Singen in der Schalterhalle
In der kleinen Stadt Bexbach, mit rund 20.000 Einwohnern, steht der älteste noch erhaltene Bahnhof des Saarlandes. Züge verkehren hier nach wie vor, die Reisenden allerdings bekommen Informationen und Fahrkarten längst am Automaten - nicht mehr im Bahnhofsgebäude. Dort kann man dafür mittlerweile ein Museum über die Geschichte der Bahn besuchen - und auch den "Chor Gleis 1".
Die historische Schalterhalle des Bahnhofs Bexbach. Keine Bahnangestellten, keine Reisenden – dafür, wie jeden Mittwoch ab 19 Uhr, der "Chor Gleis 1". Ein gemischter Chor, mit derzeit 25 Mitgliedern im Alter von 10 bis 60 Jahren. Die Frauen sind deutlich in der Überzahl, nur fünf männliche Sänger sind heute dabei, der jüngste ist der zehnjährige Christoph, der im Sopran mitsingt:
Christoph: "Meine große Schwester singt hier auch, und dann wollte ich da mal mitsingen, und dann hat es mir Spaß gemacht."
Fast alle Sängerinnen und Sänger sind musikalische Autodidakten, Notenkenntnisse sind nicht erforderlich. Der Chorleiterin Margit Erfurt-Freund, studierte Musikerin und Dirigentin, ist wichtig, dass "Gleis 1" auch ohne Noten auftritt.
Margit Erfurt-Freund: "Das Singen mit Noten ist ’ne Unsitte – die zwar sehr gepflegt wird – wie kommt man auf die Idee sich auf die Bühne zu stellen und vom Blatt zu lesen. Das hat ja was von Theater, was wir machen, wir spielen eigentlich singend und da verbietet sich das Absingen."
Mit viel Energie steht Margit Erfurt-Freund an ihrem E-Piano, leitet den Chor, der sie in einem weiten Halbkreis umgibt. Hinter dem Sopran ermöglicht ein Fenster freie Sicht auf die Bahngleise – von Zeit zu Zeit rauscht ein Zug vorbei, doch das bringt hier keinen mehr aus dem Takt. Seit fast acht Jahren gibt es "Gleis 1" – einige der Mitglieder haben allerdings, wie Klaus Eckert, bereits zuvor Erfahrung in anderen Chören gesammelt:
Klaus Eckert: "Ich sing also seit meinem 15. Lebensjahr, komme aus einer Traditionssängerfamilie kann man sagen, Großvater, Vater, Mutter, Frau. Ja und war von Anfang an dabei auch im Chor Gleis 1."
Der Chor gehört zu den Modellbahnfreunden Bexbach. Klaus Eckert singt nicht nur gern, er ist auch begeisterter Modellbauer, zeigt auf einen Nachbau des Bahngeländes, der zwei Wände des Raums einnimmt. "Gleis 1" der Name passt nicht nur zum Ort der Probe: Mit jedem Projekt begibt sich der Chor auch auf eine Reise in musikalisch neue Gefilde.
Dieses Mal geht die Reise von Paris nach Istanbul. Orient Express heißt das Projekt, das der Chor im September aufführen will. Die musikalische Fahrt entlang der historischen Route des Zuges ist auch eine Reise durch unterschiedliche Sprachräume. Französisch, Bulgarisch, Türkisch … Sprachen, die die meisten Chormitglieder nicht beherrschen, so Waltraud Boltz, die im Alt singt.
Waltraud Boltz: "Türkisch zu singen vom Text her ist nicht so schwierig, das kann man lernen. Allerdings den türkischen Klang aus dem Lied herauszuholen, zu transportieren - oder ein französisches Lied so zu singen, dass sich die Zuschauer nach Paris versetzt fühlen - das ist das, was die eigentliche, schwierige Arbeit ausmacht."
Das Repertoire von "Gleis 1" ist groß, umfasst kirchliche wie weltliche Musik, klassische Lieder und moderne Popsongs. Und es gehört mehr dazu als Gesang: Manche trommeln, die fünfzehnjährige Sophie greift bei einigen Lieder zur Querflöte. Bei seinen Auftritten bleibt der Chor in Bewegung, tanzt und ergänzt das Programm durch schauspielerische Einlagen. Ein Beleuchter rückt die Gruppe ins rechte Licht. Es soll ein stimmiges Gesamtkonzept entstehen - auch beim Orient Express.
Margit Erfurt-Freund: "Das Publikum soll auf die Idee gebracht werden: wir fahren jetzt in diesem Zug. Im realen Orient Express war ja auch Kultur angesagt. Da kamen ja, ich hab Bilder gesehen ne ganze Zigeunerkapelle kommt da rein, 20 Mann und spielt da für die. Und das ist ne irre Vorstellung. Und wenn wir da so ein bisschen was in den Abend rein nehmen könnten wäre das super."
