Sexismus und Gaming

Die Spielebranche erlebt ihren MeToo-Moment

27:10 Minuten
Ein Gamer mit Kopfhörern von hinten vor dem Bildschirm im Convention Center in Los Angeles.
Nun hat die MeToo-Debatte auch die Spielebranche erreicht. © Getty / David McNew
Moderation: Timo Grampes · 04.10.2019
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Die MeToo-Debatte war bis vor Kurzem in der männlich dominierten Spielebranche kaum Thema, erstaunlicherweise. Bis jetzt. Aber seit die Gamedesignerin Nathalie Lawhead gepostet hat, von einem Kollegen vergewaltigt worden zu sein, nimmt die Debatte Fahrt auf.
Zwei Jahre ist es jetzt her, als unter dem Hashtag MeToo vor allem Frauen weltweit das Ausmaß sexualisierter Gewalt im Alltag deutlich machten. Seit einem Monat schwelt eine solche Diskussion auch in der Computerspiele-Branche, Männern und Entwicklern wird Machtmissbrauch und Vergewaltigung vorgeworfen.
Der Kulturwissenschaftler Christian Huberts bezeichnet diese Debatte als "sehr wichtigen" Moment. Wirkliche grundlegende Konsequenzen wurden bisher aber aus seiner Sicht noch nicht gezogen. "Was halt fehlt, sind die großen Aussagen dazu, was auf Branchenebene verändert werden kann."

Etwa 80 Prozent männliche Mitarbeiter in der Gamingbranche

Die Journalistin Yasmina Banaszczuk erklärt sich die schleppende Entwicklung mit Zahlen: Laut einer Umfrage der Games Developer Association sei etwa 80 Prozent der Gaming-Branche männlich. Dies berge einfach die Gefahr, "dass sich sexistische Strukturen herausbilden".
Angefangen hatte alles am 26. August mit einem Blogpost der Gamedesignerin Nathalie Lawhead mit dem Titel "calling out my rapist". In diesem schreibt sie darüber, dass der bekannte Spielmusik-Komponist Jeremy Soule sie während ihrer Zusammenarbeit vergewaltigt haben soll: Angezeigt hatte Lawhead die vermeintliche Vergewaltigung, die mittlerweile über zehn Jahre zurückliegt, nie. Aus Angst um ihren Antrag auf ein Visum und ihren Job.

Vergleichsweise wenige Anschuldigungen

Innerhalb weniger Stunden nach der Veröffentlichung schlug der Blogpost große Wellen – immer mehr Frauen und nicht binäre Personen – also Menschen, die sich nicht als Mann oder Frau identifizieren – aus der Gaming-Branche reagierten darauf und berichteten davon, ebenfalls ausgenutzt oder Opfer sexueller Belästigungen geworden zu sein.
Mittlerweile sind mindestens zehn verschiedene Männer der Branche beschuldigt worden. Wie viele es insgesamt sind, ist kaum auszumachen. Aber auch wenn im Verhältnis zu Bewegungen wie MeToo im Jahr 2017 vergleichsweise wenig Anschuldigungen öffentlich gemacht wurden, markiert der letzte Monat für die Gamingindustrie einen wichtigen Moment.
(Joana Leyendecker / lkn)
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