Einmal um die Welt
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Boris Herrmann hat Greta Thunberg über den Atlantik gebracht. Sein erster Versuch, den Globus zu umsegeln, ist am Wetter gescheitert. Jetzt versucht er es noch einmal bei der Vendée Globe, der härtesten Einhandregatta der Welt.
Hamburg, an der Außenalster. Es ist ein wenig windig, es ist kühl, in gebührendem Abstand auf der Terrasse des Hamburger Segelclubs, gegenüber: der Mann mit kurzem Bart, einer blauen Wollmütze, links der Schriftzug seines Bootes, Malizia, rechts ein Anker in einem Kreis, Boris Herrmann. Er ist groß: "Ich glaube, 1,89 oder so", sagt er. Und das Gewicht? "85 Kilo."
Man muss allerdings nicht solch eine Figur haben, um die Welt zu besegeln, erklärt Boris Herrmann: "Wenn Sie sich das angucken, die meisten dieser französischen Hochseesegelprofis, die das dominieren, sind eigentlich eher gar nicht so hochgewachsene Leute, 1,60 Meter, 1,65 Meter ist Franck Cammas, einer, der die meisten Medaillen eingesammelt hat."
Eins werden mit dem Boot
Herrmann, inzwischen 39, segelt, sagt er, sein halbes Leben lang. "Wichtig war auch, die Regatta-Kultur erst mal zu erlernen, in der Jolle, kleine Boote, die man hier so auf der Alster sieht, Boote, die keinen Kiel haben, die man nachmittags segelt. Da habe ich dann Weltmeisterschaften gesegelt, Kieler Woche, um ein gutes Gefühl für ein Segelboot zu haben."
Von der Jolle auf Boote, die Millionen wert sind. "Meine erste richtige Hochsee-Regatta war dann mit 18 und mit 19 das Mini-Transat, allein über den Atlantik in einem Sechs-Meter-Fünfzig-Boot."
Vor 20 Jahren. Einhandsegeln. Der Segler als Pilot, das Boot kontrolliert von Elektronik, Radargeräten und Alarmsystemen, des Nachts Schlaf im Stundenrhythmus, ohne die Koje verlassen zu müssen.
"Man kommt schon in so einen Rhythmus rein, wo man wirklich eins wird mit dem Boot, mit der Wettervorhersage, mit der Entwicklung", erzählt Boris Herrmann. "Dann spürt der Körper quasi im Schlaf: Aha, jetzt ist wirklich mehr Wind, wie vorhergesagt, dann muss ich jetzt die Schot fieren, dann kann man auch mit einer tollen Energie zurückkommen."
Rennen um die Zukunft des Planeten
Einmal war er 100 Tage unterwegs, das war das Barcelona World Race. Und nun die Vendée Globe: Von Les Sables-d’Olonne – bei La Rochelle – entlang der Ostküste Südamerikas, ums Kap Horn, über den Pazifischen Ozean, das Kap der Guten Hoffnung, die Westküste Afrikas, zurück nach Les Sables-d’Olonne. Mit bis zu 70 Kilometern, 37, 79 Knoten übers Meer.
"Viele Jahre der Vorbereitung, wir haben einen Eigner, dem das Schiff gehört", sagt Boris Herrmann. Gerhard Senft, Stuttgarter Immobilienmakler.
"Dann haben wir Monaco, den Yacht Club Monaco, die Regierung von Monaco wie auch den Yacht Club als Hauptpartner für diesen gesamten Zeitraum. Wir haben ja auch eine Wissenschaftskampagne, und die verfolgen wir jetzt, um Aufmerksamkeit beim Klimawandel, beim Thema Schifffahrt und Nachhaltigkeit zu stiften: Dass wir in einem Wettlauf gegen die Zeit sind und in einem viel größeren Rennen um die Zukunft unseres Planeten - und dass da das Augenmerk drauf liegt."
Sein Team besteht aus knapp 25 Personen – inklusive seiner Frau Birte. In Zeiten von Corona sitzen wir drei Meter voneinander entfernt, kein Handschlag, sein Mikrofon ist desinfiziert.
"Wenn ich am 6. November positiv auf Corona getestet werde", erzählt Boris Herrmann, "werde ich vom Rennen ausgeschlossen. Und das ist für mich natürlich Sorge und Bedrohung, und daher halte ich mich von allen Leuten fern, nur in seltenen Fällen wage ich mich mal vor die Tür, so wie jetzt hier, das ist schade."
Unterwegs mit Greta Thunberg
Bleibt Greta. Respektive seine Gäste im August 2019 auf der Malizia II von Plymouth nach New York: Pierre Casiraghi, Co-Skipper und jüngster Sohn von Caroline von Hannover, ehemals Caroline von Monaco, Nathan Grossman, Filmemacher und Svante Thunberg, Gretas Vater.
"Mit Greta fand ich es sehr angenehm", sagt Boris Herrmann. "Sie ist kein Schnacker, das weiß man ja. Sie nimmt die Sachen doch relativ gelassen, also den Mut erst Mal zu haben und zu sagen: Ich bin noch nie gesegelt, aber ich vertraue dem jetzt einfach mal. Ein Hauptkritikpunkt war der, dass ich zurückfliege, während wir sie ja da rüber bringen mit dem Ziel, dass nicht geflogen wird, Stimmen, die hauptsächlich in Deutschland laut wurden. In der 'New York Times' war ein Artikel über die Kritik in Deutschland, was ist denn da los? Das, was wir erreichen wollten, eine politische Wirkung, eine Öffentlichkeitswirkung fürs Klimaproblem war ein großer Erfolg."
Ein bisschen hat er vor der nächsten Reise noch zu tun, Beratung von außen wird verwehrt. Wie sagt man unter Seglern? "Mast- und Schotbruch."