Sexuelle Belästigung

Vorwürfe gegen Tatort-Koordinator

Gebhard Henke, WDR-Fernsehfilmchef und Tatort-Koordinator
Gebhard Henke, WDR-Fernsehfilmchef und Tatort-Koordinator, wurde vom WDR wegen der Vorwürfe sexueller Belästigung von seinen Aufgaben freigestellt. © Oliver Berg/dpa
Matthias Dell im Gespräch mit Marietta Schwarz · 30.04.2018
Gebhard Henke genießt als Programmbereichsleiter Fernsehfilm beim WDR hohes Ansehen. Nun gibt es gegen ihn Vorwürfe wegen sexueller Belästigung - doch noch ohne konkrete Sachverhalte. Kein Ruhmesblatt für das Krisenmanagement des WDR, findet Medienjournalist Matthias Dell.
Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hat einen weiteren Mitarbeiter nach Vorwürfen sexueller Belästigung freigestellt. Diesmal ist es jemand aus den oberen Etagen: der Leiter des Programmbereichs Fernsehfilm, Kino und Serie Gebhard Henke. Sein Anwalt Peter Raue bestätigte die Freistellung. In einer schriftlichen Erklärung betonte Raue, dass seinem Mandanten kein "einziger konkreter Sachverhalt" genannt worden sei. Der WDR wiederum erklärte, es gebe verschiedene ernst zu nehmende Hinweise, denen der Sender sorgfältig nachgehen müsse.

"Der WDR managt das nicht gut"

Henke ist seit 1984 beim WDR tätig und auch als ARD-Tatort-Koordinator bekannt. Zudem ist er Professor an der Kölner Kunsthochschule für Medien. Es steht für ihn also einiges auf dem Spiel.
Er sei überrascht, dass Henke über seinen Anwalt mit dem Thema an die Öffentlichkeit gegangen sei, sagt Medienjournalist Matthias Dell – "weil der WDR ja schon eine andere Missbrauchsgeschichte seit Wochen auf dem Tisch liegen hat und damit eigentlich öffentlich sehr schlecht umgeht und das nicht gut managt".

Naiv, wer denkt, das gebe es so in Deutschland nicht

Dell hat sich vorab die BBC-Dokumentation "Macho, Macht, Missbrauch – Der Fall Harvey Weinstein" angeschaut, die von ZDF info ausgestrahlt wird. Natürlich sei der Fall Weinstein monströser, Hotels und die betroffenen weiblichen Stars illustrer. Aber es sei "ein bisschen naiv" zu glauben, dass es so etwas in Deutschland nicht gebe. Das habe ja auch schon der Fall Dieter Wedel gezeigt, so Dell.
Der US-Filmproduzent Harvey Weinstein.
Der US-Filmproduzent Harvey Weinstein.© AFP / Yann COATSALIOU
Wer in großen Sendern das Geld verwalte und auf redaktioneller Ebene über Projekte entscheide, habe auch die Macht. Und – ebenfalls eine Parallele zum Fall Weinstein: "Wenn man die Weinstein-Doku nimmt, die ja auch alle Fälle, die sie aufführt, bei ihm nachgefragt hat, dann wird immer abgestritten beziehungsweise nur das zugegeben, was sich nicht leugnen lässt."

Unklare Politik gegenüber der Öffentlichkeit

Laut Gebhard Henkes Anwalt Peter Raue weiß Henke offenbar nicht, wer was gegen ihn vorbringt. Dell: "Auf jeden Fall spricht das zum einen für die unklare, dubiose Politik des WDR mit den Fällen umzugehen. Zum anderen auch dafür, wie schamvoll es ist, öffentlich auszusagen - wie gefährlich und unangenehm. Da überlegt man sich, ob man das will – in der Öffentlichkeit angezweifelt und noch mal gedemütigt zu werden, wie das bei den Wedel-Opfern ja auch geschehen ist, obwohl es da Akten gibt." (mkn)

Die BBC-Dokumentation"Macho, Macht, Missbrauch - Der Fall Harvey Weinstein" ist am 1. Mai 2018 umd 20.15 Uhr bei ZDF info zu sehen und ist auch über die ZDF-Mediathek abrufbar.

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