Sicherheitstechnik

Ein bombensicheres Geschäft

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Pistole im Halfter auf der Fachmesse für Sicherheitstechnik Milipol 2013 in Paris © picture alliance / dpa / Bruno Levesque
Von Bettina Kaps · 23.11.2013
„Milipol", die größte internationale Fachmesse für Sicherheitstechnik, findet alle zwei Jahre in Paris statt. Der Markt für Sicherheitstechnik hat letztes Jahr 455 Milliarden Euro Umsatz gemacht und ist um 3, 4 Prozent gewachsen. Präsentiert werden Technologien, die uns in Zukunft beschützen sollen.
Lange Schlangen vor den Sicherheitsschleusen. Fast nur Männer. Entweder in dunklen Anzügen mit Schlips und Rollköfferchen. Oder zackige Typen mit kurz geschorenen Haaren, Lederblouson, Rucksack – sie sehen wie Polizisten aus, oder Soldaten. Ich höre Deutsch, Englisch, Hebräisch, Arabisch, Chinesisch…
Hinter den Metalldetektoren erwarten mich 915 Aussteller. Alle versprechen mehr Sicherheit. Ich sehe Schutzkleider, Alarmanlagen, Roboter, Ausrüstung für Wachhunde. Aber auch Waffen: Waffen, die töten können und andere, die außer Gefecht setzen sollen.
Einen ersten Stopp mache ich bei einem belgischen Stand mit Drohnen: Der spinnenartige Flieger hat vier Doppelpropeller und ist mit einer Kamera ausgerüstet. Modelle in schwarz, grau und leuchtend rot stehen zur Auswahl. Eine junge Mitarbeiterin klärt mich auf.
Verkäuferin: "Unsere Drohnen dienen der Sicherheit. Ein gutes Beispiel ist die Umweltkatastrophe auf den Philippinen. Dort könnten sie Zonen erkunden, die für Menschen nicht erreichbar sind. Auch für Feuerwehr und Polizei sind sie sehr nützlich."
Kein Verkauf an Privatpersonen
Dreharbeiten für Kinofilme, Beobachtung großer Menschenmengen, Suche nach Vermissten… die Firma nennt eine breite Palette von Einsatzmöglichkeiten. Die Überwachung eines Nachbarn oder Konkurrenten, davon spricht sie nicht. Etwa 14.000 Euro kostet das Modell. Ob auch ich eine solche Drone kaufen könnte?
"Ja", sagt die Verkäuferin, "auch Privatkunden werden bedient".
Gleich nebenan hat ein US-amerikanischer Händler sein Schusswaffenarsenal aufgebaut. An einem Schießstand amüsieren sich Besucher mit Druckluftwaffen. Ein bärtiger Mann nimmt ein Gewehr in die Hand. Er streichelt sanft über den Lauf, schaut lange durchs Visier. Mohamed Tohati stellt sich als Geschäftsmann vor, er ist mit seinem Bruder aus Libyen angereist.
"Eigentlich sind wir auf der Messe, um Kleidung und Schuhe für die Armee zu kaufen. Aber Waffen interessieren uns auch sehr. Diese Gewehre gefallen uns. In Libyen ist die Technik bei weitem nicht so modern. Seit der Revolution gehören Waffen bei uns zum Alltag. Wo wir auch hingehen, überall sind Waffen."
Auf der Messe kann Tohati aber kein Gewehr einkaufen, dazu braucht er eine Genehmigung seiner Regierung.
Plötzlich steht wieder die junge Frau vom Drohnenstand vor mir, will etwas richtig stellen: Nein, sagt sie, das Unternehmen verkaufe doch nicht an Privatpersonen. Das sei nur ein Mal geschehen, aber damit sei jetzt Schluss.
Viele arabische Länder vertreten
Auffallend groß ist ein Stand, der auf Biometrie spezialisiert ist. Die Firma entwickelt auch Technologien, die einen Menschen über sein Gesicht oder das Auge identifizieren. Samuel Fringant, Direktor für den französischen Markt, lässt rasch seine Hand durch den Schlitz einer Maschine gleiten.
Finger on the fly - in Sekundenschnelle wird der Fingerabdruck erkannt. Die flugschnelle Technik funktioniert auch mit der Iris.
Samuel Fringant: "Eine andere Innovation, die wir auf der Messe vorstellen, ist die Erkennung der Iris auf Distanz. Das ist eine gute Lösung für die arabische Halbinsel: Da müssen die Frauen nicht mehr den Schleier heben."
Eine Delegation aus China hört Fringant interessiert zu. Besonders zahlreich aber sind arabische Länder auf der „Milipol“ vertreten. Hinter mir macht gerade der französische Innenminister die Runde mit Besuch aus Bahrain.
Ein paar Stände weiter schüttelt Barry Harris den kahl rasierten Kopf. Ein Besucher fragt ihn aus, rückt aber selbst keine Visitenkarte heraus. Das gefällt ihm nicht.
"Die Ausrüstungen gelangen hier in die falschen Hände, diesen Ruf hatte die Messe schon immer."
Der kräftige Mann zeigt stolz auf einen Sticker am grauen Anzug: Als Veteran der britischen Armee kennt er sich aus. Technik von der „Milipol“ ist schon in den Händen von irakischen Terroristen aufgetaucht, behauptet er. Jetzt wirbt der Brite für Aufklärungsroboter einer Schweizer Firma. Und liefert nur dann Informationen, wenn die Kunden auch selber Auskunft geben.
Markt für Sicherheit ist krisensicher
Ich höre Schläge, gehe dem Geräusch nach. Ein Mann knüppelt mit einem Baseballschläger auf einen anderen Mann ein. Der steckt die Prügel ohne Wimpernzucken ein. Der Stuntman trägt Schutzweste, Arm und Beinprotektionen von einer deutschen Firma. Jochen Heinbach, Maschinenbautechniker, greift jetzt noch zur Nagellatte: Auch damit kann er seinem Opfer nichts anhaben. Die Weste schützt vor Schlägen, Stichen und vor Schüssen, sagt er.
"Die physikalischen Vorgänge sind ganz unterschiedlich: Beim Stechen ist der Vorgang unheimlich langsam, da haben die Fasern Zeit sich anders anzuordnen. Beim Schießen ist der Vorgang so schnell, dass ich nur die Faser zerreißen kann."
Im Regal hat er etwa zehn Ausführungen der Weste ausgestellt – in Puppengröße, das spart teuren Messeplatz. Und macht den Angestellten Spaß, sagt Heinbach.
"Die sind ja nun wirklich sehr klein diese Westen und die haben dann halt ihre Kinder einfach mal in so ne Weste reingesteckt und haben die fotografiert. Da gibt es in der Firma Bilder wo dann so ein zwei Monate altes Kind in der Wiese und so: ah guck mal…"
Der Tag geht zu Ende, die Besucher drängen zum Ausgang. Viele Aussteller sehen zufrieden aus. Der Markt für Sicherheit ist krisensicher. Das Reinigungspersonal sammelt leere Champagnerflaschen ein.