Second Life: Virtuelle Welt und Marketinghoffnung

Von Kirsten Klümper |
Ein netter Einfall, genial verkauft. Seit Mitte 2003 ist die Welt von „Second Life“ online, und über wenige Internet-Projekte ist soviel geschrieben und geredet worden wie über das Angebot der US-Software-Firma Linden Lab zum virtuellen Zweitleben.
Wer sich heute dort anmeldet, muss sich zunächst Dinge überlegen wie: Welche Hautfarbe und welches Geschlecht will ich haben, welche Frisur und Kleider will ich tragen? So erschafft sich jeder Nutzer einen so genannten Avatar, eine individuell gestaltete Computerfigur, mit der er dann durch die 3D-Welt am Computer-Bildschirm laufen, fliegen oder auch beamen kann.

Tun und erleben kann dieses zweite Ich dort so ziemlich alles, was es in der Realität auch gibt: Durch Häuserschluchten, Parks und Geschäfte laufen, über Sprechblasen Smalltalk mit andere Computermännchen machen, Handel treiben, und in virtuellen Clubs tanzen.

Wer für sein reales Geld per Kreditkarte virtuelle Linden-Dollars kauft, der kann im „Second Life“ auch Shoppen gehen und seinem Avatar dann zum Beispiel Designer-Schuhe, ein Auto und eine Brustvergrößerung .

Mehr als 6 Millionen Menschen weltweit sind inzwischen bei der von Konsum und Spaß dominierten Onlinewelt registriert. Die große Zahl täuscht allerdings ein wenig, denn aktiv treiben sich rund um die Uhr immer nur einige 10.000 künstliche Ichs dort herum. Umfragen haben ergeben, dass die meisten Nutzer schon nach wenigen Besuchen genug haben vom zweiten Leben, danach sind sie nur noch Karteileichen.

Trotzdem haben nicht nur viele Unternehmen wie zum Beispiel BMW, Adidas, Sony BMG und seit kurzem die deutsche Post eigene Läden im Second Life. Auch Medienfirmen, Kulturinstitutionen, Universitäten und Konzertveranstalter haben die virtuelle 3D-Welt für sich entdeckt. Wer will, kann online die Säle des „Second Louvre“ durchstreifen, eine virtuelle Boulevard-Zeitung des Axel-Springer-Verlags lesen, oder zu einem virtuellen Konzert von Bands wie Juli oder von Star-Pianist Lang Luang gehen. Sie alle erhoffen sich vom „Zweiten Leben“ neue Markt- und Marketingchancen.