Schwarzenborn am Hindukusch

Von Anne Demmer |
Im nordhessischen Schwarzenborn werden Bundeswehrsoldaten auf ihren Einsatz in Afghanistan vorbereitet.
Die Mittagssonne brennt. Heiße Luft flimmert am Horizont. Ein Pkw mit afghanischem Kennzeichen beschleunigt und steuert auf die Patrouille der Internationalen Schutztruppe ISAF zu. Staub der trockenen Schotterpiste wird aufgewirbelt. Soldaten eines gepanzerten Transporters Dingo sitzen ab. Plötzlich kommt es zum Schusswechsel. Sie sind in einen Hinterhalt geraten.

Ein Soldat wird am Arm getroffen. Der junge Feldwebel scheint ungerührt. Aus der Schusswunde fließt auch kein Blut. Es piept lediglich einige Male. Damit signalisiert das an der Uniform installierte Simulationssystem AGDUS, dass der Feldwebel sich in eine gefährliche Situation gebracht hat. Wenige Wochen vor seinem bevorstehenden Einsatz in Afghanistan nimmt der junge Mann an einer speziellen Trainingseinheit im Gefechtsübungszentrum Altmark in der Letzlinger Heide teil.

„In dem Moment hier, weil es eine Übung ist, ist vielleicht der Ehrgeiz noch da und man sagt verdammt, weil man hat den Ehrgeiz noch, dass man weiter machen will, im Einsatz ist es halt echt und da ist es nicht mehr der Ehrgeiz der einen reizt, sondern auch der Überlebenstrieb.“


Der Feldwebel mit dem jungenhaften Gesicht heißt Stefan. Seinen kompletten Namen will er aus Sicherheitsgründen nicht nennen, genauso wenig wie seine Kameraden.

„Ob man wirklich auf einen Menschen schießen kann, das sieht man ja erst im Einsatz, weil so was kann man nicht trainieren. In dem Moment, wenn man jetzt solche Übungen hat wie heute, durch das Adrenalin, durch die Anstrengung, den Schweiß und durch die Wiederholung wie oft man das schon gemacht hat, gerade dadurch, dass ich jetzt schon sechs Jahre beim Bund bin ich hab das jetzt schon zum etlichsten Mal gemacht. Man denkt da nicht wirklich mehr drüber nach und ich bin der Meinung, so sollte es auch sein. Man sollte zwar drüber nachdenken, warum schießt man jetzt, aber man sollte jetzt nicht wirklich mehr drüber nachdenken schieße ich jetzt oder nicht, weil man, wenn man jetzt solange noch überlegen muss, kann das natürlich das eigene Leben kosten.“

Der 27-jährige Soldat gehört dem Jägerregiment 1 der Bundeswehr in Schwarzenborn an. Hier wird die Quick Reaction Force, die schnelle Eingreiftruppe der Bundeswehr, auf ihren Einsatz vorbereitet. In Schwarzenborn, der kleinsten Stadt Hessens, in der auf jeden der 1261 Schwarzenbörner mindestens ein Bundeswehrsoldat kommt. Kommandeur Oberstleutnant Michael Matz erklärt Sinn und Zweck der schnellen Eingreiftruppe.

„Das ist eine Art NATO-Feuerwehr, die im Bereich des Regional Command North, dem Kommandobereich Nordafghanistan tätig ist. Das ist eine Fläche, die sie sich so vorzustellen haben, so ungefähr in der Größe der fünf neuen Bundesländer und Hessen und in diesem Raum ist die Quick Reaction Force in der Lage zu operieren, das heißt, unser Verantwortungsbereich ist sehr groß, und wir müssen in der Lage sein, Teile dieser Reserve oder die ganze Reserve schnell in Brennpunkte zu verlegen und von dort aus zu reagieren.“

Ab Oktober wird Stefan einer dieser NATO-Feuerwehrmänner sein. Über 450 Soldaten der schnellen Eingreiftruppe lösen die Kameraden schrittweise ab, die bereits seit April in der Region um Kundus stationiert sind. Für ein halbes Jahr werden sie im Auftrag der deutschen Bundesregierung versuchen den Norden Afghanistans „zu stabilisieren“. Und zurzeit wohl eher ihr eigenes Leben verteidigen als die „Sicherheit Deutschlands“ am Hindukusch.

