Schwarz-Schilling plädiert für EU-Aufnahme Bosnien-Herzegowinas
Der neue Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft für Bosnien-Herzegowina, Christian Schwarz-Schilling (CDU), hat gefordert, der Republik den Weg in die Europäische Union nicht zu versperren. Dies sei für die Sicherheit Deutschlands und der Europäischen Union genauso wichtig wie für Bosnien-Herzegowina, sagte Schwarz-Schilling am Donnerstag im Deutschlandradio Kultur.
Ricke: Er ist so etwas wie ein Aufpasser, aber vor allem ist er ein Förderer, der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina. Er überwacht die Umsetzung des zivilen Teils des Dayton-Abkommens, er kann aber auch Minister entlassen und Gesetze erlassen. Seit gestern ist der CDU-Politiker Christian Schwarz-Schilling dieser Hohe Repräsentant. Er bemüht sich seit den frühen 90er Jahren um Frieden auf dem Balkan, ist dort anerkannt und geschätzt, übrigens von allen einst kriegsführenden Parteien. Guten Morgen, Herr Schwarz-Schilling.
Schwarz-Schilling: Guten Morgen.
Ricke: Wie verstehen Sie sich denn selber? Sind Sie jetzt ein gestrenger Aufpasser, der ein Wiederaufflammen des Konfliktes verhindern muss? Oder sind Sie ein väterlicher Freund, der das politische Bosnien-Herzegowina dahinführen will, wo es geographisch liegt, mitten hinein nach Europa?
Schwarz-Schilling: Also Konflikt, da meint man natürlich gleich, da kommen also Aufruhr oder Kämpfe oder so etwas. Also das ist hier nicht die Lage. Man kann es nie wissen, auf lange Sicht muss man da noch aufpassen. Aber es ist schon eine erheblich verbesserte Lage, als vor noch einigen Jahren. Und von daher gesehen komme ich als lang erfahrener Freund, der viele Reisen hierher unternommen hat, auch die politischen Leute eigentlich alle kennt, und jetzt natürlich seine Rolle hat, sein Mandat hat.
Aber ich will dieses Mandat eben vorwiegend benutzen, um ihnen gute Ratschläge zu geben, sie zu überzeugen, mit ihnen gemeinsam die Ziele zu besprechen, und ihnen dabei zu helfen, vor allen Dingen jetzt bei den Verhandlungen mit der Europäischen Union, mit der Kommission. Und diese Verhandlungen haben bereits begonnen jetzt im Januar. Das nennt sich SAA, also Stability and Association Agreement. Und dann werden auch sehr bald die Verhandlungen mit der Nato beginnen, das ist Partnership for Peace (PfP), nachdem sie auch die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, zum Beispiel dass sie die beiden Verteidigungsministerien mit zwei unterschiedlichen Armeen, in der Republika Srpska, in der Föderation, zusammengelegt haben und damit eine der Bedingungen der Nato erfüllt haben.
Ricke: Sie haben das Problem des Landes - diese vielfache Teilung - gerade angesprochen. Da gibt es ein dreigeteiltes Staatspräsidium in Sarajevo, es gibt die zwei Teilrepubliken, die Republika Srpska und die bosniakisch-kroatische Föderation. Der Dayton-Vertrag, der jetzt elf Jahre alt wird, der hat Frieden auch durch Teilung erreicht. Aber diese Teilung muss wieder überwunden werden. Welche Volksgruppe ist denn hier besonders einsichtig und welche besonders uneinsichtig?
Schwarz-Schilling: Nun, ich will das jetzt hier nicht so pauschal sagen. Natürlich haben wir mit der Republika Srpska etwas mehr Probleme in bestimmter Hinsicht, denn sie haben ja auch drei Jahre länger gebraucht, bis sie sich überhaupt der normalen Friedensordnung von Dayton unterstellt haben. Ich auch als Mediator bin erst im Jahr 1998/99 in der Republika Srpska tätig geworden. Es ergibt sich damit auch eine gewisse Verzögerung. Die haben jetzt auch gerade eine Regierungskrise, weil sie die Regierung abgewählt haben. Jetzt müssen sie eine neue wählen. Na ja gut, aber in Demokratien ist das ja eigentlich ganz normal, dass solche Dinge passieren.
