Simbabwe

Kampf gegen die Tuberkulose

In einem Krankenhaus in der Stadt Ngozi im Norden von Burundi werden unterernaehrte Kinder mit einer speziellen therapeutischen Milch versorgt, aufgenommen am 24.09.2013.
Die Gesundheitsversorgung in Simbabwe ist kollabiert, die Arbeit der "Ärzte ohne Grenzen" ist deshalb umso wichtiger. © dpa / Thomas Schulze
Von Leonie March · 20.10.2014
In Simbabwes Armenvierteln kämpfen die Menschen gegen zwei große Epidemien: HIV und Tuberkulose. Tuberkulose ist besonders tückisch, die Erreger werden einfach über die Luft übertragen. Und die Behandlung ist teuer - kaum jemand kann sie sich leisten.
Mildred Mugovha drückt ihre einjährige Tochter an ihre Brust. Noch vor kurzem war das unmöglich, erzählt die magere junge Frau. Im Frühjahr bekommt sie einen hartnäckigen Husten, fühlt sich schlapp und nimmt rapide ab. Aber erst als sie Blut hustet, lässt sie sich untersuchen. Die Diagnose schockiert sie: Tuberkulose.
"In den ersten Monaten musste ich immer eine Schutzmaske tragen. Aber meine Tochter dachte, das sei ein Spielzeug. Immer, wenn ich sie auf dem Schoss hatte, versuchte sie, mir die Maske vom Mund zu ziehen. Ich hatte große Angst sie zu anzustecken. Deshalb musste ich sie mehrere Wochen lang bei meiner Mutter in meinem Heimatdorf unterbringen."
Die Erreger werden über die Luft übertragen
Die 25-Jährige drückt ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn und macht sich auf den Weg in die Klinik. Rechts und links drängen sich selbstgemauerte Ein-Raum-Hütten, in denen teilweise zehnköpfige Familien wohnen. Tuberkulose kann sich hier rasant verbreiten, denn die Erreger werden in winzigen Tröpfchen durch die Luft übertragen. Dazu kommt, dass viele Menschen in diesem Armenviertel HIV-positiv sind; je schwächer das Immunsystem desto höher das Risiko, auch an Tuberkulose zu erkranken.
Eine halbe Stunde später erreicht Mildred Mughova die Poliklinik. Dutzende Männer und Frauen warten bereits auf den Holzbänken, eine Krankenschwester ruft einen nach dem anderen auf. Der Andrang ist vor allem deshalb groß, weil "Ärzte ohne Grenzen" hier HIV- und Tuberkulose-Patienten kostenlos behandelt, erzählt Abi Kebra Belaye, die Leiterin der humanitären Nothilfeorganisation in Simbabwe.
"Für die Mehrheit der Bevölkerung ist die Gesundheitsversorgung unerschwinglich geworden. Selbst wer als Notfall in ein staatliches Krankenhaus eingeliefert wird, muss mindestens 20 Dollar für die Konsultation zahlen, dazu kommen Bluttests, Röntgenbilder und so weiter. Wer sich das nicht leisten kann, wird nicht angemessen behandelt. Die Frauen in diesem Viertel verkaufen Gemüse, Second-Hand-Kleidung und manchmal auch ihren Körper, um zu überleben. Sie verdienen einen oder wenn es hoch kommt ein paar Dollar am Tag."
Abi Kebra Belaye schaut nachdenklich auf die wartenden Patienten. Simbabwes einst vorbildliches, staatliches Gesundheitssystem ist kollabiert. Die Staatskasse ist leer. Der Löwenanteil der lebensnotwendigen Medikamente für HIV- und Tuberkulosepatienten wird durch internationale Gelder finanziert. "Ärzte ohne Grenzen" bezahlt in Kliniken wie dieser sogar die Löhne der Krankenschwestern und deren dringend notwendige Weiterbildung.
Ein Kranker gefährdet seine ganze Familie
"Früher gab es hochqualifizierte Ärzte in Simbabwe, aber die meisten von ihnen haben das Land während des Wirtschaftscrashs im Jahr 2008 verlassen. Deshalb mussten wir die Krankenschwestern mit Aufgaben vertraut machen, für die früher Ärzte zuständig waren. Sie führen HIV- und Tuberkulosetests durch, bestellen und verschreiben Medikamente und sorgen dafür, dass diese auch richtig eingenommen werden. Diese Strategie ist erfolgreich."
Sorgen bereiten Abi Kebra Belaye jedoch die zunehmenden Fälle multiresistenter Tuberkulose. Sie entstehen, wenn Patienten eine Therapie mit Antibiotika abbrechen. Bakterien überleben, entwickeln Resistenzen und vermehren sich so weiter. Zwar gibt es auch für diese Fälle neue, wirksame Medikamente, aber sie sind teuer und die Behandlung dauert wesentlich länger.
"Sie sehen ja, wie dichtbevölkert dieses Viertel ist. Ein Kranker gefährdet seine gesamte Familie. Wir klären die Menschen darüber auf, wie wichtig eine schnelle Diagnose ist. Wir sorgen dafür, dass sie ihre Schutzmasken tragen und ihre Häuser besser belüften, um weitere Ansteckungen zu verhindern. Aber es bleibt eine Herausforderung."
Die Behandlung dauert zwei Jahre
Auch Mildred Mughova leidet an multiresistenter Tuberkulose. Lächelnd kommt sie mit einer Packung neuer Medikamente aus einem der Behandlungszimmer, prüft zuerst aus welcher Richtung der Wind kommt, bevor sie beginnt zu sprechen. Auch das ist eine der Schutzmaßnahmen, die sie hier gelernt hat.
"Als ich meine Diagnose bekommen habe, dachte ich, das wäre mein Todesurteil. In den ersten neun Monaten habe ich Injektionen und viele Medikamente bekommen. Sie haben zwar eine Reihe von Nebenwirkungen, aber es geht mir schon viel besser. Insgesamt dauert die Behandlung zwei Jahre. Ich hoffe, dass ich dann wieder ganz gesund bin."
Bei einer konsequenten Einnahme der Medikamente kann die Krankheit tatsächlich vollständig abheilen. Das gibt der 25-Jährigen Hoffnung. Sie macht sich wieder auf den Nachhauseweg und freut sich schon darauf, ihre Tochter zu sehen.