Seelische Zerstörungen
Nuruddin Farahs neuer Roman "Links" zu einer beklemmenden Studie der seelischen Zerstörungen durch einen Bürgerkrieg geworden. Der Autor versetzt den Leser in das Somalia nach dem Ende der Kämpfe, als eine Art fragiles Gleichgewicht des Schreckens herrscht und die Stadt langsam wieder zum Leben erwacht.
Die Heimat verließ Nuruddin Farah 1974 fluchtartig. Seine Romane waren in Somalia verboten worden, der damalige Diktator Barré hatte seine Tötung befohlen. Als nach dessen Sturz der Bürgerkrieg ausbrach und Mogadischu in Schutt und Asche versank, war an eine Rückkehr nicht zu denken. 1996 traute sich der Autor, zwischenzeitlich mit zahlreichen Preisen für seine im Exil entstandenen Romane ausgezeichnet, zum ersten Mal wieder in die halbwegs befriedete Landeshauptstadt zurück – eine mutige Entscheidung, hatte man ihm doch unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er zumindest bei einigen der Warlords unerwünscht war. Man nahm ihn denn auch prompt in Geiselhaft. Doch Farah kam unversehrt wieder frei.
Es sind eben diese Erfahrungen, die Nuruddin Farahs neuen Roman "Links" zu einer beklemmenden Studie der seelischen Zerstörungen durch einen Bürgerkrieg machen. Der Autor versetzt den Leser in das Mogadischu nach dem Ende der Kämpfe, als eine Art fragiles Gleichgewicht des Schreckens herrscht und die Stadt langsam wieder zum Leben erwacht. Jetzt wagt der seit 20 Jahren in New York lebende Jeebleh, in die Heimat zurückzukehren, um seiner verstorbenen Mutter ein anständiges Begräbnis auszurichten. Zudem möchte er einen alten Freund wiedertreffen. Ein wagemutiges Unterfangen, denn noch immer regieren Waffen die Stadt, wird aus Lust und Machtgier bedenkenlos getötet, kann ein falscher Blick das Leben kosten. Der Bürgerkrieg hat viele verrohen lassen, was der Heimkehrer schockiert schon am Flughafen miterlebt. Vor seinen Augen verabreden drei herumlungernde Jugendliche in zynischem Übermut ein Zielschießen auf ankommende Passagiere. Ein Junge stirbt völlig sinnlos. Lachend rasen die Mörder davon. Niemand verfolgt sie.
Fassungslos liest man die Schilderungen des alltäglichen Terrors und versucht mit dem Autor zu begreifen, wie in einem Bruderkrieg Menschlichkeit, Mitgefühl und Ehrfurcht vor dem Leben verloren gehen. Nuruddin Farahs Verstörung ist fast körperlich zu spüren.
Auch wenn der Roman mit der fast schon märchenhaften Befreiung eines entführten Mädchens und dem Rachegelüste befriedigenden Tod eines skrupellosen Scheusals endet - seine Grundstimmung ist alles andere als optimistisch. Wenn die dünne Schicht der Zivilisation und der Kultur abplatzt, wird der Mensch zum Barbar. Nur wenige widerstehen, lassen sich nicht von Machtrausch und Geldgier korrumpieren. Ihnen setzt der Schriftsteller ein Denkmal. Die moralische Wucht des Romans verstört noch tagelang - ein Meisterwerk über Zeiten der Gewalt.
Nuruddin Farah: Links. Aus dem Englischen von Inge Uffelmann. Suhrkamp Verlag. Frankfurt a. M. 2005. 364 Seiten, € 24,80.
Es sind eben diese Erfahrungen, die Nuruddin Farahs neuen Roman "Links" zu einer beklemmenden Studie der seelischen Zerstörungen durch einen Bürgerkrieg machen. Der Autor versetzt den Leser in das Mogadischu nach dem Ende der Kämpfe, als eine Art fragiles Gleichgewicht des Schreckens herrscht und die Stadt langsam wieder zum Leben erwacht. Jetzt wagt der seit 20 Jahren in New York lebende Jeebleh, in die Heimat zurückzukehren, um seiner verstorbenen Mutter ein anständiges Begräbnis auszurichten. Zudem möchte er einen alten Freund wiedertreffen. Ein wagemutiges Unterfangen, denn noch immer regieren Waffen die Stadt, wird aus Lust und Machtgier bedenkenlos getötet, kann ein falscher Blick das Leben kosten. Der Bürgerkrieg hat viele verrohen lassen, was der Heimkehrer schockiert schon am Flughafen miterlebt. Vor seinen Augen verabreden drei herumlungernde Jugendliche in zynischem Übermut ein Zielschießen auf ankommende Passagiere. Ein Junge stirbt völlig sinnlos. Lachend rasen die Mörder davon. Niemand verfolgt sie.
Fassungslos liest man die Schilderungen des alltäglichen Terrors und versucht mit dem Autor zu begreifen, wie in einem Bruderkrieg Menschlichkeit, Mitgefühl und Ehrfurcht vor dem Leben verloren gehen. Nuruddin Farahs Verstörung ist fast körperlich zu spüren.
Auch wenn der Roman mit der fast schon märchenhaften Befreiung eines entführten Mädchens und dem Rachegelüste befriedigenden Tod eines skrupellosen Scheusals endet - seine Grundstimmung ist alles andere als optimistisch. Wenn die dünne Schicht der Zivilisation und der Kultur abplatzt, wird der Mensch zum Barbar. Nur wenige widerstehen, lassen sich nicht von Machtrausch und Geldgier korrumpieren. Ihnen setzt der Schriftsteller ein Denkmal. Die moralische Wucht des Romans verstört noch tagelang - ein Meisterwerk über Zeiten der Gewalt.
Nuruddin Farah: Links. Aus dem Englischen von Inge Uffelmann. Suhrkamp Verlag. Frankfurt a. M. 2005. 364 Seiten, € 24,80.