Dramedy-Serie "Oh Hell"

Seltsam im Sinne von seltsam

10:46 Minuten
Hommage an den weiblichen Weirdo: Helene (Mala Emde) ist gelegentlich etwas speziell. Im Bild sitzt sie in einem Bus und schminkt sich die Lippen.
Hommage an den weiblichen Weirdo: Helene (Mala Emde) ist gelegentlich etwas speziell. © Magenta TV
Mala Emde im Gespräch mit Susanne Burg  · 15.10.2022
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Helene ist anders. Die junge Frau liegt mit den gängigen Konventionen der Selbstoptimierung über Kreuz. Mala Emde spielt die Figur in der neuen Serie "Oh Hell". Und diese Rolle, so erzählt sie im Gespräch, habe ganz viel mit ihr selbst zu tun.
Die Serien "Girls" und "Fleabag" haben sie berühmt gemacht: die chaotische, neurotische und irgendwie doch herzensgute Mitte-20-Jährige auf Sinn-, Liebes- und Identitätssuche. "Oh Hell" ist ein bisschen die deutsche Variante davon, eine Miniserie, die jetzt bei Warner TV Comedy zu sehen ist.
Mala Emde spielt in dieser Comedy die 24-jährige Helene, die von ihren meisten Mitmenschen nur "Hell“ genannt wird – und das nicht ohne Grund: Während ihre Freundin Maike wahnsinnig erfolgreich und selbstoptimiert lebt, stapft sie durch jeden Fettnapf und lässt kaum eine Katastrophe aus.

Protagonistinnen, die ihre eigene Geschichte erzählen

Geschrieben hat "Oh Hell" der Chef-Autor der Comedy-Serie "Jerks", Johannes Boss. Gespielt wird Helene von Mala Emde. Im September gabs den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie "Beste Comedy-Serie".

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"Sehr, sehr gefreut" habt sich Mala Emde über die Auszeichnung, erzählt sie. Sie habe lange Zeit nur Dramen gemacht, "Oh Hell" ist ihre erste Komödie.
"Als ich angefangen habe, war es mir so wichtig, ernst genommen zu werden", sagt sie auf die Frage, warum sie bislang nur in Dramen zu sehen war. "Man ist nicht die junge, schöne Frau, die so der Spielball wird. Mir war es wichtig, Protagonistinnen darzustellen, die ihre eigene Geschichte darstellen, die Heldinnen sind. Das führte dazu, dass ich sehr viele Dramen gespielt habe.“

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Künstlerinnen wie Greta Gerwig, Phoebe Waller-Bridge oder Michaela Coel hätten ihr aber gezeigt, dass man wichtiges, das einen beschäftigt, durch die Komödie auf eine wundervolle Weise an die Zuschauer*innen transportieren kann.

Da wurde meine Lust geweckt, und ich habe mir vorgenommen: Ich möchte eine gute Komödie machen.

Bei den Drehbüchern für "Oh Hell" habe sie gedacht: "Das ist es, das ist die Komödie, auf die ich gewartet habe." Ihre Figur Helene ist sehr besonders. Sie gehe in eine Situation und kreiere eine Katastrophe. Und habe das ungeschriebene Gesetz: Ich darf nicht als Verliererin aus dieser Situation herausgehen. 

Seltsam im Sinne von Menschsein

In der Folge baue sie irgendwelche Notlügen, Notgeschichten auf. Das sei wie eine Wasserflasche, die man immer mehr aufschüttelt: Man muss nur warten, bis sich der Korken löst. "Irgendwann wird es eine Katastrophe geben."
Mala Emde und ihr Team von Oh Hell erhalten den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie Beste Comedy-Serie.
Glückliche Gesichter: Mala Emde (Mitte) und ihr Team von Oh Hell erhalten den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie Beste Comedy-Serie. © picture alliance / SvenSimon / Malte Ossowski / SVEN SIMON
"Ich erkenne in Helene wahnsinnig viel mich selber wieder", sagt Mala Emde. "Ich finde uns Menschen eigentlich alle sehr, sehr seltsam." Die Serie zeige das Spiel zwischen: Wie gut können wir verstecken, wie wir wirklich sind? Was macht uns als Menschen aus?

Insofern würde ich sagen: Helene ist seltsam im Sinne von Menschsein.

Mala Emde über ihre Figur Helene

Von der Sehnsucht, auszubrechen

"Diesen Perfektionismus, den wir uns alle antrainieren, das durchschaut sie", sagt Emde. "Das ist wahnsinnig sympathisch, dafür liebt man sie." Es gebe eine Sehnsucht in uns allen, auszubrechen. Die Sehnsucht nach dem Rock'n'Roller, der sagt: "Fuck the System and create your own."
Das erwachse auch aus Opposition zu anderen Lebensentwürfen. Es habe ihr "wahnsinnig viel Spaß gemacht, Helene zu kreieren", sagt Mala Emde, weil man andere Wege finde, das eröffne ganz viele Möglichkeiten: "Im Endeffekt ist Helene kein fauler Mensch. Sie hat so viel Energie, dass sie die Kraft hat, diese Umwege zu gehen und deswegen nicht die leichteste Antwort sagt, sondern eine kompliziertere, verspieltere Antwort findet."
Im Callcenter: Helenes Studium läuft nicht ganz so wie gedacht. Im Bild Helene, die Figur der Schauspielerin Mala Emde, hinter den Trennwänden eines Callcenters.
Im Callcenter: Helenes Studium läuft nicht ganz so wie gedacht. © Magenta TV

Körperlichkeit als Ausdrucksform

Ein wichtiger Teil ihrer Rolle war die Körperlichkeit ihrer Figur Helene. "Ich glaube fest daran, dass unsere Körper so viel mitteilt über das, was wir sind und eigentliche viel ehrlicher ist in der Sprache", sagt Mala Emde.

Ich kann jetzt so klug daherreden. Im Endeffekt, wenn Du meinen Körper sehen würdest, wüsstest Du viel mehr über mich als nur über meine Sprache.

Schauspielerin Mala Emde

In der Vorbereitung habe sie gemerkt: Wenn ich pinkeln muss, wenn ich sehr, sehr dringend auf Toilette gehen muss, komme ich dieser Figur sehr viel näher. Prompt habe sie eine andere Körperlichkeit und müsse anders sprechen. Das wiederum dürfe sie sich – 1. Gesetz der Helene – nicht anmerken lassen. 

"Darunter ist ein großer See von Traurigkeit"

Bei allem Spaß im Zusammenspiel mit Schauspiel-Kollege Edin Hasanović sei der Dreh durchaus fordernd gewesen, erzählt Emde.
"Komödie ist viel mehr Musik, es ist wie eine Komposition. Darum ist Rhythmus so wichtig." Man müsse den Rhythmus finden und alle zusammen müssten auf einen Punkt zusammentreffen. Und: "Helene hat dieses fiese Energielevel und kämpft, und kämpft, und kämpft. Darunter ist ein großer See von Traurigkeit und Einsamkeit." Das dürfe aber nicht zutage treten. Darum müsse man die ganze Zeit rudern wie ein Meerschweinchen, das man in die Badewanne setzt.

Mala Emde, die Hauptdarstellerin der Serie „Oh Hell“, die jetzt bei Warner TV Comedy zu sehen ist, immer montags um 20 Uhr 15 in Doppelfolgen.

(ros)
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