„Was die Bundeswehr da unten erreichen will, ist dass erst mal alles wieder stabil wird, was im Moment da unten läuft, wenn sich jeder so in die Lage versetzt, so möchte man nicht leben und das geht den Leuten sicherlich nicht anders und deswegen wollen wir erreichen, dass es da unten ruhiger wird.“

Stefans schmales braun gebranntes Gesicht wirkt sichtlich erschöpft. An diesem Tag nähert sich das Thermometer der 40-Grad-Marke. Der bisher heißeste Tag in Deutschland – quasi afghanische Verhältnisse.

„Ich denke, dass die gefühlte Temperatur da noch mal ein bisschen anders ist.“

Insgesamt 30 Kilo hängen an seinem Leib herunter, samt Schutzweste, Sturmgewehr und Übungsmunition. Um seinen Hals hat er ein grün gefärbtes Palästinensertuch gewickelt. In Deutschland ist das zurzeit schick, in Afghanistan stößt er bei Patrouillen damit vielleicht auf Sympathien der afghanischen Zivilbevölkerung.

„Ich habe mir angewöhnt einen Schal zu tragen, seitdem ich bei den Scharfschützen war. Erstens, dass mein Nacken immer bedeckt ist. Bei dem Wetter ich hab das bei vielen Kameraden gesehen, dass die sich wirklich den Nacken verbrannt haben und das ist natürlich auch immer ein Punkt, dass man sich auch ein Hitzestich holen kann.“

Im Gefechtsübungszentrum in Letzlingen in Sachsen-Anhalt soll Stefan zusammen mit seinen Kameraden „Worst Case Szenarien“, kritische Situationen so realistisch wie möglich trainieren. Über den 30 mal 15 Kilometer großen Gefechtsübungsplatz, tost der Wind. Der Himmel ist stahlblau. Bundeswehrsoldaten verkleiden sich mit Kaftanen, verwandeln sich in afghanische Zivilisten, oder Taliban, die plötzlich aus der Deckung eines Hügels eine Granate abfeuern. Es gibt Verwundete Soldaten – von Blut überströmt, allerdings nur geschminkt, mit abgerissenen Armen und zerfetzten Beinen aus Latex.

Die Soldaten müssen sich um die Versorgung von Verletzten kümmern und gleichzeitig die Stellung sichern. Mögliche Stresssituationen wie in Afghanistan. Am Abend erhalten Stefan und seine Kameraden unmittelbares Feedback vom Ausbilder.

Während die Soldaten in Afghanistan kämpfen oder ihren Einsatz dort vorbereiten, wird in Deutschland über Worte gestritten: Stabilisiert die Bundeswehr die Lage – oder führt sie Krieg? Beim Thema „Abzugsperspektiven“ will sich kein Politiker wirklich festlegen. Am Eingang der Kaserne in Schwarzenborn prangt ein Plakat mit einem lächelnden Verteidigungsminister Franz Josef Jung, der für eine Wahlveranstaltung wirbt. Stefan ist sich bewusst darüber, was ihn im Einsatz erwartet.

„Also vom Mandat her befinden wir uns nicht im Krieg, damit hat unser Verteidigungsminister recht, wenn er sagt wir haben keinen Krieg hier unten. Aber so wie die Taliban im Moment auf uns agieren, kann man wirklich davon reden oder verstehen, wenn die Männer, die sich wirklich dort unten im Feuergefecht da unten befinden, sagen wir befinden uns im Krieg.“

Mit zunehmender Gefahr, haben sich auch die Einsatzregeln für die Bundeswehrsoldaten verändert. Stefan fischt ein Faltblatt aus einer Tasche seiner Tarnhose: Die Taschenkarte, die jeder Soldat bei sich trägt, wirkt noch provisorisch. Eine zusammengefaltete DINA 4 Kopie.

„Ein bisschen verschwitzt. Noch in großer Form, kleiner gibt es die noch nicht. Für die Soldaten und Soldatinnen deutscher Anteile der ISAF in Afghanistan, Regeln für Anwendung militärischer Gewalt.“

Hier stehen die überarbeiteten Einsatzregeln schwarz auf weiß, die sollte jeder Soldat aus dem FF können. Durften die deutschen Soldaten bislang nur zur Selbstverteidigung schießen, ist ihnen seit Ende Juli auch von sich aus das Feuer gegen erkannten Feind erlaubt.

Mehr als 5000 Kilometer liegen zwischen Kabul und Berlin. Weit entfernt scheint auch der Konflikt am Hindukusch für die deutsche Gesellschaft.

