Schwedens moderner Monarch

Von Florian Ehrich · 29.09.2010
König Gustav I. - als Anführer eines Aufstandes erkämpfte er Schwedens Unabhängigkeit von Dänemark. Seine straffe Zentralisierungspolitik bereitete zudem den Grund für den Aufstieg Schwedens zur europäischen Großmacht im 17. Jahrhundert.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war Schweden in Aufruhr. Als Teil der sogenannten Kalmarer Union stand das Land unter dänischer Vorherrschaft, wie der Historiker Ralph Tuchtenhagen erläutert:

"Formal ist es so, dass die Kalmarer Union 1397 konstruiert war als eine Union gleichberechtigter Königreiche: Norwegen, Dänemark, Schweden. De facto hat sich dann aber heraus kristallisiert, dass die eigentliche monarchische Macht von Kopenhagen ausgeht, also vom dänischen Hof, und dagegen gab es nun immer wieder Widerstand, besonders in Schweden."

Um diesen Widerstand zu brechen, fiel der dänische König Christian II. wiederholt in Schweden ein und ließ nach der Eroberung Stockholms im November 1520 82 politische Gegner hinrichten. Doch dieser als "Stockholmer Blutbad" in die Geschichtsschreibung eingegangene Justizmord wurde zum Fanal der Empörung gegen den dänischen König. An die Spitze des Kampfes stellte sich ein junger Adliger namens Gustav Eriksson Wasa. Dieser war zuvor aus dänischer Gefangenschaft geflohen und, der Überlieferung nach als Ochsentreiber verkleidet, nach Lübeck gelangt. Hier gewann er einflussreiche Freunde, die ihn finanziell unterstützten.

Dem politisch und militärisch begabten Wasa gelang es schließlich, Stockholm zurück zu erobern und Christian II. zu besiegen. Mit seiner Wahl zum König auf dem Reichstag zu Strängnäs im Jahre 1523 scheidet Schweden aus der Kalmarer Union aus und wird unabhängig. Die Krönung des siegreichen Volkshelden schildert der schwedische Historiker Anders Fryxell im Stil der heroisierenden Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts:

"Um ihn herum, überall, wo er vorüber ritt, sammelte sich die begeisterte Volksmenge, schwärmte herbei, grüßte mit lauten Beifallsrufen den neu gewählten König, den Befreier mitten unter seinem befreiten Volk, der schwedische König in Schwedens Hauptstadt. Er aber zog zur Domkirche, trat vor den Hochaltar und beugte, demütig und dankbar, die Knie vor dem Herren König, der die Gnade und die Kraft zur Befreiung des Vaterlandes gegeben hatte."

Nach dem Sieg über Dänemark löste sich Gustav Wasa auch von Rom und unterstützte den schwedischen Reformator Olaus Petri. Den König bewegten bei der Einführung der Reformation jedoch weniger religiöse Überzeugungen als vielmehr handfeste finanzielle und politische Interessen:

"Wenn man von Gustav Wasa ausgeht, muss man sagen, dass die theologischen Argumente, die in Deutschland ja zum Teil eine sehr große Rolle gespielt haben bei Luther und Melanchthon, in Schweden überhaupt keine Rolle spielen, sondern hier geht es ganz einfach um Machtpolitik und die Politik der Königsherrschaft und deren Konsolidierung."

Auf dem Reformationsreichstag von 1527 in Västerås setzte Gustav Wasa die Enteignung der kirchlichen Güter zugunsten der Krone durch. Nun war er in der Lage, den Staatshaushalt zu sanieren und alte Kriegsschulden an Lübeck zu begleichen. Das zentrale Anliegen seiner Regierung war der Aufbau einer effektiven Staats- und Militärverwaltung. Seine konsequente Zentralisierungspolitik trug bereits absolutistische Züge und ebnete den Weg für Schwedens Aufstieg zur Großmacht im 17. Jahrhundert. Der Herrscher selbst kann als ein Monarch neuen Typus gesehen werden:

"Er ist vielleicht modern in dem Sinne, dass er im Sinne des Renaissanceideals eines Politikers handelt, wenn Sie an Machiavelli denken, sozusagen die Rücksichtslosigkeit, mit der hier Politik betrieben wird, auch gegenüber der heiligen Institution der Kirche."

Im Schweden des 19. Jahrhunderts wurde Gustav Wasa als Gründer der Monarchie und der Nation verherrlicht. Als ebenso rücksichtslosen wie einsamen Herrscher schilderte ihn dagegen August Strindberg in seinem Drama "Gustav Wasa", das 1899 erschien. Hier ein Szenenausschnitt aus einer historischen Aufnahme der Münchner Kammerspiele:

"Glaube mir, ich fasse niemals einen Entschluss oder fälle ein Urteil, ohne Gott um Rat gefragt zu haben, wenn ich aber nach Fasten und Gebet die verlangte Antwort von Oben erhalten habe ... schlage ich zu, ob ich auch mir selbst die Herzwurzeln abschneiden muss. Unglücklich! Ja, ich bin so unglücklich wie ein Mensch sein kann. Denn ich habe nicht einen Freund."

Gustav I. Wasa starb am 29. September 1560. Im Dom zu Uppsala ist er begraben.