Seufz! Murmel! Flüster!

Von Volkhard App |
Bereits in den fünfziger Jahren wurde Erika Fuchs gefragt, ob sie nicht auch Comics ins Deutsche übertragen wolle. Dieses Bildermedium war ihr völlig neu. Sie sagte zu und wurde bald zur ersten Chefredakteurin des knallbunten „Micky Maus“- Heftes und später zur Kultübersetzerin der deutschen Comicgeschichte.
„Dem Ingeniör ist nichts zu schwör!“ Dieser Wahlspruch des skurrilen Erfinders Daniel Düsentrieb war wohl ihre bekannteste sprachschöpferische Leistung, neben all den Geräuschwörtern wie „Seufz! Murmel! Flüster!“ und „Grübel Grübel!“. Erika Fuchs war streng genommen keine Übersetzerin: Sie dichtete nach und geizte dabei nicht mit sprachlichen Pirouetten.

Fuchs hatte Kunstgeschichte und Archäologie studiert und stand zu Beginn der fünfziger Jahre mit der deutschsprachigen Ausgabe des Magazins „Reader’s Digest“ in Kontakt. Hier fragte man sie, ob sie nicht auch Comics ins Deutsche übertragen wolle. Dieses Bildermedium war ihr völlig neu. Sie sagte aber zu und wurde bald zur ersten Chefredakteurin des knallbunten „Micky Maus“- Heftes.

Ihre mit lyrischen Aufschwüngen und Klassiker-Zitaten gewürzten Sprechblasentexte trafen auf die heute berühmten Entenhausengeschichten des Zeichners Carl Barks. Dessen Figuren gab sie „Stimme“: Gustav Gans, dem Schoßkind des Glücks, dem reichen Onkel Dagobert und dem ewigen Loser Donald, den Erika Fuchs besonders schätzte:

" Es ist ja eine sehr eigenartige Sache, dass Donald, ein junger Mann, dem überhaupt nichts gelingt, ausgerechnet in einem Land wie Amerika, wo Erfolg alles ist, derart beliebt ist. Und das gilt auch für die anderen Länder.
Ich glaube, man ist, weil es so schwer ist, immer erfolgreich zu sein, geradezu erleichtert, dass es jemanden gibt, der keinen Erfolg hat und dennoch populär ist.“

Auch die deutschen Namen wie „Fähnlein Fieselschweif“ waren selbstverständlich ihre Leistung. Ebenso die witzigen Reime. Als Tick, Trick und Track einen Drachen steigen ließen, stand in den Sprechblasen:

„Ein fliegender Drach’ ist ne herrliche Sach’. Wenn der Wind weht gemacht.
Aber dennoch nicht zu schwach. Und Onkel Donald macht Krach.“

Erst 1994 lernte Erika Fuchs den Comickünstler Carl Barks persönlich kennen. Beide waren dafür verantwortlich, dass in den fünfziger und sechziger Jahren das auch bei uns übliche Schimpfwort von den Comics als „Schmutz und Schund“ den Moralisten auf den Lippen erstarb.

Die Kinder durften nicht mit schlechtem Deutsch abgespeist werden, das war die Devise von Erika Fuchs. Dass sie zur Kultübersetzerin der deutschen Comicgeschichte wurde und man ihre Arbeit mit Preisen würdigte, überraschte sie selbst am meisten. Im Jahre 2001 erhielt sie sogar den Roswitha-Preis der Stadt Bad Gandersheim – und relativierte im Telefoninterview bescheiden ihre eigene Leistung:

" Der Text ist auch im Amerikanischen witzig. Und der Witz besteht aus Wortspielereien, doppelter Bedeutung, aktuellen Anspielungen – und selbstverständlich wird auch mal was Klassisches zitiert. Es ist dann immer Shakespeare. Das ist völlig unübersetzbar, denn man lacht in jedem Land über etwas Anderes. Ein englischer Witz kommt bei uns nicht an. Also Sie müssen das ganz einfach anders übertragen. Und wenn Sie das jahrelang getan haben, sind Sie für eine anständige Übersetzung, wo Sie den Autor genau rüberbringen müssen, vollkommen verdorben.“

Erika Fuchs hat die deutsche Sprache bereichert. Ihr Werk bleibt uns in den vielen Wiederveröffentlichungen erhalten.