Selbstzufriedene Spielfreude

Von Bernhard Doppler |
Zotige Reime und Witze kommentieren das Geschehen vor der rosafarbenen Tapetenwand. Sie entsprechen dem Charme und Glanz der müden Pointen, mit denen sich eine gut gebaute Operette durch den Theaterabend hangelt. Doch sonst scheint man in Karin Neuhäusers Frankfurter Inszenierung der "Fledermaus" solcher Art von Komik wenig zu vertrauen. Man setzt ganz auf die selbstzufriedene Spielfreude der Schauspieler.
Von ganz oben über der rosafarbenen Tapetenwand kommentieren Statler und Waldorf, die zwei älteren Herrn aus der Muppet-Show (Wolfgang Gorks und Falilou Seck) immer wieder mit harmlos zotigen Reimen und Witzen von Robert Gernhardt das Geschehen auf der Bühne. Ein einleuchtender Zusatz zu Johann Strauß' Operette!

Die Verse Robert Gernhardts entsprechen Charme und Glanz der müden, oft absurden Pointen, mit denen sich eine gut gebaute Operette durch den Theaterabend hangelt. Doch sonst scheint man in Karin Neuhäusers Frankfurter Inszenierung der "Fledermaus" solcher Art von Komik wenig zu vertrauen, man setzt ganz auf die selbstzufriedene Spielfreude der Schauspieler.

Dem Publikum teilt sie sich allerdings nicht immer mit, ja man fühlt sich bisweilen wie der russische Prinz Orlowsky, dessentwegen ja die Intrige in der "Fledermaus" angezettelt wird: Welch Vermögen gäbe Orlowsky dafür, wenn er nur einmal lachen könnte!

Die Frankfurter Schauspieler strampeln sich dafür kräftig ab. In lustigen Verkleidungen sind sie bereits, ehe der Maskenball bei Orlowsky beginnt: Gefängnisdirektor Frank reitet etwa als Sheriff ein. Auch schleicht ein giftgrüner Frosch bereits im ersten Akt über die Bühne, Auftrittsapplaus erheischend, der dann sehr zaghaft auch gewährt wird.

Allenfalls der sehr schmierige Notar Falke (Matthias Redlhammer) entlockt ein kleines Lächeln, später auch, dass sich Eisenstein und Gefängnisdirektor nicht als Franzosen, sondern gleich als Gallier, als Asterix und Obelix, beim Maskenball kostümieren. (Falke und Eisenstein waren zuvor Batman und Spiderman gewesen, wie ein Video beim Vorspiel zeigt). Doch zu oft läuft der Spaß ins Leere.

Konsequent ist die Frankfurter "Fledermaus" Schauspielertheater. Als Ausflug ins Musiktheater wird man sie, wie es zur Zeit bei derartigen Sprechtheaterproduktionen oft geschieht, kaum bezeichnen können: Stellen die Partien zu hohe musikalische Anforderungen, werden Duette und Terzette nämlich deklamiert und - nicht weiter irritierend - auch ganz andere Musiknummern zu Johann Strauß, begleitet von einer sechsköpfigen Band unter Matthias Finke, dazu montiert. Vom "Eisgekühlten Bommerlunder", über Udo Lindenberg bis zu amerikanischen Songs der 60er Jahre. Rosalinde verkleidet sich auch nicht als Ungarin, sondern als Cowgirl.
Womöglich haben die großen interpretierenden Regiekonzepte inzwischen ausgedient, mit denen vor zehn Jahren Marthaler, Castorf, Flimm, Berghaus, Konwitschny in ihren Operetteninszenierungen überzeugend die Untiefen der bürgerlichen Gesellschaft ausgelotet haben: Das fidele Gefängnis der Ehe ("Fideles Gefängnis" ist der Untertitel der "Fledermaus"), das Glück, vergessen zu können, die Erschöpfung im Wunsch sich zu amüsieren.

Aber als Alternative zu solchen Konzepten bleibt die pure Spielfreude in Neuhäusers Inszenierung dürftig und selbstbezogen naiv. Angenehm überrascht der kurze dritte Akt nach der Pause. Mechthild Grossmann, bekannt vom "Tatort" aus Münster, gibt als Gefängnisdiener mit ihrer rauen Stimme Rapport. Auch endet das Finale überzeugend leise. Auf den Kater und die Kopfschmerzen nach dem alkoholseligen Fest weiß man Rücksicht zu nehmen.