Sieg des Lichtes über die Dunkelheit

"Seit Beethovens Zeiten gab es keinen Komponisten, der es verstanden hätte, mit einer solchen Suggestivkraft breiteste Zuhörerschichten anzusprechen." So schrieb der gebürtige Russe Sergej Koussevitzky, seinerzeit Chef des Boston Symphony Orchestra, nach der amerikanischen Erstaufführung der "Leningrader Sinfonie". Bald wurde dieses hoch emotionale Werk auch als "Eroica unserer Tage" bezeichnet.
Das in der "Eroica"-Tonart Es-Dur komponierte letzte Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven entstand 1809 (uraufgeführt am 28. November 1811 im Leipziger Gewandhaus). Napoleon, dem er fünf Jahre früher noch seine 3. Sinfonie widmen wollte, befand sich jetzt auf der Höhe der Macht. Seine Truppen hatten Wien besetzt. "Welch zerstörendes, wüstes Leben um mich her! Nichts als Trommeln, Kanonen, Menschenelend in aller Art!", schrieb Beethoven. Im 5. Klavierkonzert klingt zweifellos sein Zorn gegen den Usurpator durch. Aber einem konkreten Programm, das man diesem Konzert immer wieder aufdrücken wollte, ist der Komponist auch hier nicht gefolgt.

Als sich die deutschen Truppen im Juli 1941 Leningrad näherten, begann Dmitrij Schostakowitsch mit seiner 7. Sinfonie. Obwohl er sich freiwillig gemeldet hatte, zog man ihn nicht zum Wehrdienst ein. Bald war seine Heimatstadt eingeschlossen und wurde 900 Tage und 900 Nächte bombardiert. Der tägliche Überlebenskampf ließ ihm kaum Zeit zum Komponieren. Anfang Oktober wurde Schostakowitsch mit anderen Künstlern aus Leningrad evakuiert und nach Kuibyschew gebracht, wo er die 7. Sinfonie beendete. Über das Finale
sagte er: "Dieser Satz symbolisiert den Sieg des Lichtes über die Dunkelheit, der Wahrheit über den Wahnsinn, der Menschlichkeit über die Tyrannei". Dass diese Worte auch auf die innenpolitischen Zustände zielten, begriff man erst viel später. Der triumphale Erfolg bei der Uraufführung am 5. März 1942 mit dem ebenfalls evakuierten Orchester des Moskauer Bolschoi-Theaters machte die gesamte Musikwelt gespannt auf das neue Werk. In den Vereinigten Staaten wurde die Partitur mit Ungeduld erwartet. Alle großen Dirigenten stritten sich um das Recht der amerikanischen Erstaufführung. Schließlich war es Arturo Toscanini, der die "Leningrader", wie sie bald genannt wurde, am 19. Juli 1942 in New York aufführen durfte.


Gewandhaus zu Leipzig
Aufzeichnung vom 22.9.2006

Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 Es-Dur op. 73

ca. 20:45 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Dmitrij Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 7 C-Dur op. 60 ("Leningrader")

Lars Vogt, Klavier
Gewandhausorchester Leipzig
Leitung: Dmitri Kitajenko