Sexualaufklärung für Migranten

Zentralrat der Muslime als Partner für Prävention

Ayman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, bei einem Festakt am 26. September 2018 zur Eröffnung der Al-Nour-Moschee in Hamburg-Horn.
Ayman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime: "Unser Glauben ist ein Partner." © Philipp Reiss / imago
Aiman Mazyek im Gespräch mit Axel Rahmlow · 01.11.2018
Die Integrationsbeauftragte Annette Widman-Mauz fordert, Migranten rasch in Kursen klarzumachen, dass in Deutschland sexuelle Gewalt nicht toleriert werde. Beim Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime Ayman Mazyek rennt sie damit offene Türen ein.
Sexualstraftaten lösen immer wieder erbitterte Diskussionen in Deutschland aus, vor allem wenn Migranten beteiligt sind. Jetzt ist die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung einer 18-jährigen Studentin nach einem Discobesuch in Freiburg in den Schlagzeilen. Auch in München ermittelt die Polizei zu einem Fall.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, hat nun in einem Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gefordert, Asylbewerber schnell über Sexualität und Gleichberechtigung in Deutschland zu informieren. "Alle Asylsuchenden müssen unmittelbar nach ihrer Ankunft in Deutschland, noch in der Erstaufnahmeeinrichtung, Wegweiserkurse über das Zusammenleben in Deutschland erhalten", sagt die CDU-Politikerin. "Und dazu gehört auch, dass es für sexuellen Missbrauch und andere Gewalttaten null Toleranz gibt."

Volle Unterstützung für null Toleranz

Aiman Mazyek ist Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland und betont, der Zentralrat unterstütze das seit jeher. "Die Religion und unser Glauben ist ja ein Partner im Zusammenhang dieses Verständnisses."
Noch besser fände er, die jungen Geflüchteten schnell in die Schule zu bekommen: "Dort ist ohnehin die Aufklärung in Biologie und Sexualunterricht vorgesehen. Ich glaube, das ist der noch effektivere Weg, was Sexualaufklärung und anderes angeht."
Ob das allerdings bei Kriminellen und Verbrechern helfe, die mit schlimmster Absicht solche Taten verübten, sei eine andere Frage: Da sei etwas anderes nützlicher: "Die Aufklärung über unser Strafgesetz. Dass das Strafgesetz eine harte Strafe verlangt und dass die Leute, wenn sie so etwas machen, die Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Diese Aufklärung ist, glaube ich, noch effektiver."

Keine Pauschalisierung

Mazyek wendet sich gegen Pauschalisierung: Das absolute Gros derjenigen, die hergekommen sind, empfinde "wie jeder normale Menschenverstand" und "wie jedes Herz" Abscheu und Ekel angesichts solcher Taten und verurteile sie.
"Es ist auch ein Fehlverständnis, dass die Sozialisation in den Herkunftsländern das besonders fördert", meint Mazyek. Er glaube nicht, dass Prüderie die Grundlagen solcher Taten sei. "Die Grundlage liegt durchaus in der Fluchtbiografie, vielleicht darin, was die Geflüchteten auch erlebt haben an Gewalt, möglicherweise auch an sexueller Gewalt."
Mazyek sagt, die Religionsgemeinschaften seien auch Partner im Angehen gegen patriarchale Strukturen, die man durchaus betrachten müsse bei der Suche nach Ursachen. "Da haben sie die Religionsgemeinschaften als Partner, weil die patriarchalen Strukturen durch den Glauben, durch die Religion nicht zu rechtfertigen sind." Im Gegenteil, sagt Mazyek, der Religion zufolge seien sie sogar aufzubrechen.

Mentoren für Männer

"Ohne Zweifel gibt es in der muslimischen Welt Teile, wo patriarchale Strukturen herrschen", räumt der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland ein: "Aber sie stehen nach unserem Verständnis und nach dem Verständnis der allermeisten Muslime im Gegensatz zum Glauben selbst – und da, denke ich, kann man noch viel optimieren, indem man eben Muslime selbst als Partner in dieses Konzept miteinbezieht."
Das klingt wie die Integrationsbeauftragte Widmann-Mauz, die gesagt hat: "Schon länger hier lebende Männer müssen mit neu zugewanderten Männern unmissverständlich darüber reden, wie Sexualität und Gleichberechtigung in Deutschland gelebt werden – wenn nötig auch in ihrer Muttersprache."
Mayzek sagt, diese Forderung nach männlichen Mentoren und der Ausbildung männlicher Mentoren könne man nur unterstützen – ebenso, "dass man im Bereich der Prävention viel mehr partnerschaftlich zusammenarbeitet". Und, so Mazyek, der Zentralrat der Muslime könne sich sehr gut vorstellen, in diesem Bereich aktiv zu werden, so wie er schon bei der Extremismus-Prävention aktiv sei.
(mf)
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