Simon Rattles Abschiedskonzert in der Berliner Waldbühne

"Klassik gehört allen"

Dirigent Sir Simon Rattle bei einem Klassikkonzert in der Waldbühne, wobei sein Körper im Einsatz ist. Er dirigiert mit erhobenem Taktstock, geöffnetem Mund und Einsatz gebender linker Hand
Mit dem Waldbühnenkonzert verabschieden die Berliner Philharmoniker ihren Chefdirigenten © imago / Kai Horstmann
Christiane Peitz im Gespräch mit Bernhard Doppler · 24.06.2018
Nach 16 Jahren verlässt Sir Simon Rattle die Berliner Philharmoniker. In der Berliner Waldbühne trat er ein letztes Mal als ihr Chefdirigent auf. Ein atmosphärischer Abend, sagt Kulturkritikerin Christiane Peitz, ganz im Sinne Rattles: Ohne Angst vor Sentiment.
Der Nieselregen am Abend in der Berliner Waldbühne passte zum Abschied des Chefdirigenten Simon Rattle von den Berliner Philharmonikern. Doch es wurde ein unterhaltsamer und atmosphärischer Abend, wo er "dem Affen noch mal Zucker" gegeben hat – ganz im Sinne Rattles, der die Berliner Philharmoniker immer wieder an Unterhaltungsmusik herangeführt hat, so die Feuilleton-Chefin des Berliner "Tagesspiegel" Christiane Peitz.

Auch mal an die Grenze zum Kitsch gehen

Denn in den 16 Jahren hat er "den Berlinern und ich glaube, auch den Philharmonikern ein bisschen beigebracht: Keine Angst vor Unterhaltungsmusik. Man kann die auch ernst nehmen. Er macht das ja mit einer großen Aufrichtigkeit und Verbindlichkeit. Keine Angst davor, auch mal ein bisschen leichter zu werden, an die Grenze zum Kitsch zu gehen. Keine Angst vor Sentiment. Nicht jedes Sentiment ist gleich Sentimentalität."
Eine seiner großen Entwicklungen für das Orchester war, dass er das "Repertoire entgrenzt hat und die Philharmonie – das ist ja ein ganz toller Bau – geöffnet hat", meint Christiane Peitz. Die Lunch-Konzerte und das Education-Projekt "Rhythm is it" seien zwei Stichworte, die man auch noch in zehn Jahren mit dem Namen Simon Rattle verbinden werde: "Klassik gehört allen."

Kritiker befürchteten Verlust des berühmten Orchesterklangs

Von der Kritik kamen auch immer wieder Vorwürfe: "Es gab diese berühmte Geschichte, dass ihm vorgeworfen wurde, der berühmte Berliner, der Brahmsche warme Orchesterklang, er würde den zerstören, weil er jetzt zu viele Neutöner macht, weil er zu viele Britische Komponisten spielt, die vorher nicht so häufig von den Berliner Philharmonikern gespielt wurden." Für Christiane Peitz ist das Unsinn. Denn gerade die Berliner Philharmoniker sind auch immer wieder eine "Werkstatt, da werden Sachen ausprobiert."
Für Christiane Peitz fasst ein Zitat von Simon Rattle aus einem Interview seine Zeit mit den Berliner Philharmonikern zusammen: "Music is about life, but life ist not about music."
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