Sicherheitsdebatte in der Schweiz

Weniger Datenschutz, mehr Soldaten?

Ein bewaffneter Schweizer Polizist bewacht die Straße während der Syrien-Friedensgespräche in Genf.
Ein bewaffneter Schweizer Polizist bewacht die Straße während der Syrien-Friedensgespräche in Genf. © dpa / picture alliance / Salvatore Di Nolfi
Von Hans-Jürgen Maurus · 08.08.2016
Einen Terroranschlag hat es in der Schweiz noch nicht gegeben - trotzdem diskutiert das Land über eine Verschärfung der Sicherheitsgesetze. Dabei wird auch die Rolle der Armee neu diskutiert.
Nach den Terroranschlägen in Deutschland und Frankreich hat sich auch die Debatte über den Umgang mit Terrorismus in der Schweiz verschärft. Bürgerliche Politiker wie SVP Präsident Albert Rösti fordern härtere Gesetze und Ausschaffung von Asylbewerbern und Ausländern, die unter Terrorverdacht stehen.
Auch liberale Politiker wie FDP Nationalrat Philip Müller stimmen zu. Der Grundsatz müsse heißen: in dubio pro Helvetia, im Zweifel für die Schweiz. Auch die kantonalen Justiz und Polizeidirektoren wollen Verschärfungen, etwa bei der Überwachung der Bevölkerung, indem man den Datenschutz lockert.
Die Schweiz sei bisher nur mit Glück von Anschlägen verschont geblieben, so die Lagebeurteilung des Terrorismus Experten Jean-Paul Rouiller vom Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik, auch in den Schweizer Städten entstünden Brandherde. Und der Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet nennt die Schweiz gar blind und taub. Der Präsident der kantonalen Justiz und Polizeidirektorenkonferenz Hans Jürg Käser wiederspricht:
"Zusätzliches Personal hat der Bund bewilligt für den Nachrichtendienst – auch für die Staatsschutzbereiche der Kantonspolizei. Das ist mal wichtig. Was es jetzt braucht, sind zusätzliche Kompetenzen für den Nachrichtendienst."

Balance zwischen Freiheit und Sicherheit

Doch die Befugnisse des Schweizer Nachrichtendienstes sind stark eingeschränkt, nur eine öffentliche Überwachung ist erlaubt, in Privaträumen geht dies erst bei zwingendem Verdacht. Eine Gesetzesverschärfung ist geplant, kann aber frühestens 2017 in Kraft treten. Kritiker fordern daher eine schnellere Umsetzung per Notrecht, etwa der Sicherheitsdirektor von St Gallen Fredy Fässler:
"Der Nachrichtendienst hat im Moment tatsächlich nur sehr beschränkte Instrumente zur Verfügung. Das Parlament hat bereits beschlossen, dass diese erweitert werden müssen. Und ich denke, dass wir gut daran tun, der Bundesrat gut daran tut, sehr ernsthaft zu prüfen, ob er diese Instrumente nun nicht per Notrecht einführen will."
Der Schweizer Geheimdienstchef Markus Seiler sagte kürzlich, dass es immer einen Zielkonflikt gibt, zum einen wie man die zur Verfügung stehenden Mittel einsetzt und wie man die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit findet:
"Also letztlich ist es auch da immer ein Zielkonflikt. Zum einen: Wo setzt man Mittel, die man hat, ein. Und zum anderen natürlich auch, wenn’s ums Rechtliche geht: der Zielkonflikt zwischen Freiheit und Sicherheit."

Einsatz der Armee zum Schutz der Infrastruktur?

Noch ein Thema ist aktuell der Einsatz der Armee, nicht nur an den Grenzen, sondern auch zum Schutz der Infrastruktur, so Armeechef Andre Blattmann:
"Es zeigt einfach, dass die Einsätze an der Grenze nur ein Punkt sind. Die anderen möglichen Einsätze sind Schutz der kritischen Infrastruktur in der Schweiz, Unterstützung der zivilen Behörden auch im Land. Man kann nicht alle Mittel ausgeben entlang der Grenze, sondern man muss bereit sein, verschiedene Aufträge zu erfüllen."
Doch die Armee könnte derzeit auf die Schnelle höchstens 2300 Mann mobilisieren, doch würde das ausreichen zum Schutz von Bahnhöfen oder Flughäfen? Armeechef Blattmann meint:
"Wenn es darüber hinausgeht, ist es nicht so, dass wir da nichts haben. Dann würde es einfach auch bedeuten, dass wir mobilmachen müssen. Insofern machen wir uns auch diese Überlegungen. Man muss auch nicht schwarzmalen. Aber wir haben selbstverständlich die Überlegungen anzustellen."
Das Zauberwort heißt Mobilisierung zusätzlicher Kräfte auf Antrag der Kantone, doch einer solchen Maßnahme müsste das Parlament zustimmen.
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