Sehnsucht nach dem Meer
Vorgestellt von Johannes Kaiser · 05.07.2005
Sie ist beileibe keine Unbekannte, die deutsche Ostseeküste in Ost wie West. Schon immer lockte sie Heerscharen von Urlaubern, faszinierte Schriftsteller und Maler. Seit der Wende jedoch boomt der Tourismus wie nie, quellen die Strandbädern in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern vor Sonnenanbetern und Meeressüchtigen geradezu über. Zur rechten Urlaubszeit erschienen im Rostocker Hinstorff Verlag schöne Bildbände.
Die Ostsee hat schon immer die Menschen angezogen und bezaubert. Nur eines bleibt ihnen bis heute verwehrt: sich über sie zu erheben, wie das jedes Jahr Millionen Zugvögel vorführen, die jedes Frühjahr und jeden Herbst in den grünen Salzwiesen und seichten Bodden, den dichten Schilfgürteln und angeschwemmten Sandinseln einfallen und Kraft sammeln.
Der Fotograph Jochen Knobloch hat sich diesen Traum erfüllt, sich in die Luft geschwungen und aus einem sehr langsam fliegenden Motorsegler atemberaubend schöne Aufnahmen der deutschen Ostseeküste von Flensburg bis Usedom geschossen, fast ist man versucht zu schreiben, gemalt, denn die Bilder glänzen in sommerlich satten Farben, bisweilen vom Abendlicht in Weichzeichnerrot getaucht. Aus der Höhe von 1000 bis 9000 Fuß wirken sogar die Eingriffe des Menschen in die Landschaft, seine steinernen Städte und Dörfer, eisernen Brücken und Häfen, grauen Asphaltbänder spielzeugartig niedlich und vertraulich. Kein Lärm, kein Gestank, kein Müll trübt das Idyll. Selbst Plattenbau und Hochhausbeton, Industriehalden und Lagertanks verlieren aus der Vogelflugperspektive ihre bodenständische Hässlichkeit und graue Funktionalität.
Alles bekommt aus weiter Ferne etwas Possierliches, Liebenswertes, Staunenswertes. Mit dem Finger fährt man über Strände und Häuser: hier war ich schon mal. Dieser Widererkennungseffekt wird durch die gut gewählte Perspektive und die richtige Flughöhe des Fotografen erreicht.
Das Auge verweilt an den wellenbestürmten Kreidefelsen, den weißen Fahrtstreifen winziger Spielzeugsegler, den Schattenwürfen der Wälder, den ausgefransten Küstenlinien. Grandiose Panoramen im DIN A 4 Format, die Lust machen, sofort auszubrechen. Und das sehr poetische Vorwort des Berliner Schriftstellers Joachim Walter tut ein Übriges, das Verlangen zu wecken, die Füße sofort in die Ostsee zu tauchen. Vielleicht im östlichen Fischland Darß.
Diesmal statt aus der Vogelperspektive in Augenhöhe und Nahaufnahme. Das erlaubt der andere, kleinere Bildband aus dem Hinstorff Verlag. Der hebt nicht ab, bleibt auf der Erde. Der Fotograph Thomas Grundner nimmt uns mit in die Landschaft der Halbinsel mit dem bizarr geformten Harken und seine dynamischen Strandlinie, die jedes Jahr anders ausfällt. Die Geschichte dieses Ferienidylls vieler Berliner Künstler hat Bernd Siegmund freundlich kenntnisreich und anekdotenprall erzählt. Auch wenn der Farbband Fischland Darß Zingst etwas kleinformatiger ausgefallen ist und nur halb so viele Bildern bietet wie der luftige Bruder, er steht ihm größeren in Nichts nach, ist ebenso stimmungsvoll, detailreich, farbenprächtig, sehnsuchtsmächtig und für keine zehn Euro fast geschenkt.
Jochen Knobloch/Joachim Walther: Im Flug über die Deutsche Ostseeküste
Hinstorff Rostock 2005
108 Seiten, 34.90 Euro
Bernd Siegmund/Thomas Grundner: Fischland Darß - Zingst
Hinstorff Rostock 2005
64 Seiten, 9.90 Euro
Der Fotograph Jochen Knobloch hat sich diesen Traum erfüllt, sich in die Luft geschwungen und aus einem sehr langsam fliegenden Motorsegler atemberaubend schöne Aufnahmen der deutschen Ostseeküste von Flensburg bis Usedom geschossen, fast ist man versucht zu schreiben, gemalt, denn die Bilder glänzen in sommerlich satten Farben, bisweilen vom Abendlicht in Weichzeichnerrot getaucht. Aus der Höhe von 1000 bis 9000 Fuß wirken sogar die Eingriffe des Menschen in die Landschaft, seine steinernen Städte und Dörfer, eisernen Brücken und Häfen, grauen Asphaltbänder spielzeugartig niedlich und vertraulich. Kein Lärm, kein Gestank, kein Müll trübt das Idyll. Selbst Plattenbau und Hochhausbeton, Industriehalden und Lagertanks verlieren aus der Vogelflugperspektive ihre bodenständische Hässlichkeit und graue Funktionalität.
Alles bekommt aus weiter Ferne etwas Possierliches, Liebenswertes, Staunenswertes. Mit dem Finger fährt man über Strände und Häuser: hier war ich schon mal. Dieser Widererkennungseffekt wird durch die gut gewählte Perspektive und die richtige Flughöhe des Fotografen erreicht.
Das Auge verweilt an den wellenbestürmten Kreidefelsen, den weißen Fahrtstreifen winziger Spielzeugsegler, den Schattenwürfen der Wälder, den ausgefransten Küstenlinien. Grandiose Panoramen im DIN A 4 Format, die Lust machen, sofort auszubrechen. Und das sehr poetische Vorwort des Berliner Schriftstellers Joachim Walter tut ein Übriges, das Verlangen zu wecken, die Füße sofort in die Ostsee zu tauchen. Vielleicht im östlichen Fischland Darß.
Diesmal statt aus der Vogelperspektive in Augenhöhe und Nahaufnahme. Das erlaubt der andere, kleinere Bildband aus dem Hinstorff Verlag. Der hebt nicht ab, bleibt auf der Erde. Der Fotograph Thomas Grundner nimmt uns mit in die Landschaft der Halbinsel mit dem bizarr geformten Harken und seine dynamischen Strandlinie, die jedes Jahr anders ausfällt. Die Geschichte dieses Ferienidylls vieler Berliner Künstler hat Bernd Siegmund freundlich kenntnisreich und anekdotenprall erzählt. Auch wenn der Farbband Fischland Darß Zingst etwas kleinformatiger ausgefallen ist und nur halb so viele Bildern bietet wie der luftige Bruder, er steht ihm größeren in Nichts nach, ist ebenso stimmungsvoll, detailreich, farbenprächtig, sehnsuchtsmächtig und für keine zehn Euro fast geschenkt.
Jochen Knobloch/Joachim Walther: Im Flug über die Deutsche Ostseeküste
Hinstorff Rostock 2005
108 Seiten, 34.90 Euro
Bernd Siegmund/Thomas Grundner: Fischland Darß - Zingst
Hinstorff Rostock 2005
64 Seiten, 9.90 Euro