"Schwein oder Mensch"

Das Jahrzehnt der Verfeindungen

Der Schriftsteller Friedrich Christian Delius am 27.10.2011 in Darmstadt in der Centralstation im Vorfeld einer Lesung
Der Schriftsteller Friedrich Christian Delius © picture alliance / dpa / Marc Tirl
Friedrich Christian Delius im Gespräch mit Winfried Sträter · 18.10.2017
Wie hat die RAF die 70er-Jahre überschattet? Sie haben die Sprache und das Denken verändert, plötzlich gab es einen Solidarisierungsdruck und der Witz ging verloren, sagt der Schriftsteller Friedrich Christian Delius. Er hat in einer Romantrilogie jene Jahre verarbeitet.
"Man konnte sehen an der Sprache, wie sie immer abstrakter wurde und immer allgemeiner und bürokratischer. Also die Sprache der Spontaneität der Jahre von 1966-67 war auf einmal weg. Jetzt merkte man, hier wird von oben herunter bestimmt."
Wer sich der Sprache und der Ideologie nicht unterwerfen wollte sei im Grunde ausgeschlossen worden.
"Das erste, was der Terror verbietet, ist der Witz. Und die Sprache. Und den Humor."
"Die Geiseln sind frei", verkündete der Bonner Regierungssprecher Klaus Bölling am 18. Oktober 1977. Die von Terroristen entführte Lufthansa-Maschine "Landshut" war gestürmt worden.
Gut oder böse
Wenige Stunden später wurden die RAF-Gründer Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe tot in ihren Gefängniszellen gefunden. Einen Tag später hatte die RAF den entführten Arbeitgeberpräsidenten Schleyer ermordet.
"Das war bei der Sprache der RAF – "entweder Schwein oder Mensch" – eine Digitalisierung. Du kannst nur der Feind sein oder Du bist der Genosse. Was anderes gab es nicht."
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