Schweizer SVP will straffällige Ausländer abschieben

Von Pascal Lechler · 24.11.2010
Ein Jahr nach der umstrittenen Minarettverbots-Initiative geht die Schweizerische Volkspartei SVP erneut auf Kollisionskurs mit dem Völkerrecht: Mit einer Volksabstimmung wollen die Rechtspopulisten durchsetzen, dass straffällige Ausländer künftig automatisch abgeschoben werden.
Ivan S. ist in der Schweiz inzwischen das Sinnbild für den bösen, kriminellen Ausländer geworden. Plakate, die Ivan S. zeigen, den Vergewaltiger mit dem geschorenen Schädel, dem fiesen Bärtchen und der fetten Silberkette um den Hals, hängen inzwischen überall in der Schweiz. Geht es nach dem Willen der Schweizerischen Volkspartei, soll Ivan S. künftig nach Verbüßung seiner Haftstrafe automatisch abgeschoben werden können – ausgeschafft heißt das in der Schweiz.

Genau ein Jahr nach der umstrittenen Minarettverbots-Initiative geht die Schweizerische Volkspartei SVP erneut mit einer Initiative auf Kollisionskurs mit dem Völkerrecht:

Jetzt schon gibt es in der Schweiz die gesetzlichen Grundlagen, um kriminelle Ausländer abzuschieben. Mehrere Hundert sind es pro Jahr. Im Moment haben in Sachen Abschiebungen die Kantone das letzte Wort. Es gibt Kantone, die strenger sind, andere die milder verfahren.

Die SVP will jetzt schweizweit eine einheitlich strikte Haltung gegenüber kriminellen Ausländern. Keine Einzelfallprüfung mehr: Wer etwas verbrochen hat, soll automatisch raus. Und obendrauf gibt es noch eine fünfjährige Einreisesperre.

Genau dieser Automatismus widerspricht aber in den Augen zahlreicher Juristen gültigem Recht in der Schweiz. Eine Ausweisung wegen eines Einbruchdelikts könnte beispielsweise dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zuwiderlaufen. Dieser Grundsatz besagt, dass Strafen immer verhältnismäßig sein müssen. Ein Mord soll nicht wie ein Diebstahl geahndet werden.

Europarechtler weisen zudem darauf hin, dass man kriminellen EU-Bürgern gar nicht das Aufenthaltsrecht entziehen könne. Das würde den Abkommen zwischen der EU und der Schweiz über den freien Personenverkehr, den sogenannten Bilateralen widersprechen.

Die SVP kümmern diese juristischen Fallstricke nicht. Sie macht den Wähler glauben, dass die Ausschaffungsinitiative rechtlich nicht zu beanstanden sei. Auch dass sich ganz Europa, wie nach der Minarett-Initiative wieder über die Schweiz entrüsten könnte, befürchtet die Rechtsaußenpartei nicht. Die Initiative trifft auf ein fruchtbares Umfeld: Ausländerfeindliche Tendenzen, Diskussionen über Integrationsprobleme und die Angst vor einem wie auch immer raumgreifenden Islamismus gibt es inzwischen überall in Europa.