Schwimmerin vom Refugee Olympic Team

"Es zählt nicht, ob du Flüchtling bist"

Die Schwimmerin Yusra Mardini ist Mitglied des Refugee Olympic Team (ROT).
Die Schwimmerin Yusra Mardini ist Mitglied des Refugee Olympic Team (ROT). © picture alliance / dpa / Michael Kappeler
Von Lena Klimpel · 03.08.2016
Zehn Athleten werden für das Refugee Olympic Team antreten. Unter dem Länderkürzel ROT können Sportler teilnehmen, die nicht länger ihre Heimatländer vertreten können. Viele Länder sind so unter der olympischen Flagge vereint - eine von ihnen ist die 18-jährige syrische Schwimmerin Yusra Mardini.
Im Trainingsanzug, die langen schwarzen Haare unter der Badekappe versteckt und mit einem selbstbewussten Lächeln auf den Lippen steht Yusra Mardini am Beckenrand.
"Im Wasser gibt es keine Unterschiede. Es zählt nicht, ob du nun Flüchtling bist, Syrer oder Deutscher. Es gibt nur das Wasser, dich und deinen Wettkampfgegner."
Wasser ist für Yusra jedoch nicht nur mit Sport, sondern auch eng mit ihrer Flucht verbunden. Auf der gefährlichen Überfahrt von der Türkei nach Griechenland geriet das Schlauchboot, auf dem sich Yusra und ihre Schwester Sarah gemeinsam mit vielen anderen Geflüchteten befanden, in Seenot. Die Schwestern waren unter den wenigen, die schwimmen konnten, und zogen das Boot drei Stunden lang bis an die Küste. Trotz dieses traumatischen Erlebnisses hat Yusra nie aufgegeben.

Sportler wollen das Label "Flüchtling" abstreifen

"Wenn du ein Problem hast in deinem Leben, musst du nicht den Kopf hängen lassen und weinen wie ein Baby. Es ist schwer, es war wirklich hart, für jeden von uns, und ich verurteile niemanden, wenn er weint. Aber manchmal musst du einfach weitermachen, denn die Probleme können dich auch weiterbringen. So wie es mir passiert ist. Die Probleme, die ich hatte, sind der Grund dafür, dass ich überhaupt hier bin, dass ich stärker bin - und dass ich mein Ziel erreichen will."
Yusra und die anderen Teammitglieder sehen Olympia als Chance, das Label "Flüchtling" abzustreifen und sich als Sportler zu beweisen. Ein extra geschaffener Fonds des IOC ermöglicht ihnen das Training in ihrer jeweiligen Wahlheimat, darunter Kenia, Belgien, Luxemburg und Brasilien. Für Yusra, die schon vor ihrer Flucht Teil der syrischen Nationalmannschaft war, ist so der Berliner Olympiastützpunkt neuer Lebensmittelpunkt geworden. Ihr Trainer Sven Spannekrebs steht ihr dort zur Seite.
Spannekrebs: "Was den Leistungsstand betrifft und die Leistungsentwicklung, hat sie sich seit September bis heute sehr, sehr gut entwickelt und ist auch schon viele Bestzeiten geschwommen, ist auch schon schneller geschwommen als zwei syrische Rekorde. Ob die anerkannt werden, wissen wir nicht. Was die Qualifikation für Rio betrifft, muss ich sagen: Unsere Ausrichtung war immer erst Tokio."

Refugee Team als Zeichen der Hoffnung

Dort finden die Olympischen Spiele 2020 statt. Ursprünglich war erst die Qualifikation für Japan Yusras realistisches Trainingsziel. Dass die junge Schwimmerin es bereits vier Jahre früher nach Rio schafft, ist den besonderen Teilnahmebedingungen für die zehn Refugee-Athleten zuzuschreiben. Nominiert wurden diese von IOC, UNHCR und den jeweiligen Nationalen Olympischen Komitees. Neben sportlichem Können war auch die Persönlichkeit der Bewerber ein Auswahlkriterium. Mit dem Refugee Olympic Team soll ein Zeichen der Hoffnung für alle 65 Millionen Geflüchteten weltweit gesetzt werden, so IOC-Präsident Thomas Bach. Die Sportler füllen diese Rolle mit Stolz aus.
Mardini: "Es fühlt sich großartig an, so viele Leute inspirieren zu können, und sich seinen Traum zu verwirklichen. Einen Traum, den ich seit meinem zehnten Lebensjahr habe. Und ich denke, jeder ist nun gespannt und will sehen, was ich draus mache. Und ich bin es auch!"
Neben allem olympischen Geist ist jedoch auch klar: für den IOC ist das Refugee Olympic Team nicht ausschließlich ein Symbol für Solidarität mit Geflüchteten. Es bietet auch die Gelegenheit, positive Akzente zu setzen bei Olympischen Spielen, die bereits vor ihrem Start versprechen, hauptsächlich durch Korruptions- und Doping-Skandale in Erinnerung zu bleiben.
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