„Ich glaube, viele Leute interessiert der Einsatz gar nicht. Ich denke nicht, dass der Rückhalt da ist. Ich habe letztens in der Zeitung gelesen, dass 60 Prozent gegen den Einsatz sind und das stimmt einen natürlich traurig, weil man da unten wirklich sein Leben riskiert und im Endeffekt macht man es für Deutschland“, …“

kritisiert Stefan die Haltung der Deutschen – von Bundespräsident Horst Köhler als „freundliches Desinteresse“ bezeichnet. Ein Soldat seiner Truppe fügt hinzu:

„"Es ist bestimmt schwer für Teile der deutschen Bevölkerung nachzuvollziehen, warum wir da unten sind und was wir da unten machen und es gibt sicher auch viele, die sagen was machen die da unten, das ist total falsch ich bin dagegen. Mag ja alles sein, aber im Moment sind wir da unten und der Soldat an sich kann es nicht ändern und der muss seinen Dienst da unten machen und er macht ihn auch gut.“

Für viele Schwarzenbörner, die Seite an Seite mit mehr als 1200 Bundeswehrsoldaten leben, ist die deutsche Beteiligung am Kampf gegen den Terror in Afghanistan nicht nur eine flüchtige Meldung in den Nachrichten.
„Ne Bekannte von mir, deren Mann wurde angeschossen und da merkt man halt, wie nah das an sich schon ist und wie gefährlich, wie betroffen man auch ist und sich noch viel mehr Gedanken darum macht, dass da noch hätte was viel Schlimmeres hätte passieren können. Das ist sehr nah würde ich sagen, dass das jetzt auch passiert, dass man Leute kennt, die auch verletzt sind. Wenn man jemanden kennt, der Betroffen ist, dann macht man sich erst Gedanken darüber, wie ernst ist es.“

Erzählt eine junge Frau mit kurzen schwarzen Haaren, die an ihrem Haus werkelt. Auch Bauer Löber weiß zu berichten. Er ist selbst viele Jahre bei der Bundeswehr gewesen. Gelegentlich stellt er den Soldaten seine Felder zu Übungszwecken zur Verfügung.

„Ein guter Freund von meinem Sohn, der fast jede Woche hier bei uns zu Gast ist, ist dort oben Soldat und dem steht das in Kürze bevor. Oder ein anderer Kamerad, der nicht wesentlich jünger ist wie ich, 48 Jahre Berufssoldat. Der hat schon vier Einsätze hinter sich und das ist eine extreme Belastung, wenn sie vier bis sechs Monate im Ausland sind, von der Familie getrennt und das schon drei, vier Mal erlebt haben, das ist beachtlich und da unterhalten wir uns auch drüber und da kommt es auch wirklich mal zu dem Thema, alle Achtung Du machst einen ganz guten Job.“

In Kerstins Frisierstübchen in Schwarzenborn, bekanntermaßen der Umschlagplatz für Informationen, lassen sich die Soldaten auch mal die Haare stutzen.

„Also wenn man weiß, dass eine Kompanie von Schwarzenborn da unten hingeschickt wurde und man liest dann in der Zeitung, es sind Tote, dann kriegt man schon mal einen Schrecken und denkt: Wer ist da jetzt betroffen, kenn ich den? Jetzt hatte ich einen ganz jungen Soldaten, der hat sich das letzte Mal verabschiedet hier und geht ein halbes Jahr nach Afghanistan. Eigentlich nur, dass er halt gesagt hat, er geht halt weg. Und – hab ich gefragt – freiwillig? Ja hätt er sich freiwillig gemeldet. Die sind eigentlich sehr offen und wissen wahrscheinlich auch nicht, was sie da unten erwartet.“

Auch Stefan kann sich keine genaue Vorstellung machen. Für ihn ist es der erste Einsatz in Afghanistan.

„Man guckt natürlich im Internet oder in Zeitschriften, wie es da unten aussieht, wie geht's den Leuten da unten, was herrscht da für eine Religion etc. pp. Also ein wirkliches Bild kann man sich wirklich erst machen, wenn man da unten ist.“

Stefan stammt ursprünglich aus Mecklenburg-Vorpommern und lebt nur unter der Woche in der Kaserne in Schwarzenborn. Freitagsmittag fährt er dann los. Mal nach München, weil dort seine Frau arbeitet oder sie treffen sich auf halber Strecke in Thüringen bei den Schwiegereltern. An anderen Wochenenden fährt er zu seiner Familie nach Mecklenburg-Vorpommern.

