Sex im Alter

Anders, aber immer noch heiß

06:17 Minuten
Ein älteres Paar lacht einander im Bett an.
Die inzwischen 79-jährige Joan Price hat vier Bücher über Sex im Alter geschrieben. Einer ihrer Tipps: Sich frei machen von den Bildern in unseren Köpfen. © Getty Images / Laureen March
Von Marcus Schuler · 09.04.2022
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Es zieht in der Hüfte, die Knie schmerzen und so richtig aufregend ist der Partner nach all den Jahren auch nicht mehr. Alles kein Hindernis, sagt Joan Price. Die 79-Jährige berät Menschen dabei, wie sie im Alter sexuell aktiv bleiben können.
Joan hat ihre Lieblingssexspielzeuge zu unserem Treffen mitgebracht. Vibratoren, aber auch sogenannte Penisringe sind dabei. Alle haben eines gemeinsam: Sie sind elektrisch, sie vibrieren und sie sollen Lust bereiten.
Volta heißt ein Sexspielzeug aus deutscher Produktion. Es sieht ein wenig aus wie ein langer flacher Schnabel, an dessen Spitze die Enden geteilt sind und die sich schnell hin- und herbewegen.

"Darüber sollte man ein Buch schreiben"

Mehr als zwei Jahrzehnte hat die Kalifornierin an einer Highschool Englisch unterrichtet. Als sie Ende 50 ist, lernt sie beim Tanzkurs ihren zweiten Ehemann kennen. "Wir entdeckten, wie absolut großartig, heiß, anregend und bereichernd Sex im Alter sein kann", sagt sie. "Und ich dachte: Darüber sollte man ein Buch schreiben."
Ihr mittlerweile verstorbener Mann bestärkt sie damals, das Buchprojekt anzugehen. 2005 ist das. Titel: "Better Than I Ever Expected: Straight Talk About Sex After Sixty" – auf Deutsch: Besser als erwartet – Klartext über Sex jenseits der 60.
"Ich ging damals davon aus, ein Buch über Sex im Alter zu schreiben. Jetzt – 17 Jahre später – sind es vier geworden, dazu etliche Podcasts, Vorträge und Online-Kurse. Das ist meine Welt. Nichts ist aufregender", sagt Joan.

Sogar beim Einkaufen wird sie angesprochen

Die 79-Jährige ist in den USA mittlerweile eine feste Instanz für das Thema. Nach ihrem ersten Buch bekommt sie massenweise E-Mails. Sie wird an der Supermarktkasse angesprochen. Es gibt mehr Fragen als Antworten, erinnert sich Price. Eine Frage lautet: "Liebe Joan, meine Vagina ist trocken..."
Darauf antwortet sie: "Dann verwende Gleitgel. Viele sagen: Ach, da nehme ich einfach Öl aus dem Küchenschrank. Bitte nicht! Es gibt Gleitmittel, die sind speziell dafür gemacht."
Besonders häufig wird sie auch heute noch gefragt, wie die Lust im Schlafzimmer wieder in Schwung gebracht werden kann. Offen miteinander reden, lautet eine Empfehlung. Eine andere lautet: zu akzeptieren, dass die Zeiten von spontanem Sex vorbei sind.

Alles geht, nichts muss

Um wieder Raum für Intimität zu schaffen, gibt Joan Paaren folgenden Rat:
"Versucht doch mal gemeinsam ins Bett zu gehen, zieht euch aus, umarmt euch und kuschelt, lacht ein bisschen und fangt an, euch gegenseitig zu streicheln. Lasst die Dinge langsam geschehen. Schaut, ob ihr es genießt, ob es euch Spaß macht, nehmt den Druck raus."
Wir müssen uns frei machen von all den Bildern in unserem Kopf, den gesellschaftlichen Normen, wie wir auszusehen haben, wie alles ablaufen muss, sagt Joan. Zu festen Sex-Dates rät die Autorin, geplant, aber ohne Druck. Alles geht, nichts muss.
Eine weitere Frage lautet: "Liebe Joan, weil mein Partner keine zuverlässigen Erektionen mehr hat, haben wir keinen Sex mehr...”
"Was viele nicht wissen: Auch ohne Erektion kann ein Penis große Lust empfinden", sagt Joan. "Außerdem hat der Mann Hände, einen Mund und Sexspielzeug greifbar. Er kann seine Partnerin auch mit Worten oder auf eine andere Art und Weise glücklich machen."

"Ich schaue mir meine Falten an und lache"

In den nächsten Monaten will Joan Price Europa besuchen. Sie will wissen, wie dort ältere Menschen mit ihrer Sexualität umgehen, wo es Tabus gibt, wo ein offener Umgang gepflegt wird. Den vielleicht schönsten Satz sagt sie ganz am Ende unserer Begegnung. Neben ihr auf dem Sofa sitzt ihr gleichaltriger Partner Mac.
"Wir müssen unseren alternden Körper akzeptieren. Ich schaue mir meine Falten an und lache. Sogar meine Falten haben Falten. Aber das ist kein Grund, mich für meinen Körper zu schämen. Ich habe das Glück, einen Partner zu haben, der mir immer wieder sagt, wie schön ich bin. Und er wurde gerade wegen Grauem Star an den Augen operiert, er ist also nicht blind. Ich muss einfach akzeptieren, dass er mich so sieht. Das hilft mir, mich selbst zu betrachten und nicht so streng mit mir zu sein."

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