Sex mathematisch
Liebe und Verstand gehen selten Hand in Hand - sagt man. Clio Cresswell sieht das anders. Für die Mathematik-Dozentin ist Liebe mathematisch definierbar. Ihr Buch "Wie viel Sex passt in ein Einmachglas?" ist aber eher etwas für Denksportler als für Verliebte.
Liebe? Liebe ist genau das:
"Beta Index zwei L"
Eine Formel für die Liebe? Mathematik und Liebe? Aber ja, sagt die Dozentin für Mathematik an der University of New South Wales in Sydney, Australien!
"Die Welt ist voller Gesetzmäßigkeiten, und die Mathematik ist auf einzigartige Weise dafür gerüstet, sie herauszufinden und zu erklären. Das reicht von den Planetenbewegungen über die Schwankungen des DAX bis zu menschlichen Aktivitäten wie Gehen, Reden, Schlafen - oder Sex."
Selbstverständlich ist Sex darunter das unterhaltsamste Beispiel, und Cresswell will unterhalten. Das gelingt ihr gut, nicht trotz, sondern durch die Mathematik. Statistik, Wahrscheinlichkeitsrechnung und "höherdimensionale lineare Algebra" - mit einem Augenzwinkern und vielen Verweisen auf unser Liebesleben führt die Hochschullehrerin auch Fachfremde an solche Prinzipien heran. Nüchterne, präzise Formeln auf der einen Seite, auf der anderen das höchst emotionale, scheinbar nicht fassbare Phänomen Liebe: Wie beides zusammenpasst, präsentiert Cresswell überaus anschaulich. Jedes Liebesspiel ist bei ihr ein Nachweis dafür, was Mathematik alles kann. Ein Beispiel: die Paarungsrituale auf Teenager-Partys. Zuerst geht jeder auf seinen Schwarm zu.
"Klappt es nicht so recht, werden die Karten neu gemischt, und man versucht es mit der zweiten Wahl, und alle, die eine Abfuhr erlitten haben, schauen sich aufs Neue um. Und so geht das Spiel weiter, bis jeder jemand gefunden hat."
Was für ein Durcheinander! Alles Mathematik, sagt Cresswell. Hier kommt nämlich die so genannte Spieltheorie zum Zuge. Mathematiker benutzen sie, um die Strategien von konkurrierenden Unternehmen zu beschreiben. Eine Teenie-Party ist ebenso gut. Auch hier stehen sich verschiedene Parteien mit gegensätzlichen Interessen gegenüber, und die Spieltheorie kann beschreiben, wie Jungen und Mädchen ihre Möglichkeiten abwägen. Und sie kann vorhersehen, wie das Rennen ausgehen wird. Aber nicht nur das.
Mathematik kann auch Irrtümer aufdecken. Einer davon ist im Titel des Buchs versteckt: "Wie viel Sex passt in ein Einmachglas?"
"Fangen Sie in der Hochzeitsnacht damit an, jedes Mal, wenn Sie Sex haben, eine Bohne in ein Einmachglas zu werfen. Nach dem ersten Hochzeitstag nehmen Sie bei jedem Geschlechtsverkehr wieder eine Bohne aus dem Glas heraus. An Ihrem Todestag werden sich die Erben freuen, denn es werden immer noch Bohnen im Glas sein!"
Diese schlimme Prophezeiung erklärt die Autorin natürlich wieder mathematisch:
"C Index eins ist größer als die Summe aller C ab Index zwei "
Cresswell rechnet durch und stellt fest: Mit dieser Gleichung lassen sich keine plausiblen Vorhersagen über Sexraten machen. Außer Sie halten es für wahrscheinlich, im ersten Ehejahr tausend Mal Sex zu haben und in jedem darauf folgenden Jahr nur noch neunundvierzig Mal. Das Ergebnis:
"Lassen Sie Bohnen aus dem Spiel, wenn es um Sex geht!"
Wer nach weiteren Empfehlungen in Liebesdingen sucht, liegt bei Cresswell falsch. Ihr Buch ist kein Ratgeber, sondern eine Zusammenfassung mathematischer Untersuchungen von zwischenmenschlichen Beziehungen. Wenn man einmal überzeugt wurde, dass Abhängigkeiten zwischen zwei Menschen sich auch durch variable Größen rechnerisch darstellen lassen, sind die Erkenntnisse nicht mehr überraschend. Doch diejenigen, die Spaß an ungewöhnlichen Zugängen zu gewöhnlichen Dingen und an Denkspielen haben, werden allemal gut unterhalten. Flott und kokett führt die Autorin durch Formeln, Gleichungen und Modelle hindurch. Und keine Angst: Auch Nicht-Mathematiker finden sich hier zurecht. Gerade ihnen will Cresswell das Potenzial ihres Faches vorführen. Ihr Buch ist eine Liebeserklärung. Nicht an die Liebe: An die Mathematik.
Clio Cresswell: Wie viel Sex passt in ein Einmachglas? Was die Mathematik über unser Liebesleben verrät.
