Sebastian Edathy

Gabriel wusste schon seit Oktober von den Vorwürfen

Von Frank Capellan · 13.02.2014
Bereits im Oktober 2013 erfuhr die SPD-Führung von den bevorstehenden Ermittlungen gegen Sebastian Edathy. Nun wird spekuliert, der Politiker könnte gewarnt worden sein. Dateien sollen gelöscht worden, Festplatten verschwunden sein.
Es klingt bürokratisch. Für die strafrechtliche Beurteilung ist es relevant. Möglicherweise auch für die moralische? Kinderpornos der "Kategorie 2" soll Sebastian Edathy bei einem kanadischen Anbieter gekauft haben, zwischen 2005 und 2010. Film- und Fotomaterial, auf dem sich Nacktaufnahmen von etwa 8- bis 14-jährigen Jungen finden, Aufnahmen allerdings, die keine sexuellen Handlungen zeigen und die daher nach deutschem Recht nicht strafbar sind. "Wer sich so etwas verschafft, ist auch zu anderem fähig" - nach dieser Devise reichen aber solche Hinweise für eine Durchsuchung. Kathrin Söfker, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover, wehrt sich gegen den Vorwurf Edathys, diese sei unverhältnismäßig gewesen.
"Jede Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und auch Durchsuchungsmaßnahmen setzen bestimmte Verdachtsgründe voraus, die hier sowohl von uns als auch von einem Gericht bejaht worden sind, das dann den Durchsuchungsbeschluss erlassen hat."
Führende Sozialdemokraten waren im Bilde
Spekuliert wird nun allerdings, Edathy könnte gewarnt worden sein. Dateien sollen gelöscht worden, Festplatten verschwunden sein. Klar ist mittlerweile, dass führende Sozialdemokraten schon im vergangenen Oktober darüber im Bilde waren, dass Ermittlungen gegen den Bundestagsabgeordneten drohen könnten. Hans-Peter Friedrich (CSU), damals Innenminister, hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel darauf hingewiesen, dass im Zuge von Ermittlungen gegen den kanadischen Kinderporno-Lieferanten auch der Name Edathy auftauchte.
Gabriel informierte den damaligen Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann, im Herbst noch parlamentarischer Geschäftsführer. Heute teilt Oppermann über eine schriftliche Erklärung mit, er habe sich den Sachverhalt in einem Telefonat mit Jörg Ziercke, dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, bestätigen lassen. Strafrechtliche Ermittlungen könnten bevorstehen, lautete die Auskunft, auch wenn ihm zunächst nichts Strafbares nachzuweisen sei.
"Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und ich haben uns darüber verständigt, die Informationen vertraulich zu behandeln, um mögliche Ermittlungen nicht zu gefährden", bekräftigt Oppermann. Schon vorgestern hatte Oppermann, mittlerweile Fraktionschef, öffentlich betont:
"Ich habe mit Herrn Edathy keinen Kontakt wegen dieser Ermittlungen gehabt. Er ist seit Anfang Januar krank gemeldet, er ist auch krank geschrieben. Über die Krankheit kann ich Ihnen keine Angaben machen."
Edathy erhebt schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft
Oppermann wehrt sich damit gegen Verdächtigungen, von SPD-Seite könnte Edathy gewarnt worden sein. Andere halten ihm vor, den unter Verdacht stehenden Abgeordneten zu früh fallen gelassen zu haben. Oppermann hatte auf Medienberichte reagiert, aber nicht erkennen lassen, dass er weitergehende Informationen hat.
"Es werden in der Öffentlichkeit Vorwürfe geäußert, das sind schwerwiegende Vorwürfe. Ich erwarte von den Ermittlungsbehörden, dass die umfassend, schnell und genau aufgeklärt werden."
Wo sich Sebastian Edathy derzeit aufhält, bleibt weiter unklar. Gestern allerdings hatte er schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft Hannover erhoben und betont, ihm könne nichts strafrechtlich Relevantes nachgewiesen werden. Edathy dürfte auch ohne Hinweise von Anderen geahnt haben, was auf ihn zukommen könnte, seit die Ermittlungen gegen den kanadischen Porno-Ring im November öffentlich geworden waren.
Nach Angaben eines Parteifreundes soll er in jenen Wochen "völlig aus der Spur" gewesen sein. Anfang des Jahres schließlich meldete sich der 44-Jährige für längere Zeit krank. Einer Aufhebung seiner Immunität kam er Ende letzter Woche zuvor, indem er sein Mandat mit sofortiger Wirkung niederlegte. Die Ermittler in Hannover verweigern in der Sache weiterhin jegliche Auskunft und bestätigen lediglich Hausdurchsuchungen und die Beschlagnahme von Rechnern.
Mehr zum Thema