Serie "I May Destroy You"

Rekonstruktion einer Vergewaltigung

06:17 Minuten
Zwei Frauen sitzen nebeneinander auf einer Bank, eine schaut dabei auf ihr Smartphone, die andere in Richtung der Kamera.
Michaela Coel hat "I May Destroy You" nicht nur geschrieben und produziert, sie spielt auch die Hauptfigur "Bella" (links). © Home Box Office, Inc.
Jenni Zylka im Gespräch mit Johannes Nichelmann · 19.10.2020
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Kann eine Serie, in der es um sexuellen Missbrauch geht, lustig sein? In “I May Destroy You” verarbeitet die britische Künstlerin Michaela Coel ihre eigene Erfahrung einer Vergewaltigung mit K.o.-Tropfen – und setzt auf bitteren Humor.
Die Autorin Arabella Essiedu, kurz Bella, hat gerade einen feministischen Bestseller geschrieben. Sie arbeitet am schwierigen zweiten Buch und geht – um der Schreibblockade zu entfliehen – feiern. Am nächsten Tag wacht sie vor ihrem Computer auf und erinnert sich vage, dass sie vergewaltigt wurde, nachdem ihr K.o.-Tropfen in den Drink gekippt wurden. Diese Erfahrung sexualisierter Gewalt ist der Ausgangspunkt der britischen Serie "I May Destroy You", die ab diesem Montag bei Sky Deutschland zu sehen ist.
Bella versucht im Folgenden, das Vorgefallene zu rekonstruieren. Aber auch ihre Vergangenheit, die Beziehung zu ihrem Vater, und wie Bella als schwarze feministische Autorin von ihrem Verlag ausgenutzt wird, spielen in "I May Destroy You" eine Rolle. "Es geht in dieser Serie um Missbrauch auf ganz vielen verschiedenen Ebenen", sagt Kritikerin Jenni Zylka. Die Serie erzähle davon mit einem sehr bitteren, energetischen und oft sehr überspitzten Humor.

Serien-Mastermind Michaela Coel

Wesentlich verantwortlich für die zwölfteilige Produktion ist eine einzige Person: Die britische Schauspielerin, Slam-Poetin und Musikerin Michaela Coel hat die Geschichte geschrieben, produziert, teilweise inszeniert und spielt auch noch selbst die Hauptrolle. Coel ist selbst Opfer einer Vergewaltigung mit K.o.-Tropfen geworden.
"Das hat also eine sehr dunkle Authentizität, die man auch wirklich wahrnimmt", so Zylka und hebt hervor, wie echt die manchmal schrill scheinende Figur der Bella wirke: "An ihren Reaktionen wirkt nichts ausgedacht oder übertrieben."
Auch die anderen Figuren sowie ihre Darstellerinnen und Darsteller haben Zylka überzeugt. Ohne didaktisch zu sein, erkläre die Serie außerdem ganz natürlich und wie nebenbei viele Dinge über sexuellen Missbrauch und seine Folgen. "Das ist eine der authentischsten Serien, die ich in der letzten Zeit gesehen habe. Mich hat sie wirklich sehr überzeugt."
(jfr)
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