Seifenschaum auf der RUHR.2010

Von Klaus Englert · 08.01.2010
Raumlabor Berlin baut temporäre Architekturen für eine sich verändernde Stadt. Auf Essener Zeche Zollverein verdeutlichen das die Architekten Manfred Eccli, Francesco Apuzzo mit der kreativen Rauminstallation "Soap Opera". Mit der Musik von Bruno Franceschini machen sie daraus eine audiovisuelle Installation.
Die Essener Zeche Zollverein galt einst als unzugänglich für den Normalbürger. Assoziiert wurde sie mit Kohleflözen, Fördertürmen und Staublungen. Doch der kulturelle Wandel ergriff auch Zollverein. Mittlerweile wurde die ehemalige Stätte der Maloche zum Weltkulturerbe geadelt.

Wo die Bergleute früher aus den Schächten in die Waschkaue hinauffuhren, ist heute die audiovisuelle Installation "Soap Opera" der Berliner Architekten von "Raumlabor" zu bestaunen: Die Musik stülpt sich wie ein assoziativer Klangteppich über einen leuchtenden Nebel aus Seifenblasen, der an den Wänden der Waschkaue und unter den Bandbrücken der Zeche Zollverein entlang wabert.

In der Waschkaue ist heute das Tanzhaus PACT Zollverein beheimatet. "Soap Opera" wird hier während der Eröffnungsveranstaltung von RUHR.2010 am Wochenende uraufgeführt, erzählt Architekt Manfred Eccli.

"Nachdem die Zeche geschlossen worden ist und die Umstrukturierung stattfand, das war eine Art Reinigungsprozess für den Ort, jetzt noch verstärkt durch die Kulturhauptstadt. Und da haben wir uns gedacht, wir nehmen das auf. In Bezug zur Waschkaue haben wir gesagt: Wir machen Schaum.'"

Aber wie lassen sich Schaumgebilde künstlerisch herstellen? Wie gewinnt man eine Substanz, die leicht und beweglich wie Seifenblasen ist? Die frostige Witterung im Ruhrgebiet soll dem Schaummaterial ja nichts anhaben dürfen. Manfred Eccli und sein Partner Francesco Apuzzo von "Raumlabor" haben sich gefragt:

"Wie wollen wir jetzt den Schaum darstellen? Und so sind wir auf Luftballone gekommen. Wir sind jetzt soweit, dass wir 5000 Luftballone haben, die von 500 Heliumballons getragen werden. Das Prinzip ist, dass man 500 Säulen schafft, wobei jede Säule von einem Heliumballon getragen wird und ein Jutesack, der mit Sand gefüllt ist, der trägt diese Säule."

Die Schaumstruktur kriecht aus dem Eingang des PACT-Tanzhauses hinaus, schlängelt sich eine Gasse entlang, die mächtige Mauerwerke einfassen, und endet auf einem offenen Platz, den Bandbrücken überdecken. Eccli stellt klar, dass er sich die "Soap Opera" keineswegs als eine amorphe Masse vorstellt:

"Es gibt eine Grundhöhe, das sind drei bis vier Meter. Dann werden wir kleinere Ballons dazugeben, die geben eine Krümmung dem Ganzen, dass man mehr zu dieser Form von Schaum hinkommt. Es wird auch Räume darin geben, es wird auch Wege dadurch geben, sodass man Bereiche hat, die dichter sind, und andere, die breiter gefächert sind, wo man auch reingehen kann und unterschiedliche Blicke dann auch hat."

Wer das Gebilde von Weitem betrachtet, kann wirklich auf die Idee kommen, aus der einstigen Waschkaue seien Unmengen Seifenschaum entwichen. Die feste Schneedecke tut ihr übriges, um diesen Eindruck hervorzurufen. Manfred Eccli scheint aber noch immer nicht ganz zufrieden zu sein. Er spielt mit dem Gedanken, den Effekt während der anstehenden Eröffnungsfeier zusätzlich mit Bodennebel zu verstärken.

"Wir werden das experimentieren und sehen, ob das auch bei diesen Temperaturen klappt."

"Raumlabor" hat erst kürzlich eine heruntergekommene U-Bahn-Station, einen durch Verkehrsschneisen durchzogenen Unort bei Mülheim, in ein unkonventionelles Opernhaus verwandelt. Und damit einen von Vandalismus bedrohten Stadtteil kulturell aufgewertet. Ähnliches gelang den Architekten im letzten Sommer mit dem "Küchenmonument", einem gewaltigen, aufblasbaren Gebilde auf dem Vorplatz der Frankfurter Kunsthalle Schirn. Binnen kürzester Zeit versammelte die Rauminstallation wildfremde Menschen zu gemeinsamem Umtrunk und Plausch. "Raumlabor" versteht all diese Projekte als kreatives Aneignen von öffentlichem Raum. "Soap Opera" auf der winterlichen Zeche Zollverein ist selbstverständlich ein ganz anderes Spektakel. Doch ihrer Devise sind die Berliner Architekten auch in Essen treu geblieben.