"Sehr glücklich, dass ich diesen Weg gegangen bin"

Von Jonathan Scheiner · 16.11.2012
Ithay Khen gilt als einer der besten Cellisten und war seiner Zeit schon immer ein wenig voraus. Bereits Anfang der Neunzigerjahre ist er zum Studieren nach Berlin gezogen, als einer der ersten israelischen Musiker. Während die Stadt inzwischen für klassische Musiker aus Israel regelrecht kolonialisiert wird, ist Ithay Khen schon wieder weitergezogen.
Der Mann, der hier einen feurigen Csárdás spielt, das ist der Cellist Ithay Khen. Selbst berühmte Kollegen beschreiben sein Spiel als "wunderschön, sensibel und vollkommen”. Ithay Khen kommt aus Israel, lebt aber schon seit Anfang der Neunzigerjahre in Berlin.

Damals war er noch einer der ersten israelischen Musiker, die sich in der deutschen Hauptstadt niedergelassen haben. Während heutzutage ein Wohnsitz in Berlin unter klassischen Musikern ja fast schon zum guten Ton zählt, so ist Ithay Khen schon wieder weitergezogen: nach Braunschweig, der Liebe wegen.

Doch einen Koffer, den hat Ithay Khen noch immer in Berlin. Die Stadt hat eine bedeutende Rolle in seiner Karriere gespielt. Schon als 16-Jähriger war er in die Celloklasse der renommierten Rubin Academy in Tel Aviv aufgenommen worden - und das, obwohl er zu diesem Zeitpunkt Israels schnellster Schwimmer in seiner Altersgruppe war. Doch dann lockte Berlin in Form der Akademie der Künste und später der Hochschule für Musik Hanns Eisler.

Noch als Student wurde er Stipendiat der Herbert von Karajan-Orchesterakademie des Berliner Philharmonischen Orchesters. Später hat er mit den Philharmonikern zahlreiche Konzerte und Tourneen absolviert oder hat - mit einzelnen Mitgliedern des Orchesters - Kammermusik gespielt. Eine Zeit, die Ithay Khen tief geprägt hat.

"Sehr oft werde ich gefragt, warum ich nicht im Orchester spiele. Ich war viele Jahre im Orchester, schon in Israel, es war lang genug um festzustellen, dass ich mich im Orchester nicht wohlfühle. Irgendwann habe ich die Entscheidung getroffen, ich will das so nicht mehr machen, ich schaffe das alleine nicht weniger gut als mit Orchester. Ich kann mein Programm, wie mit Adi Bar zusammen, alleine gestalten und entscheiden, was ich spiele und wie ich spiele.

Ich mag mich nicht immer unterordnen. Ich kann nicht sagen, was ist besser, was ist schlechter, das ist immer sehr individuell. Jeder muss das für sich wissen, ich bin aber mit diesem Weg sehr zufrieden und sehr glücklich, dass ich diesen Weg gegangen bin."

Als freischaffender Musiker hat Ithay Khen die freie Wahl, sich sein Repertoire auszusuchen. Darunter ist auch viel Jüdisches wie etwa die "Sepharadische Melodie” vom israelischen Komponisten Paul Ben Haim oder Werke von Michael Wolpe, Max Bruch oder Joseph Achron.

Diese Komponisten spielt Ithay Khen mit seinem Trio Stern, das aus dem israelischen Pianisten Adi Bar und der Geigerin Maria Azova besteht. Das Programm des Trios, das nennt sich treffenderweise "Reise von Berlin nach Jerusalem".

"Ich spiele mit verschiedenen Besetzungen, nicht nur mit Adi, aber das ist eine sehr interessante Besetzung, weil wir konzentrieren uns auf die jüdische Musik, die hier geschrieben war, Komponisten, die hier geboren waren und die nach Israel emigrierten.

Ich habe schon eine gewisse Sentimentalität in meinem Charakter, aber so sentimantal bin ich nicht, dass ich sage, ich widme mein Leben für die israelischen Komponisten.

Aber da ich von dieser Musik auch komme, mit israelischen Musik, mit der ich auch aufgewachsen bin. Mein Professor in Tel Aviv war Uzi Wiesel und der war ein sehr guter Freund von Paul Ben Haim...also war es nur natürlich, dass ich immer wieder zu dieser Musik zurückkehre - und das auch sehr stark in mein Repertoire integriere."

Doch Ithay Khens erster Cellolehrer, das waren nicht etwa Uzi Wiesel oder Paul Ben Haim, sondern das war sein Vater Uri Khen. Ein fleißiger Mann, wenn es darum geht, Kinder für das Cello zu begeistern oder das Jugendorchester eines Kibbuz zu leiten. Noch heute, mit 76 Jahren, geht er dieser Profession nach. Kein Wunder also, dass Ithay Khens großes Vorbild nicht etwa Pablo Casals oder der berühmte Rostropowitsch ist. Sein großes Vorbild, das ist sein Vater.