Sicherheit oder Freiheit
Gewiss, etwa analog zu den völkerrechtswidrigen CIA-Gefängnissen der Bush-Administration, sind BKA- oder BND-Kerker hierzulande nicht vorstellbar. Noch nicht. Doch in dieser Ära des weltweiten Terrors und der damit verbundenen öffentlichen Debatte über geeignete Prävention und Täterfahndung erscheint nichts mehr ausgeschlossen. Um es kurz zu formulieren: Wir laufen Gefahr, bei der Verteidigung unserer Freiheit wesentliche Bestandteile derselben an der Garderobe abzugeben. Das ganze bemäntelt mit der fragwürdigen These, nur so gebe es mehr Sicherheit.
Eines ist gewiss: Ebenso wenig wie absolute Freiheit gibt es vollkommene Sicherheit. Und dies schon gar nicht vor Terroristen, die selbst ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen. Natürlich, die Generalangriffe extremistischer Islamisten gegen die westlichen Werte-Demokratien können nicht tatenlos hingenommen werden. Der etwas grobe Slogan "keine Freiheit für die Feinde der Freiheit" hat im Kern etwas Richtiges. Karl Jaspers formulierte dazu: "Es darf keine Freiheit geben zur Zerstörung der Freiheit".
Aber gerade weil dies so ist, muss unser liberaler Rechtsstaat eben zuvörderst jene Mittel anwenden, die ihm vom Parlament an die Hand gegeben worden sind. Dazu gehört natürlich auch das Gewaltmonopol des Staates, allerdings im Rahmen von Verfassung und Gesetzen.
Schon vor 30 Jahren, als der Terror der RAF hierzulande seine Blutspur legte, hat der Rechtsstaat mit dem Kontaktsperregesetz oder den Verdachtsverhaftungen ohne anwaltlichen Beistand nach Ansicht vieler Rechtsexperten seine Grenzen überschritten. Auch später die Rasterfahndung und der geplante Abschussparagraph im Luftsicherheitsgesetz sind gottlob von den Verfassungsrichtern wieder kassiert worden.
Letztendlich lässt sich feststellen, dass in den letzten Jahren gerade die Dialogbereitschaft staatlicher Stellen mit den RAF-Leuten der zweiten und dritten Generation zum endgültigen Aus dieser Organisation entscheidend beigetragen hat.
Ohne die RAF zu einer Folkloreveranstaltung verklären zu wollen, lässt sich jetzt allerdings feststellen, dass wir es mit der Al Kaida und deren Todesschwadronen mit einer neuen, einer ungleich gefährlicheren und kaum zu ortenden Gefahr zu tun haben. Dabei gehört es wohl zur Logik der Protagonisten dieses asymmetrischen Krieges, den die Islamisten gegen den Westen führen, die Schuldigen woanders zu suchen. Von der gleichermaßen untauglichen wie hysterischen Reaktion der USA auf den 11. September 2001 inklusive Krieg gegen den Irak bis hin zur Anprangerung Nordkoreas, Irans und Pakistans als Achse des Bösen: das alles dient den so genannten Gotteskriegern als eine wohlfeile Legitimation für ihre Anschläge.
Die Kofferbomber von Köln sollen, so die deutschen Sicherheitsbehörden, ähnlich krude argumentiert haben; ihr Motiv waren angeblich die Abdrucke der Mohammed-Karikaturen auch in deutschen Medien. Gefasst wurden sie mit Hilfe der Videoaufzeichnungen und der Tipps ausländischer Geheimdienste. Ihre beabsichtigte Tat wäre allerdings auch damit nicht zu verhindern gewesen. Also selbst die jetzt hierzulande akzeptierte Absicht, mehr Videokameras zu installieren, hat keinen präventiven sondern eher fahndungsorientierten Charakter.
Anders verhält es sich bei der so genannten Anti-Terror-Datei, die tatsächlich, sinnvoll vernetzt und strikt kontrolliert, Erkenntnisse auch zur Prävention zusammenfassen kann. Bedenklich ist jedoch auch in diesem Fall, dass einigen Hardlinern diese Regeln offenbar nicht weit genug gehen. Ihre Forderung nach einer Offenlegung auch sehr persönlicher und von der Verfassung geschützten Daten wie etwa Religionszugehörigkeit wäre ein Auswuchs in eine Bedrohung des Rechtsstaats.
Mit dem durchschaubaren Scheinargument der Wahrung von innerer Sicherheit wird solchermaßen Stück für Stück unser freiheitliches System unterminiert.
Zumal auch hier nur eine Scheinsicherheit erzeugt würde. Noch immer gilt das kluge Wort Benjamin Franklins: "Wer die Freiheit zugunsten der Sicherheit aufgibt, verliert beides". Mit den jetzigen Maßnahmen geht der Staat an die Grenze seiner Legitimation. Mehr darf nicht sein.