Nun, Dayton hat natürlich nicht alle Zukunftsentwicklungen voraussehen können. Dayton war zunächst einmal die Lösung, dass nicht mehr geschossen wird, dass nicht mehr gekämpft wird, dass eine allgemeine Friedensordnung festgelegt wurde, hinterlassen wurde mit den entsprechenden Annexen, darunter auch die Verfassung für Bosnien-Herzegowina. Und die ist in der Tat sehr kompliziert.
Also ich weiß nicht, ob wir in Deutschland so regiert werden könnten, ob wir ein so kompliziertes Verfahren für uns überhaupt praktizieren könnten. Sie wissen ja, wie lange wir brauchen, um eine Föderalismusreformkommission zu einem Ergebnis zu führen. Und insofern ist das für mich hier nichts Neues. Es ist nur noch komplizierter, als es bei uns in Deutschland ist.
Ricke: Ein unglaublich kompliziertes politisches System mit drei verschiedenen Volksgruppen, die sich nicht alle freundlich gegenüber stehen, und doch mit dem Fernziel, dass sie beschrieben haben, irgendwann einmal den Weg zu beschreiten, der in die Europäische Union mündet. Die EU ist aber heute schon erweiterungsmüde. Viele Menschen wollen schon die Rumänen und die Bulgaren nicht richtig willkommen heißen, geschweige denn die Türken und die Kroaten. Über welche Zeiträume sprechen wir eigentlich bei Bosnien-Herzegowina?
Schwarz-Schilling: Nun, das wird sicherlich, bis es zu einer Aufnahme der Mitgliedschaft kommt, einige Jahre dauern. Nur ich glaube, hier muss auch Europa einen Lernprozess durchmachen. Bosnien-Herzegowina - schauen Sie sich das mal in der Landkarte an - ist ja mitten drin in der Europäischen Union. Im Süden haben wir Griechenland und dann kommt Kroatien, Österreich, Slowenien. Und das ist also umgeben bereits jetzt von Ländern, die Mitglied der Europäischen Union sind. Und es wäre viel katastrophaler auch für Europa, wenn dieses ein schwarzes Loch bleibt, indem völlig unübersichtliche Entwicklungen stattfinden, die sich nicht an europäische Standards halten, wo unter Umständen eine besondere Kriminalität entstehen könnte, Durchgangsland für Drogen aus dem Orient, oder weiß ich was alles.
Also, es ist für unsere Sicherheit genauso wichtig wie umgekehrt, dass diese Mitglieder die Sicherheit durch Nato und Europäische Union haben, dass wir dieses möglichst bald machen, denn das ist ein Fenster der Geschichte - window of history - und das ist nicht immer offen. Und man weiß nie, wann es wieder geschlossen wird.
Aber das ist eine Aufgabe, die auch die deutsche Politik und die europäische Politik in ihren eigenen Ländern vollziehen muss, dass sie begreifen, dass es hier auch um ihre Sicherheit geht, um ihren Markt, um ihre vernünftigen Grenzen, um ihre Eindämmung von Kriminalität. Es geht hier nicht nur um Bosnien-Herzegowina. Nur, es muss nun auch von der deutschen Politik eine klare Sicht über diese Notwendigkeiten geben. Und die gibt es auch bei uns, in Deutschland und auch natürlich in gesamt Europa, noch keineswegs in dieser Form.
Schwarz-Schilling: Guten Morgen.
Ricke: Wie verstehen Sie sich denn selber? Sind Sie jetzt ein gestrenger Aufpasser, der ein Wiederaufflammen des Konfliktes verhindern muss? Oder sind Sie ein väterlicher Freund, der das politische Bosnien-Herzegowina dahinführen will, wo es geographisch liegt, mitten hinein nach Europa?
