"Live" läuft in dieser Woche beim Frankfurter Filmfestival "Lichter-on-demand" , der Online-Ausgabe dieses Festivals
Ein dystopischer Spielfilm zum realen Kultur-Shutdown
05:04 Minuten
Was vor vier Jahren als distopisches Drehbuch entstand, ist inzwischen Wirklichkeit: Der Film "Live" erzählt von einem gesellschaftlichen und kulturellen Shutdown - einer Zeit ohne Konzerte, Theater oder Sozialkontakte. Er ist beinahe eine Vorhersage.
Wie werden wir in einigen Jahren zurückblicken auf das Jahr 2020? Welche Folgen hinterlässt das Ausbleiben des kulturellen Lebens? Manchmal haben Filmemacher ein leises Gespür für Dinge, die sich ereignen werden. Die beiden Frankfurterinnen Lisa Charlotte Friederich und Rike Huy haben einen dystopischen Spielfilm gedreht, dessen Handlung sich jetzt liest wie ein gespenstischer Kommentar zur aktuellen Situation.
Der Film "Live" spielt in einer Zeit, in der es verboten ist, sich öffentlich mit mehr als 20 Leuten zu versammeln. Das bedeutet: Es gibt kein öffentliches Leben mehr, keine Theateraufführungen, keine Konzerte. In dieser Welt planen ein Musiker und dessen Schwester ein geheimes Konzert. Diese Situation mag uns jetzt absolut bekannt vorkommen. Aber "Live" ist keine Dokumentation der Gegenwart, sondern ein fiktionaler Spielfilm.
Der Film "Live" spielt in einer Zeit, in der es verboten ist, sich öffentlich mit mehr als 20 Leuten zu versammeln. Das bedeutet: Es gibt kein öffentliches Leben mehr, keine Theateraufführungen, keine Konzerte. In dieser Welt planen ein Musiker und dessen Schwester ein geheimes Konzert. Diese Situation mag uns jetzt absolut bekannt vorkommen. Aber "Live" ist keine Dokumentation der Gegenwart, sondern ein fiktionaler Spielfilm.
"Am Anfang dachten wir, es ist vorrübergehend"
So heißt es im Film: "Am Anfang dachten wir, es ist vorrübergehend: Die geschlossenen Schulen, die leeren Supermärkte, die Kontrollen, die Angst, die Konzerte ohne Publikum." Eine andere Protagonistin erklärt: "Ich hab seit einer Ewigkeit niemanden mehr angefasst".
Der Film war als Dystopie gedacht und ist jetzt Realität geworden. Es ist ein Film, den die Wirklichkeit mit voller Wucht eingeholt hat. Regisseurin Lisa Charlotte Friederich hatte vor vier Jahren das Drehbuch zu "Live" geschrieben. Kurz nach der Filmpremiere jetzt im Januar war die Welt eine andere. "Wir waren wahrscheinlich, wie viele Menschen, in so einer Art Schockstarre", erzhält Friederich. Gleichzeitig seien dauernd Nachrichten von Freundinnen und Freunden oder auch von Menschen, die von dem Film wussten, gekommen. "Die haben gesagt, was gerade passiert, ist genau das, was ihr in eurem Film erzählt."
Zu diesem Zeitpunkt waren die beiden Regisseurinnen dabei, an einem neuen Trailer zu arbeiten. "Wir haben diesen dann schneller fertiggestellt und veröffentlicht und mussten uns irgendwie mit diesem absurden Gefühl anfreunden, dass wir da eben seit drei bis vier Jahren an einem Film in einem Setting arbeiten, das aus absurden anderen Gründen gerade Wirklichkeit wird", so Friederich weiter.
Wenn Musiker auf Hacker treffen
"Live" zeigt eine Welt, in der das kulturelle Leben komplett zum Stillstand gekommen ist. Eine konspirative Clique aus zwei Musikern – Bruder und Schwester - und zwei Computer-Hackern wollen das nicht hinnehmen. Sie veranstalten heimlich Livekonzerte.
Für Friederich seien die Welt und das kulturelle Leben, so wie wir es kennen, möglicherweise gar nicht immer weiter so möglich. Das habe damals aber eben nicht wie heute mit einem Virus tun, dessen Ausbreitung wir eindämmen müssten, "sondern mit dem Gefühl, auf Konzerte und auf große Menschenansammlung werden Anschläge verübt", erklärt sie.