Prof. Rainer Burchardt lehrt an der Hochschule Kiel im Bereich Medien- und Kommunikationsstrukturen. Er hat zudem seit längerer Zeit eine Honorarprofessur an der Hochschule Bremen inne. Rainer Burchardt war zuvor seit Juli 1994 Deutschlandfunk-Chefredakteur. Vor seiner fast zwölfjährigen Tätigkeit beim Deutschlandfunk war Burchardt langjähriger ARD-Korrespondent in Brüssel, Bonn, Genf und London. Unter anderem schrieb er für DIE ZEIT, Sonntagsblatt und andere Zeitungen und ist Vorstandmitglied der Journalistenvereinigung "Netzwerk Recherche".
Aber gerade weil dies so ist, muss unser liberaler Rechtsstaat eben zuvörderst jene Mittel anwenden, die ihm vom Parlament an die Hand gegeben worden sind. Dazu gehört natürlich auch das Gewaltmonopol des Staates, allerdings im Rahmen von Verfassung und Gesetzen.
Schon vor 30 Jahren, als der Terror der RAF hierzulande seine Blutspur legte, hat der Rechtsstaat mit dem Kontaktsperregesetz oder den Verdachtsverhaftungen ohne anwaltlichen Beistand nach Ansicht vieler Rechtsexperten seine Grenzen überschritten. Auch später die Rasterfahndung und der geplante Abschussparagraph im Luftsicherheitsgesetz sind gottlob von den Verfassungsrichtern wieder kassiert worden.
Letztendlich lässt sich feststellen, dass in den letzten Jahren gerade die Dialogbereitschaft staatlicher Stellen mit den RAF-Leuten der zweiten und dritten Generation zum endgültigen Aus dieser Organisation entscheidend beigetragen hat.
Ohne die RAF zu einer Folkloreveranstaltung verklären zu wollen, lässt sich jetzt allerdings feststellen, dass wir es mit der Al Kaida und deren Todesschwadronen mit einer neuen, einer ungleich gefährlicheren und kaum zu ortenden Gefahr zu tun haben. Dabei gehört es wohl zur Logik der Protagonisten dieses asymmetrischen Krieges, den die Islamisten gegen den Westen führen, die Schuldigen woanders zu suchen. Von der gleichermaßen untauglichen wie hysterischen Reaktion der USA auf den 11. September 2001 inklusive Krieg gegen den Irak bis hin zur Anprangerung Nordkoreas, Irans und Pakistans als Achse des Bösen: das alles dient den so genannten Gotteskriegern als eine wohlfeile Legitimation für ihre Anschläge.
Die Kofferbomber von Köln sollen, so die deutschen Sicherheitsbehörden, ähnlich krude argumentiert haben; ihr Motiv waren angeblich die Abdrucke der Mohammed-Karikaturen auch in deutschen Medien. Gefasst wurden sie mit Hilfe der Videoaufzeichnungen und der Tipps ausländischer Geheimdienste. Ihre beabsichtigte Tat wäre allerdings auch damit nicht zu verhindern gewesen. Also selbst die jetzt hierzulande akzeptierte Absicht, mehr Videokameras zu installieren, hat keinen präventiven sondern eher fahndungsorientierten Charakter.
Anders verhält es sich bei der so genannten Anti-Terror-Datei, die tatsächlich, sinnvoll vernetzt und strikt kontrolliert, Erkenntnisse auch zur Prävention zusammenfassen kann. Bedenklich ist jedoch auch in diesem Fall, dass einigen Hardlinern diese Regeln offenbar nicht weit genug gehen. Ihre Forderung nach einer Offenlegung auch sehr persönlicher und von der Verfassung geschützten Daten wie etwa Religionszugehörigkeit wäre ein Auswuchs in eine Bedrohung des Rechtsstaats.
Mit dem durchschaubaren Scheinargument der Wahrung von innerer Sicherheit wird solchermaßen Stück für Stück unser freiheitliches System unterminiert.
Zumal auch hier nur eine Scheinsicherheit erzeugt würde. Noch immer gilt das kluge Wort Benjamin Franklins: "Wer die Freiheit zugunsten der Sicherheit aufgibt, verliert beides". Mit den jetzigen Maßnahmen geht der Staat an die Grenze seiner Legitimation. Mehr darf nicht sein.
Prof. Rainer Burchardt lehrt an der Hochschule Kiel im Bereich Medien- und Kommunikationsstrukturen. Er hat zudem seit längerer Zeit eine Honorarprofessur an der Hochschule Bremen inne. Rainer Burchardt war zuvor seit Juli 1994 Deutschlandfunk-Chefredakteur. Vor seiner fast zwölfjährigen Tätigkeit beim Deutschlandfunk war Burchardt langjähriger ARD-Korrespondent in Brüssel, Bonn, Genf und London. Unter anderem schrieb er für DIE ZEIT, Sonntagsblatt und andere Zeitungen und ist Vorstandmitglied der Journalistenvereinigung "Netzwerk Recherche".