Sensationsfund in Südafrika

Fossilien einer bislang unbekannten Menschenart entdeckt

Das Skelett eines Homo naledi ist an der Witwatersrand-Universität in Johannesburg ausgelegt
Das Skelett eines Homo naledi ist an der Witwatersrand-Universität in Johannesburg ausgelegt © picture alliance / dpa / John Hawks / University Of Wisc.
Von Leonie March · 10.09.2015
Ein guter Kletterer, ein ausdauernder Wanderer und ein hübscher Kerl sei der "Homo naledi" gewesen, vermutet das Forscherteam um Lee Berger, das seine Knochen in einem Höhlensystem in Südafrika gefunden hat. Die Wissenschaftler sind überzeugt: Sie haben eine neue frühe Menschenart gefunden. Doch es gibt Skeptiker.
Er hat einen Applaus verdient dieser bislang unbekannte menschliche Vorfahre. Ein hübscher Kerl, scherzt Lee Berger voller Stolz. Für den Paläoanthropologie-Professor der südafrikanischen Witwatersrand Universität und sein internationales Team ist dieser Fund die Krönung jahrelanger Forschung.
"Wir haben ihn Homo naledi genannt. Naledi bedeutet Stern. Das ist eine Hommage an das Höhlensystem 'Rising Star' nördlich von Johannesburg, in dem wir diese frühmenschlichen Überreste entdeckt haben. Es ist die größte Ansammlung derartiger Fossilien, die je in Afrika gefunden wurden. Darunter mehr als 15 Individuen unterschiedlichen Alters."
Frauen und Männer, Kinder und Alte. Nach ersten Schätzungen über zweieinhalb Millionen Jahre alt. Das genaue Alter muss jedoch noch bestimmt werden. Berger will unter anderem DNA-Proben nehmen. Die Anatomie lege bereits nahe, dass der Homo Naledi ein guter Kletterer und ein ausdauernder Wanderer gewesen sei.
"Sie haben ein sehr kleines Gehirn, nicht viel größer als eine Orange. Sie sind etwa anderthalb Meter groß und zierlich mit menschenartigen Armen aber affenähnlichem Brustkorb. Ihre Finger sind primitiv und stark gebogen. Ihre Beine und Füße aber sehen wieder sehr menschlich aus. Diese Kombination wurde bislang bei keinem Fossil gefunden."
Fund im schwer zugänglichen Höhlensystem
Berger ist deshalb überzeugt: Er hat eine neue frühe Menschenart gefunden. Eine Sensation sei auch der Fundort selbst: Die Fossilien des Homo Naledi wurde in einem schwer zugänglichen Höhlensystem in der Region gefunden, die als Wiege der Menschheit bekannt ist. In einer Art Grabkammer 40 Meter unter der Erde.
"Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass diese menschlichen Urahnen ihre Toten bestattet haben. Sie haben sie absichtlich an diesen Ort gebracht. Bisher war man davon ausgegangen, dass dies nur wir Menschen tun; dass uns dieses Verhalten kennzeichnet. Aber nun wissen wir, dass das nicht so ist."
Sein Teamkollege, der amerikanische Anthropologe John Hawks drückt sich etwas vorsichtiger aus: Die Rätsel, die dieser bedeutende Fund aufgebe, würden Wissenschaftler wohl noch jahrzehntelang beschäftigen. Schon jetzt gibt es Skeptiker: Die These von einem frühmenschlichen Bestattungsritual könne noch nicht belegt werden. Ohne eine genaue Altersangabe sei es außerdem verfrüht von einer neuen Art zu sprechen, zitiert der britische "Guardian" Anthropologen aus den USA und der Schweiz. Bei den Fossilien handele es sich eventuell nur um eine Unterart des bereits bekannten Homo Erectus. Doch diese kritischen Stimmen können die Feierstimmung in Südafrika heute nicht trüben.
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