Sigismund als Berserker
Von Calderóns philosophischem Klassiker „Das Leben ein Traum“ ist in Stuttgart nicht viel übrig geblieben. Der von Sören Voima überzeugend modernisierte Text muss in Peter Kastenmüllers Inszenierung so manchen schlechten Witz aushalten.
Sigismund klagt über sein Schicksal. Zu Recht, schließlich ist er von Kindesbeinen an eingekerkert, nur weil sein Vater, König Basilius, einer Prophezeiung glaubt, derzufolge sein Sohn sich auf dem Thron als Tyrann erweisen werde. Bei Calderón klagt Sigismund allerdings in recht edlen Worten. Wenn Sören Voima sich eines Klassikers annimmt, dann überlässt er die Modernisierung nicht nur der szenischen Fantasie eines Regisseurs, sondern er modernisiert bereits im Text. Und also klingt Sigismunds Klage bei ihm nicht ganz so klassisch.
Allerdings begnügt sich Voima mit einigen wenigen sprachlichen Aktualisierungen, ansonsten ertönt Calderóns grandiose Sprache. Bei einer solchen Mischung von alt und neu ist ein Stilbruch nicht zu vermeiden und wohl auch gewollt. Sehr viel überzeugende gelang Voimas zweiter Eingriff: Er streut immer wieder Passagen aus dem Stück „Krieg“ von Rainald Goetz aus dem 20. Jahrhundert in die Calderónschen Monologe und Dialoge – und intensiviert damit das Klaustrophobische in Sigismunds Kerkerhaft geradezu expressionistisch.
Regisseur Peter Kastenmüller hat Voimas Mischung aus Alt und Neu szenisch aufgegriffen. Die Figuren treten weitgehend in zeitloser Kleidung auf, nur Details deuten an, dass das Ganze in einem fernen, vergangenen Spanien spielt – eine Halskrause da, eine Damenfrisur dort. Und wenn im Text Rainald Goetz zitiert wird, wechselt die Beleuchtung in fahles Grau, wird die Sprache mit Hall und geheimnisvollen Klängen unterlegt. Damit freilich enden schon die Gemeinsamkeiten von Textbearbeitung und Regie.
Ansonsten scheint Kastenmüller dem Geschehen um Schein und Wirklichkeit zu misstrauen. König Basilius will ja seinem Sohn eine Chance geben, lässt ihn für einen Tag als König sich beweisen, um ihn dann, als dieser sich tatsächlich, wie die Prophezeiung weissagte, als Tyrann aufführt, wieder ins Gefängnis zu werfen und ihm vorzugaukeln, das alles sei ein Traum gewesen.
Bei Kastenmüller wird Sigismund, der zu Beginn wie eine Art Kaspar Hauser in Unterhose und zerzotteltem Bart auftritt, zum Berserker, der seinen Untertanen foltert, indem er ihn zwingt, Hotdogs zu essen, bis dieser sie auskotzt – das mag man als Witz goutieren, ist aber nur ein schlechter Gag. Figuren robben auf der Flucht am Boden, als wären sie Seehunde, und wenn am Ende das Volk aufbegehrt, dachte Kastenmüller wohl an Guerilleros und lässt seine Mannen Südamerikanisches intonieren. Von Calderóns subtilem, philosophischem Stück um Identität, Wahrheit und Fiktion, das geradezu shakespearesche Größe hat, bleibt da nicht mehr viel übrig.
Das Leben ein Traum
Drama von Calderón de la Barca in einer Bearbeitung von Sören Voima
Regie: Peter Kastenmüller
Schauspiel Stuttgart
Informationen des Schauspiels Stuttgart
Allerdings begnügt sich Voima mit einigen wenigen sprachlichen Aktualisierungen, ansonsten ertönt Calderóns grandiose Sprache. Bei einer solchen Mischung von alt und neu ist ein Stilbruch nicht zu vermeiden und wohl auch gewollt. Sehr viel überzeugende gelang Voimas zweiter Eingriff: Er streut immer wieder Passagen aus dem Stück „Krieg“ von Rainald Goetz aus dem 20. Jahrhundert in die Calderónschen Monologe und Dialoge – und intensiviert damit das Klaustrophobische in Sigismunds Kerkerhaft geradezu expressionistisch.
Regisseur Peter Kastenmüller hat Voimas Mischung aus Alt und Neu szenisch aufgegriffen. Die Figuren treten weitgehend in zeitloser Kleidung auf, nur Details deuten an, dass das Ganze in einem fernen, vergangenen Spanien spielt – eine Halskrause da, eine Damenfrisur dort. Und wenn im Text Rainald Goetz zitiert wird, wechselt die Beleuchtung in fahles Grau, wird die Sprache mit Hall und geheimnisvollen Klängen unterlegt. Damit freilich enden schon die Gemeinsamkeiten von Textbearbeitung und Regie.
Ansonsten scheint Kastenmüller dem Geschehen um Schein und Wirklichkeit zu misstrauen. König Basilius will ja seinem Sohn eine Chance geben, lässt ihn für einen Tag als König sich beweisen, um ihn dann, als dieser sich tatsächlich, wie die Prophezeiung weissagte, als Tyrann aufführt, wieder ins Gefängnis zu werfen und ihm vorzugaukeln, das alles sei ein Traum gewesen.
Bei Kastenmüller wird Sigismund, der zu Beginn wie eine Art Kaspar Hauser in Unterhose und zerzotteltem Bart auftritt, zum Berserker, der seinen Untertanen foltert, indem er ihn zwingt, Hotdogs zu essen, bis dieser sie auskotzt – das mag man als Witz goutieren, ist aber nur ein schlechter Gag. Figuren robben auf der Flucht am Boden, als wären sie Seehunde, und wenn am Ende das Volk aufbegehrt, dachte Kastenmüller wohl an Guerilleros und lässt seine Mannen Südamerikanisches intonieren. Von Calderóns subtilem, philosophischem Stück um Identität, Wahrheit und Fiktion, das geradezu shakespearesche Größe hat, bleibt da nicht mehr viel übrig.
Das Leben ein Traum
Drama von Calderón de la Barca in einer Bearbeitung von Sören Voima
Regie: Peter Kastenmüller
Schauspiel Stuttgart
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