„Gerade das Thema Gefahr, das habe ich auch mit meiner Familie oft und ich hab vorher auf dem Bau vorher gearbeitet und nur um mal meine Familie zu beruhigen, habe ich mal im Internet geguckt, es ist wirklich interessant, dass auf dem Bau in Deutschland mehr Leute sterben als im Moment bei der Bundeswehr in Afghanistan. Klar ist das potenzielle Risiko für den Moment in Afghanistan immer höher, aber wenn man sich für den Beruf entscheidet, dann sollte man das mit ganzem Herzen tun, da sollte man dann auch dahinter stehen und da gehört das natürlich auch dazu“, …“

erklärt der Feldwebel mit ernstem Gesicht. Laut Verteidigungsministerium befinden sich zurzeit 6408 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz, fast 50 Prozent davon ostdeutscher Herkunft. So stammten die drei Soldaten, die am 23. Juni bei Kundus in einem Transportpanzer Fuchs starben, aus Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Rund 120 Euro bekommen die Soldaten im Auslandseinsatz zusätzlich zu ihrem normalen Gehalt.

„"Klar, man würde lügen, wenn man sagen würde, das Geld reizt einen nicht, aber wie vorhin schon angesprochen, das ist mein Beruf, der Einsatz gehört dazu und ich bin im Jägerregiment, ich bin stolz darauf im Jägerregiment zu sein,“ …“

wiederholt Stefan mit unveränderter Mine. Für die Familien, deren Söhne, Töchter, Frauen und Ehemänner bereits im Einsatz sind, scheint die Zeit oft im Schneckentempo zu vergehen. Für sie organisiert die Bundeswehr einmal im Monat Familieninformationstage in der Kulturhalle in Schwarzenborn. Der örtliche Feinbecker Nolte liefert Kuchen und die Erzieherinnen des Kindergartens kümmern sich um das Programm für die Kinder. Eine Patenschaft zwischen der Stadt Schwarzenborn und der Bundeswehr hat bereits Tradition. Bürgermeister Jürgen Kaufmann ist bei den Familientagen regelmäßig anwesend.

„"Zum einem muss man sehen, Schwarzenborn ist eine sehr kleine Stadt, in der die Soldaten seit knapp nem halben Jahrhundert eine große Rolle spielen, das heißt, es gibt eine gewachsene menschliche Verbindung zu diesem Standort. Ich selbst war ein Teil meiner Bundeswehrzeit am Standort Schwarzenborn, es gibt heute noch Soldaten, die aus der Zeit noch verblieben sind, die teilweise heute in Einsätze gehen, es gibt Familien, die man kennt wo die Soldaten im Einsatz sind und die Bedeutung des Standorts für Schwarzenborn. Das eine bedingt das andere dann.“

Dieses Mal mussten die Organisatoren des Familientages allerdings in einen Freizeitpark im Nachbarort ausweichen, weil die Schwarzenborner Kulturhalle zurzeit renoviert wird. Für die Angehörigen spielt das keine Rolle. Sie reisen aus allen Teilen Deutschlands an, um die neuesten Informationen ihrer Liebsten aus erster Hand zu erfahren. An diesem Tag wird eine „Live-Schaltung“ mit Oberstleutnant Hans-Christoph Grohmann organisiert, der zurzeit die Quick Reaction Force in der Region um Kunduz leitet. Es wird ruhig im Saal. Über 120 Augenpaare sind auf das Handy gerichtet, das an das Mikro gehalten wird.

„Ich soll sie schön grüßen von den Soldaten, und wir sehen das hier so: über zwei Drittel sind schon rum, es geht uns noch erstaunlich gut, wir haben ein paar schwere Tage gehabt das wissen sie, aber insgesamt haben die Jungs das wirklich gut aufgenommen, wir hatten hier bisher die drei Verwundeten das wissen sie, das ist ein bisschen schade, aber es geht allen drei wieder gut, wir haben heute mit allen dreien telefoniert ... zwei sind ja schon wieder zu Hause, der dritte ist in Koblenz da kümmern wir uns drum. Es geht uns hier gut und wir erfüllen unseren Auftrag. Ich hoffe es macht ihnen allen viel Spaß auf der Familienbetreuungsveranstaltung ...“

Im Anschluss werden bei Kaffee und Kuchen die Bilder aus dem Einsatz mit einem Beamer auf eine Leinwand projiziert. Im Hintergrund läuft „Love is in the air“ von Paul Young. Manche lassen sich vom Rhythmus der Musik anstecken und wippen mit den Füßen auf und ab. Eine Frau mit blondierten Haaren und nachgezogenen Augenbrauen blickt betreten in die teils ernsten, teils lachenden oder auch mal Grimassen schneidenden Gesichter der Soldatinnen und Soldaten. Ihren Sohn hat sie für ein paar Sekunden auf der Großleinwand gesehen.

