Sex-Skandale in der israelischen Armee
Michal Zamir hat einen Roman über einen Macho-Sumpf in Israels Führungseliten geschrieben. In „Das Mädchenschiff“ werden Rekrutinnen der israelischen Armee vergewaltigt oder sexuell genötigt, andere in den Selbstmord getrieben.
In den letzten zwei Jahren ist Israel von zwei Skandalen erschüttert worden: Justizminister Chaim Ramon wurde wegen sexueller Belästigung im Amt vom Dienst suspendiert. Und Israels Präsident Mosche Katsav musste wegen desselben Deliktes zurücktreten und wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Einen Roman über diesen Macho-Sumpf in Israels Führungs-Eliten hat die Israelin Michal Zamir geschrieben.
Ihr Roman „Das Mädchenschiff“ beschreibt jene zwei Jahre Wehrdienst, den auch Frauen in der israelischen Armee ableisten müssen. Der Leser lernt eine Hochschule für höhere Offiziere von innen kennen: einmal die Führungskräfte, die Ausbilder, Generäle, hohe Berufsoffiziere, – und auf der anderen Seite die Rekrutinnen, die dort als Sekretärinnen arbeiten und so ihren Wehrdienst ableisten.
In diesem Camp gibt es nur ein einziges Thema: Sex. Nur jene, die davon profitieren, sind allein die Offiziere, die das Camp als eine Art Armee-Bordell betrachten; die Grenze zur Vergewaltigung ist dünn. Und so lernt der Leser die namenlose Ich-Erzählerin kennen, die in den zwei Jahren Wehrdienst in diesem Camp ihre 5. Abtreibung hat, was die Armee toleriert, solange die Frau behauptet, sie sei von einem Araber vergewaltigt worden. Und der Leser lernt auch Michaela kennen, eine Kollegin der Ich-Erzählerin, die Selbstmord begeht.
Michal Zamirs „Mädchenschiff“ ist ein Real-Politthriller, der, als er 2005 in Israel erschien, als Momentaufnahme betrachtet wurde, heute nach den Sex-Skandalen in der israelischen Regierung aber mit ganz anderen Augen gesehen wird. Erst jetzt erschließt sich die Spannung, die den Leser des Romans atemlos macht: Welcher Skandal wird als nächster aufgedeckt, welche Rekrutin stirbt als nächste?
Sprachlich bietet der Roman sehr unterschiedliche Facetten: sein Grundton ist authentisch, sprich brutal, direkt und auch pornographisch – kein Wunder, dass Michal Zamir 20 Jahre zögerte, den Roman in dieser Form zu schreiben.
Darüber hinaus bietet „Das Mädchenschiff“ aber auch stille, poetische Passagen:
„Gemeinschaftsduschen, schäumendes Shampoo, Lippenstift, Tangas, ein langer Takt Stille, und alles beginnt zu schwanken. Das Mädchenschiff sticht in See. Der zweistöckige Fertigbau wiegt sich im Weltenschoß.“
Und nicht zu vergessen Michal Zamirs wundervoll schwarzer Humor, wenn sie zum Beispiel eine Kosmetikberaterin der Armee beschreibt, die geradezu agitiert, der Mensch habe sich immer „bemalt“ und immer zu zwei Zwecken: Tarnung und Einschüchterung. Für Frauen heiße das also Morgen- und Abend-Make-up.
„Das Mädchenschiff“ ist ein sehr mutiger Roman mit einer glasklaren Sprache, mit Wut und Herzblut geschrieben. Treffend hat ein israelischer Kritiker es so formuliert: Zamirs Roman „packt die israelische Gesellschaft an den Eiern.“ Das ist ein Roman, der wehtut und der wehtun soll.
Rezensiert von Lutz Bunk
Michal Zamir: Das Mädchenschiff
Übersetzt von Ruth Achlama
marebuchverlag Hamburg 2007
220 Seiten. 19,90 Euro.
Ihr Roman „Das Mädchenschiff“ beschreibt jene zwei Jahre Wehrdienst, den auch Frauen in der israelischen Armee ableisten müssen. Der Leser lernt eine Hochschule für höhere Offiziere von innen kennen: einmal die Führungskräfte, die Ausbilder, Generäle, hohe Berufsoffiziere, – und auf der anderen Seite die Rekrutinnen, die dort als Sekretärinnen arbeiten und so ihren Wehrdienst ableisten.
In diesem Camp gibt es nur ein einziges Thema: Sex. Nur jene, die davon profitieren, sind allein die Offiziere, die das Camp als eine Art Armee-Bordell betrachten; die Grenze zur Vergewaltigung ist dünn. Und so lernt der Leser die namenlose Ich-Erzählerin kennen, die in den zwei Jahren Wehrdienst in diesem Camp ihre 5. Abtreibung hat, was die Armee toleriert, solange die Frau behauptet, sie sei von einem Araber vergewaltigt worden. Und der Leser lernt auch Michaela kennen, eine Kollegin der Ich-Erzählerin, die Selbstmord begeht.
Michal Zamirs „Mädchenschiff“ ist ein Real-Politthriller, der, als er 2005 in Israel erschien, als Momentaufnahme betrachtet wurde, heute nach den Sex-Skandalen in der israelischen Regierung aber mit ganz anderen Augen gesehen wird. Erst jetzt erschließt sich die Spannung, die den Leser des Romans atemlos macht: Welcher Skandal wird als nächster aufgedeckt, welche Rekrutin stirbt als nächste?
Sprachlich bietet der Roman sehr unterschiedliche Facetten: sein Grundton ist authentisch, sprich brutal, direkt und auch pornographisch – kein Wunder, dass Michal Zamir 20 Jahre zögerte, den Roman in dieser Form zu schreiben.
Darüber hinaus bietet „Das Mädchenschiff“ aber auch stille, poetische Passagen:
„Gemeinschaftsduschen, schäumendes Shampoo, Lippenstift, Tangas, ein langer Takt Stille, und alles beginnt zu schwanken. Das Mädchenschiff sticht in See. Der zweistöckige Fertigbau wiegt sich im Weltenschoß.“
Und nicht zu vergessen Michal Zamirs wundervoll schwarzer Humor, wenn sie zum Beispiel eine Kosmetikberaterin der Armee beschreibt, die geradezu agitiert, der Mensch habe sich immer „bemalt“ und immer zu zwei Zwecken: Tarnung und Einschüchterung. Für Frauen heiße das also Morgen- und Abend-Make-up.
„Das Mädchenschiff“ ist ein sehr mutiger Roman mit einer glasklaren Sprache, mit Wut und Herzblut geschrieben. Treffend hat ein israelischer Kritiker es so formuliert: Zamirs Roman „packt die israelische Gesellschaft an den Eiern.“ Das ist ein Roman, der wehtut und der wehtun soll.
Rezensiert von Lutz Bunk
Michal Zamir: Das Mädchenschiff
Übersetzt von Ruth Achlama
marebuchverlag Hamburg 2007
220 Seiten. 19,90 Euro.