Aus dem Englischen von Carl Freytag.
Campus-Verlag. Taschenbuch. 191 Seiten
14,90 Euro
"Beta Index zwei L"
Eine Formel für die Liebe? Mathematik und Liebe? Aber ja, sagt die Dozentin für Mathematik an der University of New South Wales in Sydney, Australien!
"Die Welt ist voller Gesetzmäßigkeiten, und die Mathematik ist auf einzigartige Weise dafür gerüstet, sie herauszufinden und zu erklären. Das reicht von den Planetenbewegungen über die Schwankungen des DAX bis zu menschlichen Aktivitäten wie Gehen, Reden, Schlafen - oder Sex."
Selbstverständlich ist Sex darunter das unterhaltsamste Beispiel, und Cresswell will unterhalten. Das gelingt ihr gut, nicht trotz, sondern durch die Mathematik. Statistik, Wahrscheinlichkeitsrechnung und "höherdimensionale lineare Algebra" - mit einem Augenzwinkern und vielen Verweisen auf unser Liebesleben führt die Hochschullehrerin auch Fachfremde an solche Prinzipien heran. Nüchterne, präzise Formeln auf der einen Seite, auf der anderen das höchst emotionale, scheinbar nicht fassbare Phänomen Liebe: Wie beides zusammenpasst, präsentiert Cresswell überaus anschaulich. Jedes Liebesspiel ist bei ihr ein Nachweis dafür, was Mathematik alles kann. Ein Beispiel: die Paarungsrituale auf Teenager-Partys. Zuerst geht jeder auf seinen Schwarm zu.
"Klappt es nicht so recht, werden die Karten neu gemischt, und man versucht es mit der zweiten Wahl, und alle, die eine Abfuhr erlitten haben, schauen sich aufs Neue um. Und so geht das Spiel weiter, bis jeder jemand gefunden hat."
Was für ein Durcheinander! Alles Mathematik, sagt Cresswell. Hier kommt nämlich die so genannte Spieltheorie zum Zuge. Mathematiker benutzen sie, um die Strategien von konkurrierenden Unternehmen zu beschreiben. Eine Teenie-Party ist ebenso gut. Auch hier stehen sich verschiedene Parteien mit gegensätzlichen Interessen gegenüber, und die Spieltheorie kann beschreiben, wie Jungen und Mädchen ihre Möglichkeiten abwägen. Und sie kann vorhersehen, wie das Rennen ausgehen wird. Aber nicht nur das.
Mathematik kann auch Irrtümer aufdecken. Einer davon ist im Titel des Buchs versteckt: "Wie viel Sex passt in ein Einmachglas?"
"Fangen Sie in der Hochzeitsnacht damit an, jedes Mal, wenn Sie Sex haben, eine Bohne in ein Einmachglas zu werfen. Nach dem ersten Hochzeitstag nehmen Sie bei jedem Geschlechtsverkehr wieder eine Bohne aus dem Glas heraus. An Ihrem Todestag werden sich die Erben freuen, denn es werden immer noch Bohnen im Glas sein!"
Diese schlimme Prophezeiung erklärt die Autorin natürlich wieder mathematisch:
"C Index eins ist größer als die Summe aller C ab Index zwei "
Cresswell rechnet durch und stellt fest: Mit dieser Gleichung lassen sich keine plausiblen Vorhersagen über Sexraten machen. Außer Sie halten es für wahrscheinlich, im ersten Ehejahr tausend Mal Sex zu haben und in jedem darauf folgenden Jahr nur noch neunundvierzig Mal. Das Ergebnis:
"Lassen Sie Bohnen aus dem Spiel, wenn es um Sex geht!"
Wer nach weiteren Empfehlungen in Liebesdingen sucht, liegt bei Cresswell falsch. Ihr Buch ist kein Ratgeber, sondern eine Zusammenfassung mathematischer Untersuchungen von zwischenmenschlichen Beziehungen. Wenn man einmal überzeugt wurde, dass Abhängigkeiten zwischen zwei Menschen sich auch durch variable Größen rechnerisch darstellen lassen, sind die Erkenntnisse nicht mehr überraschend. Doch diejenigen, die Spaß an ungewöhnlichen Zugängen zu gewöhnlichen Dingen und an Denkspielen haben, werden allemal gut unterhalten. Flott und kokett führt die Autorin durch Formeln, Gleichungen und Modelle hindurch. Und keine Angst: Auch Nicht-Mathematiker finden sich hier zurecht. Gerade ihnen will Cresswell das Potenzial ihres Faches vorführen. Ihr Buch ist eine Liebeserklärung. Nicht an die Liebe: An die Mathematik.
Clio Cresswell: Wie viel Sex passt in ein Einmachglas? Was die Mathematik über unser Liebesleben verrät.
Aus dem Englischen von Carl Freytag.
Campus-Verlag. Taschenbuch. 191 Seiten
14,90 Euro