Zum Konzept gehört neben der Route auch die Zeit der Reise. Dazu stellt "Gleis 1" die Weichen in Richtung Vergangenheit, 100 Jahre zurück, ins Jahr 1909:
Margit Erfurt-Freund: "Das ist die Zeit wo Österreich Bosnien annektiert, wo Bulgarien schon selbstständig wird und so weiter, es gibt noch die ganzen gekrönten Häupter in Europa, es gibt noch die k. u. k. Monarchie ne superinteressante Zeit zum eintauchen. Wir werden das aber nicht ganz stringent durchhalten. Wir erlauben uns für die Pariser Geschichte so ein bisschen Edith Piaf dann schon obwohl die viel zu modern wäre für 1909."
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.
Christoph: "Meine große Schwester singt hier auch, und dann wollte ich da mal mitsingen, und dann hat es mir Spaß gemacht."
Fast alle Sängerinnen und Sänger sind musikalische Autodidakten, Notenkenntnisse sind nicht erforderlich. Der Chorleiterin Margit Erfurt-Freund, studierte Musikerin und Dirigentin, ist wichtig, dass "Gleis 1" auch ohne Noten auftritt.
Margit Erfurt-Freund: "Das Singen mit Noten ist ’ne Unsitte – die zwar sehr gepflegt wird – wie kommt man auf die Idee sich auf die Bühne zu stellen und vom Blatt zu lesen. Das hat ja was von Theater, was wir machen, wir spielen eigentlich singend und da verbietet sich das Absingen."
Mit viel Energie steht Margit Erfurt-Freund an ihrem E-Piano, leitet den Chor, der sie in einem weiten Halbkreis umgibt. Hinter dem Sopran ermöglicht ein Fenster freie Sicht auf die Bahngleise – von Zeit zu Zeit rauscht ein Zug vorbei, doch das bringt hier keinen mehr aus dem Takt. Seit fast acht Jahren gibt es "Gleis 1" – einige der Mitglieder haben allerdings, wie Klaus Eckert, bereits zuvor Erfahrung in anderen Chören gesammelt:
Klaus Eckert: "Ich sing also seit meinem 15. Lebensjahr, komme aus einer Traditionssängerfamilie kann man sagen, Großvater, Vater, Mutter, Frau. Ja und war von Anfang an dabei auch im Chor Gleis 1."
Der Chor gehört zu den Modellbahnfreunden Bexbach. Klaus Eckert singt nicht nur gern, er ist auch begeisterter Modellbauer, zeigt auf einen Nachbau des Bahngeländes, der zwei Wände des Raums einnimmt. "Gleis 1" der Name passt nicht nur zum Ort der Probe: Mit jedem Projekt begibt sich der Chor auch auf eine Reise in musikalisch neue Gefilde.
Dieses Mal geht die Reise von Paris nach Istanbul. Orient Express heißt das Projekt, das der Chor im September aufführen will. Die musikalische Fahrt entlang der historischen Route des Zuges ist auch eine Reise durch unterschiedliche Sprachräume. Französisch, Bulgarisch, Türkisch … Sprachen, die die meisten Chormitglieder nicht beherrschen, so Waltraud Boltz, die im Alt singt.
Waltraud Boltz: "Türkisch zu singen vom Text her ist nicht so schwierig, das kann man lernen. Allerdings den türkischen Klang aus dem Lied herauszuholen, zu transportieren - oder ein französisches Lied so zu singen, dass sich die Zuschauer nach Paris versetzt fühlen - das ist das, was die eigentliche, schwierige Arbeit ausmacht."
Das Repertoire von "Gleis 1" ist groß, umfasst kirchliche wie weltliche Musik, klassische Lieder und moderne Popsongs. Und es gehört mehr dazu als Gesang: Manche trommeln, die fünfzehnjährige Sophie greift bei einigen Lieder zur Querflöte. Bei seinen Auftritten bleibt der Chor in Bewegung, tanzt und ergänzt das Programm durch schauspielerische Einlagen. Ein Beleuchter rückt die Gruppe ins rechte Licht. Es soll ein stimmiges Gesamtkonzept entstehen - auch beim Orient Express.
Margit Erfurt-Freund: "Das Publikum soll auf die Idee gebracht werden: wir fahren jetzt in diesem Zug. Im realen Orient Express war ja auch Kultur angesagt. Da kamen ja, ich hab Bilder gesehen ne ganze Zigeunerkapelle kommt da rein, 20 Mann und spielt da für die. Und das ist ne irre Vorstellung. Und wenn wir da so ein bisschen was in den Abend rein nehmen könnten wäre das super."
Zum Konzept gehört neben der Route auch die Zeit der Reise. Dazu stellt "Gleis 1" die Weichen in Richtung Vergangenheit, 100 Jahre zurück, ins Jahr 1909:
Margit Erfurt-Freund: "Das ist die Zeit wo Österreich Bosnien annektiert, wo Bulgarien schon selbstständig wird und so weiter, es gibt noch die ganzen gekrönten Häupter in Europa, es gibt noch die k. u. k. Monarchie ne superinteressante Zeit zum eintauchen. Wir werden das aber nicht ganz stringent durchhalten. Wir erlauben uns für die Pariser Geschichte so ein bisschen Edith Piaf dann schon obwohl die viel zu modern wäre für 1909."
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.