„Sie setzt am Puls der Zeit ein“

Moderation: Klaus Peter Wolf |
Die Künstlerin Josephine Meckseper offenbart nach Ansicht der Kuratorin Simone Schimpf in ihren Werken „Sein und Schein unserer Konsumwelt“. „Sie greift Dinge auf, die in der Luft liegen, sie beschäftigt sich mit den Medien, sie beschäftigt sich vor allen Dingen auch mit der Warenwelt“, sagte die Kuratorin der ersten umfassenden Einzelausstellung der deutschen Konzeptkünsterin.
Auszug aus dem Gespräch:

Klaus Peter Wolf:Vom „Spiegel“ ist sie längst geadelt als „Zeitgeist-Rebellin“, vom Berliner Trend-Magazin „Monopol“ als „Göttliche Linke“ tituliert: Josephine Meckseper. Das Stuttgarter Kunstmuseum widmet ihrem Gesamtwerk jetzt die erste große Einzelpräsentation. Am Telefon begrüße ich Simone Schimpf, die Kuratorin der Ausstellung, guten Abend nach Stuttgart!

Simone Schimpf: Guten Abend!

Wolf: Frau Schimpf, wenn Sie jemandem, der von der 42-jährigen deutschen Künstlerin in den USA noch nie etwas gehört hat, in einem Satz erklären müssten, was ihr Charakteristikum ist: Wie würde der Satz lauten?

Schimpf: Der Satz würde lauten: Das Interessante an Josephine Meckseper ist, dass sie Sein und Schein unserer Konsumwelt in ihren Werken offenbart.

Wolf: Also Mecksepers Kunst ist, wenn ich das richtig verstehe, Gesellschaftskritik, und sogar: pur.

Schimpf: Ja, völlig richtig. Sie setzt eigentlich genau am Puls der Zeit ein. Sie greift Dinge auf, die in der Luft liegen, sie beschäftigt sich mit den Medien, sie beschäftigt sich vor allen Dingen auch mit der Warenwelt. Und ich denke, damit trifft sie genau auch die Charakteristiken unserer westlichen Konsumgesellschaft und fügt sie in ihren Arbeiten zu widersprüchlichen Bildern zusammen, die Strukturen genau dieser Konsumwelt dann auch offenbaren.

Wolf: Ist es also in erster Linie Kapitalismuskritik, vermute ich mal, und das ist ja ein abstraktes Wort. Wie setzt denn die Künstlerin das konkret in ihre Kunst um?

Schimpf: Das kann ich, glaube ich, am besten an ihren Schaufenstern illustrieren. Sie baut nämlich große Schaufenster-Illustrationen, und in diesen Schaufenstern bringt sie offenbar widersprüchliche Dinge zusammen, da taucht immer wieder die Klobürste auf, oder auch ein Klopapierrollen-Halter. Und daneben steht dann so ein elegantes Bein mit den Burlington-Strümpfen, die man sofort an den Rautenmuster erkennt. Das ist alles sehr, sehr schön komponiert.

Dann steht da eine Fotografie von einem jungen Mädchen, das Miederware trägt, aber irgendwie irritiert schon diese Miederware, sie stammt eher aus dem Sanitätshaus und ist nicht unbedingt die sexy Miederware, wie sie sonst uns immer anspringt.

Und dann ist die Rückseite dieses Schaufensters verspiegelt, und man erkennt dann die Rückseite von den Objekten, deswegen vorhin auch schon meine Anspielung mit Sein und Schein, denn dann erscheinen dann plötzlich ganz andere Bilder. Da sind dann Demonstrationsbilder zu sehen, von Anti-Bush-Demonstrationen in Berlin oder Amerika, da ist plötzlich, da geht es um politischen Protest, um Meinungsäußerung, und plötzlich um den Kontext von Globalisierung, und von den Themen, wie sie uns genauso in den Medien begegnen und die dann ganz eng natürlich mit dieser Warenwelt verbunden werden.

Das vollständige Gespräch mit Simone Schimpf können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören.
MP3-Audio


Service:
Die Ausstellung „Josephine Meckseper“ ist bis zum 28. Oktober 2007 im Kunstmuseum Stuttgart zu sehen.