Vor und nach jedem Titel beraten die acht gemeinsam: Wo können sie noch besser werden, worauf müssen sie achten, welchen Teil sollten sie noch einmal wiederholen. In all den Jahren ist es dabei nie zu größerem Streit gekommen.

Clemens Rihaczek: "Na wir kennen uns. Wir wissen, wo die neuralgischen Punkte sind und begeben uns entweder schnurstracks drauf zu, oder so ein bisschen drum rum. Aber das geht dann schon ganz gut."

Dass es schon so lange rund läuft liegt auch daran, dass sich jeder über den Gesang hinaus einbringt – je nach Talent. Man ergänze sich, sagt Michaela Herr, die im Alt singt:

"Der eine ist eher so die Managerpersönlichkeit, der andere zieht neue Stücke an Land, der Dritte kümmert sich um Choreographie und Kostüme, es ist also eine sehr vielfältige Tätigkeit."

Das Projekt in Eigenregie funktioniert. Vor etwa fünf Jahren allerdings hatten die "Candies" das Gefühl, qualitativ an eine Grenze zu stoßen. Um sich weiterzuentwickeln, entschied die Gruppe, ab und an einen studierten Chorleiter aus dem Bekanntenkreis hinzuzuziehen und so professionelle Ratschläge einzuholen. Mit Erfolg – meint Tenor Christoph Walter:

"Ich denk, das bringt uns echt ein Stück weiter, wenn man dann doch ab und zu mal einen Chorleiter hat, der Hinweise gibt, der Akzente setzt. Und die versuchen wir dann weiterzuleben. Manches verwischt sich dann wieder mit der Zeit – aber ich denke, da haben wir echt noch mal einen gewissen Sprung, ne Qualitätsentwicklung gemacht."

Einen Sprung, für den die "Candies 'n Dandies" auch bei ihren Auftritten positives Feedback bekommen.

Christoph Walter: "Man möchte auf die Bühne und ich sag mal, wenn jetzt der nächste Auftritt nach einer längeren Zeit ansteht, ist es oft ne gewisse Last: ‚Oh Gott jetzt müssen wir wieder!’ Und danach haben wir so einen Kick, dass man eigentlich gleich den nächsten machen will. Das ist so was Wertvolles, mit dem Publikum dann Spaß zu haben. Und deshalb brauchen wir immer wieder einen Auftritt."

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