Musik spielt in "Live" eine wichtige Rolle. Die Trompeterin Rike Huy hat den Film ko-produziert und einen Soundtrack mit Sogwirkung komponiert. Ihr beruflicher Alltag seien eigentlich hauptsächlich Konzerte, sagt Huy. Diese seien jetzt erstmal komplett weggefallen. "Und dann gab es eben diese andere absurde Ebene, dass wir halt plötzlich so ein bisschen mitten in unserem Film waren", so Huy.
Für Friederich seien die Welt und das kulturelle Leben, so wie wir es kennen, möglicherweise gar nicht immer weiter so möglich. Das habe damals aber eben nicht wie heute mit einem Virus tun, dessen Ausbreitung wir eindämmen müssten, "sondern mit dem Gefühl, auf Konzerte und auf große Menschenansammlung werden Anschläge verübt", erklärt sie.
Musik spielt in "Live" eine wichtige Rolle. Die Trompeterin Rike Huy hat den Film ko-produziert und einen Soundtrack mit Sogwirkung komponiert. Ihr beruflicher Alltag seien eigentlich hauptsächlich Konzerte, sagt Huy. Diese seien jetzt erstmal komplett weggefallen. "Und dann gab es eben diese andere absurde Ebene, dass wir halt plötzlich so ein bisschen mitten in unserem Film waren", so Huy.
Noch Science Fiction oder schon Wirklichkeit?
Dass die Handlung einen Geschwisterkonflikt psychologisch analysiert, dass in der Viererclique Polyamorie gelebt wird, dass die Besetzung hervorragend ist und die Filmmusik ebenfalls wird fast zur Nebensache. Nie war ein Science-Fiction-Entwurf näher an der Wirklichkeit. Ein Beispiel: "Ich hab mich daran gewöhnt, zu vergessen, wie es früher war!", sagt eine der Figuren.
Doch auch im echten Leben muss es für Lisa Friederich und Rike Huy weitergehen. "Was uns diese Situation gerade abverlangt, ist einfach: das Aushalten von Unsicherheit", sagt Friederich. Man müsse unglaublich wachsam sein. "Natürlich müssen wir aufpassen, dass unsere demokratischen Grundrechte nicht eingeschränkt werden. Also längerfristig." Für Friederich gebe es immer diese Angst: "Ist diese Maßnahmen jetzt ein Einfallstor? Sind uns alle irgendwie völlig zu durchleuchten?" Gleichzeitig müsse man unbedingt Rücksicht nehmen auf die Schwächeren - auf die, die sich nicht schützen können. "So denke ich, dass wir einfach die Menschen dazu bringen müssen, für die Differenziertheit, die diese Zeit von uns verlangt, die Geduld aufzubringen und diese Differenziertheit auszuhalten und von sich und von anderen zu verlangen", erklärt Friederich.
Doch auch im echten Leben muss es für Lisa Friederich und Rike Huy weitergehen. "Was uns diese Situation gerade abverlangt, ist einfach: das Aushalten von Unsicherheit", sagt Friederich. Man müsse unglaublich wachsam sein. "Natürlich müssen wir aufpassen, dass unsere demokratischen Grundrechte nicht eingeschränkt werden. Also längerfristig." Für Friederich gebe es immer diese Angst: "Ist diese Maßnahmen jetzt ein Einfallstor? Sind uns alle irgendwie völlig zu durchleuchten?" Gleichzeitig müsse man unbedingt Rücksicht nehmen auf die Schwächeren - auf die, die sich nicht schützen können. "So denke ich, dass wir einfach die Menschen dazu bringen müssen, für die Differenziertheit, die diese Zeit von uns verlangt, die Geduld aufzubringen und diese Differenziertheit auszuhalten und von sich und von anderen zu verlangen", erklärt Friederich.
Auch Huy hegt noch eine stille Hoffnung: "Ja, es war tatsächlich mal eine Schnapsidee, ob wir 'Live' wirklich live machen, quasi ein Filmmusikkonzert. Das wäre unsere Hoffnung, dass wir das eines Tages machen können", sagt Huy.