„Ich komme hauptsächlich hierher, weil es ein Rahmen ist, wo alle gleich betroffen sind, sag ich mal. Es gibt mir dann auch ein bisschen Kraft oder wieder Zuversicht, wenn ich die Bilder aus Afghanistan sehe, diese Live-Schaltung, dieses Telefonat, das ist natürlich nur ein psychologisches Moment, aber es hat halt einfach das Gefühl ich bin näher dran.“

Ein paar Tische weiter sitzt eine junge Frau mit ihren zwei Kindern und der Schwiegermutter. Sie sind aus Kassel angereist.

„Wir haben mehr als die Hälfte geschafft und man überlegt, wenn er wieder da ist, so eine lange Zeit, die man sich nicht gesehen hat. Es baut sich ja auch so eine Entfernung in Anführungsstrichen auf. Man managt hier sein Leben und übernimmt zwei Rollen, vom Vater auch noch mit und dann denke ich dann auch wie das dann wohl sein wird, wenn er am Flughafen steht. Wie wird das sein. Ich denk dann auch ja, es wird dann auch ein neues Kennenlernen sein, weil ihn das dann ja auch verändert haben wird. Das sind ja auch Erlebnisse, die ein normaler Mensch eben nicht so hat, sag ich mal, der vielleicht in der Gärtnerei arbeitet.“

Wenn sie aus dem Auslandseinsatz zurückkehren, leiden viele Soldaten unter posttraumatischen Belastungsstörungen, explodierende Bomben, verletzte Soldaten, der Tod von Kameraden und unschuldiger Zivilisten – diese Bilder verfolgen die Soldaten noch Jahre nach ihrer Rückkehr. Während des Einsatzes werden sie von einem Psychologen betreut. Und auch ein evangelischer und katholischer Militärseelsorger kümmern sich um die Soldaten, die mehrheitlich konfessionslos sind. Das Gespräch in Krisensituationen nehmen jedoch mehr und mehr Soldaten in Anspruch. Welche seelischen Konsequenzen der Einsatz für ihn haben könnte, damit will sich Stefan zurzeit nicht auseinandersetzen.

„Ich bin ganz ehrlich. Das ist so der Punkt, worüber ich mir am wenigsten Sorgen mache, eher dass man in einen Hinterhalt gerät, dass man ins Feuergefecht kommt, das sind so die Punkte über die man sich Gedanken macht, aber ich sag mal um das Posttraumatische Stress Syndrom ist eher nicht der Punkt wo man sich Gedanken drüber macht.“

Seine Frau hingegen macht sich zunehmend Sorgen.

„Sie ist eher so, dass Sie den Tatsachen schon ins Auge sieht und ich bin eher so der Typ der sagt, lass uns darüber nicht reden es ist noch ein Monat und so wird es halt immer weniger. Am Anfang habe ich noch gesagt, es ist noch ein halbes Jahr, es sind noch drei Monate, jetzt sind es nur noch vier Wochen und ja es ist nicht mehr lange hin. Ich hoffe nächstes Jahr, wenn ich aus dem Einsatz komme, dass ich dann einen Antrag auf Berufssoldat stellen kann, ich hoffe, dass das klappt, sollte das klappen denke ich kann man auch weiter drüber nachdenken, ob man nicht ein Haus baut, Kinder in die Welt setzen, so was in der Richtung.“

Die Ausbildung in Letztlingen ist zu Ende. Kurz vor dem Abflug nach Afghanistan gibt es dann noch die sogenannte Kuschelwoche. Die verbringt Stefan mit seiner Frau auf den Malediven – ohne Halstuch und Tarnanzug. Zurzeit ist er wieder in seiner Kaserne in Schwarzenborn.
Ein halbes Jahr hat sich Stefan auf seinen Einsatz am Hindukusch vorbereitet. Mit vielen Leuten gesprochen, die bereits im Einsatz waren. Er hat alle möglichen Szenarien immer und immer wieder durchgespielt.

„Man kann sich halt nur so vorbereiten wie jetzt hier und wie es im Einsatz ist, um so öfter man das trainiert, um so mehr kommt auch die Routine rein, aber die wirkliche Lage kann man nicht nachstellen.“