Schwefel - ein höllischer Duft

Der Schwefel: Einst wurde sein Geruch als Hinweis auf den Teufel gewertet, heute ist er vor allem als Zusatzstoff bekannt und - umstritten. Nun wird von 9 Forschungsabteilungen aus fünf Ländern an einer unschädlichen Alternative gearbeitet. Mit dabei ist die Uni Bonn.
Wie viele Lebensmittel werden denn geschwefelt? Es sind sehr, sehr viele, denn Sulfit ist ein Multitalent: Relativ oft nimmt man es zur Schönung, bei-spielsweise damit Trockenobst eine frische Farbe behält. Mit Schwefel bleiben Apfelstücke oder vor-gefertigte Pommes schön hell und bräunen nicht mehr während der Lagerung. Fruchtzubereitungen profitieren davon ebenso wie Mais in Vakuumverpackungen oder Meerrettich im Glas.

Beim Wein stabilisiert der Schwefel Farbe und Geschmack. In geringer Menge dient er der Weinhefe sogar als Nährstoff – in hoher Dosis tötet er sie ab. Man spricht dann vom "Stummschwefeln". Auch der Biertrinker profitiert vom Schwefel: Mit Sulfit bleiben die Hopfendolden bis zur nächsten Ernte frisch und aromatisch. Daneben tötet der Schwefel auch Keime ab, er konserviert also. Dieser Effekt wird natürlich gerne mitgenommen. Dadurch bleiben so unterschiedliche Produkte wie Molke, Shrimps oder Trauben länger haltbar.

Und wie steht es mit den gesundheitlichen Bedenken? Bei empfindlichen Personen kann Sulfit Allergien oder Asthmaanfälle hervorrufen. Das hat dazu geführt, dass Sulfit stets als Allergen gekennzeichnet werden muss. Und dann gibt es noch die sprichwörtlichen Kopfschmerzen durch Spätlesen – denn süße Weine brauchen mehr Schwefel als trockene. Mit den Kopfschmerzen hat es aber wahrscheinlich eine andere Bewandtnis: Nicht der Schwefel ist die Ursache, sondern Fehlgärungen. Deren Stoffwechselprodukte führen zu Schädelweh. Da Fehlgärungen mit einer Extraportion Schwefel gestoppt werden, wurde dann der Schwefel verdächtigt.

Aber Schwefel zerstört auch Vitamin B1? Richtig - und gleichzeitig schützt er Vitamin C vor der Zersetzung. Er hat eben auch gesundheitliche Vorteile. Im Mittelpunkt steht seine Fähigkeit im Lebensmittel bestimmte Enzyme lahmzulegen, die sogenannten Polyphenoloxidasen. Diese sind bei Obst und Gemüse für das langsame Braunwerden verantwortlich. Braune Apfelringe oder vergraute Kartoffelflocken mag niemand so recht.

Aber das liegt weniger am Aussehen als an der Wirkung. Die Pflanze hat einen guten Grund für diese Reaktion: Sie versucht damit das Eiweiß ungenießbar zu machen, so dass es für den Fraßfeind wertlos ist. Zugleich werden dabei bestimmte Phenole wie Flavonoide in toxische Stoffe umgewandelt, um den Fraßfeind zu vergiften. Wir bevorzugen geschwefelte Ware, einfach weil der Körper in vielen Fällen einen Nettonutzen hat.

Wo liegen denn dann die Probleme mit dem Schwefel? Den schlechten Ruf hat er vor allem durch Überdosierungen, um hygienische Mängel zu vertuschen. Derzeit werden viele allergische Reaktionen durch Einweg-Essstäbchen aus Asien verursacht. Die sind aus Holz und stellen damit ein hygieni-sches Risiko dar. Da wird dann manchmal zuviel des Guten getan – zudem rechnen Allergiker nicht mit Problemen durchs Besteck.

Und was wird aus dem großen Schwefelersatz-Projekt? Ich vermute nicht allzu viel. Am Schluss gibt’s für Obst und Gemüse ein Tauchbad mit flüssiger Gelatine. Als dünner Überzug schützt er das Produkt vor Luftzutritt, was nicht nur eine Bräunung verhindert sondern auch noch das Austrocknen. Gesundheitlich kann es ja nur von Vorteil sein, wenn strenge Vegetarier per Obst und Gemüse auch ein wenig tierisches Eiweiß in Form von Gelatine aus Schweineschwarten kriegen.


Literatur:
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Mitsuoka T: Reinforcement of the temporary upper limit remaining of anti-mold agents and sulfurous acid in disposal chopsticks made by wood or bamboo. Shokuhin Eisei Kenkyu 2008; 58: 13-19
JECFA: Safety evaluation of certain food additives. WHO Food Additives Series 1999; 42: 95-116, 441-452
Dänicke S et al: Effects of a Fusarium toxin-contaminated trticale, either untreated or treated with so-dium metabisulphite (Na2S2O5), on weaned piglets with special focus on liver function as determined by 13C-methacetin breath test. Archives of Animal Nutrition 2008; 62: 263-286
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