Schwarz-Schilling: Also Konflikt, da meint man natürlich gleich, da kommen also Aufruhr oder Kämpfe oder so etwas. Also das ist hier nicht die Lage. Man kann es nie wissen, auf lange Sicht muss man da noch aufpassen. Aber es ist schon eine erheblich verbesserte Lage, als vor noch einigen Jahren. Und von daher gesehen komme ich als lang erfahrener Freund, der viele Reisen hierher unternommen hat, auch die politischen Leute eigentlich alle kennt, und jetzt natürlich seine Rolle hat, sein Mandat hat.
Aber ich will dieses Mandat eben vorwiegend benutzen, um ihnen gute Ratschläge zu geben, sie zu überzeugen, mit ihnen gemeinsam die Ziele zu besprechen, und ihnen dabei zu helfen, vor allen Dingen jetzt bei den Verhandlungen mit der Europäischen Union, mit der Kommission. Und diese Verhandlungen haben bereits begonnen jetzt im Januar. Das nennt sich SAA, also Stability and Association Agreement. Und dann werden auch sehr bald die Verhandlungen mit der Nato beginnen, das ist Partnership for Peace (PfP), nachdem sie auch die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, zum Beispiel dass sie die beiden Verteidigungsministerien mit zwei unterschiedlichen Armeen, in der Republika Srpska, in der Föderation, zusammengelegt haben und damit eine der Bedingungen der Nato erfüllt haben.
Ricke: Sie haben das Problem des Landes - diese vielfache Teilung - gerade angesprochen. Da gibt es ein dreigeteiltes Staatspräsidium in Sarajevo, es gibt die zwei Teilrepubliken, die Republika Srpska und die bosniakisch-kroatische Föderation. Der Dayton-Vertrag, der jetzt elf Jahre alt wird, der hat Frieden auch durch Teilung erreicht. Aber diese Teilung muss wieder überwunden werden. Welche Volksgruppe ist denn hier besonders einsichtig und welche besonders uneinsichtig?
Schwarz-Schilling: Nun, ich will das jetzt hier nicht so pauschal sagen. Natürlich haben wir mit der Republika Srpska etwas mehr Probleme in bestimmter Hinsicht, denn sie haben ja auch drei Jahre länger gebraucht, bis sie sich überhaupt der normalen Friedensordnung von Dayton unterstellt haben. Ich auch als Mediator bin erst im Jahr 1998/99 in der Republika Srpska tätig geworden. Es ergibt sich damit auch eine gewisse Verzögerung. Die haben jetzt auch gerade eine Regierungskrise, weil sie die Regierung abgewählt haben. Jetzt müssen sie eine neue wählen. Na ja gut, aber in Demokratien ist das ja eigentlich ganz normal, dass solche Dinge passieren.
Nun, Dayton hat natürlich nicht alle Zukunftsentwicklungen voraussehen können. Dayton war zunächst einmal die Lösung, dass nicht mehr geschossen wird, dass nicht mehr gekämpft wird, dass eine allgemeine Friedensordnung festgelegt wurde, hinterlassen wurde mit den entsprechenden Annexen, darunter auch die Verfassung für Bosnien-Herzegowina. Und die ist in der Tat sehr kompliziert.
Also ich weiß nicht, ob wir in Deutschland so regiert werden könnten, ob wir ein so kompliziertes Verfahren für uns überhaupt praktizieren könnten. Sie wissen ja, wie lange wir brauchen, um eine Föderalismusreformkommission zu einem Ergebnis zu führen. Und insofern ist das für mich hier nichts Neues. Es ist nur noch komplizierter, als es bei uns in Deutschland ist.
Ricke: Ein unglaublich kompliziertes politisches System mit drei verschiedenen Volksgruppen, die sich nicht alle freundlich gegenüber stehen, und doch mit dem Fernziel, dass sie beschrieben haben, irgendwann einmal den Weg zu beschreiten, der in die Europäische Union mündet. Die EU ist aber heute schon erweiterungsmüde. Viele Menschen wollen schon die Rumänen und die Bulgaren nicht richtig willkommen heißen, geschweige denn die Türken und die Kroaten. Über welche Zeiträume sprechen wir eigentlich bei Bosnien-Herzegowina?
Schwarz-Schilling: Nun, das wird sicherlich, bis es zu einer Aufnahme der Mitgliedschaft kommt, einige Jahre dauern. Nur ich glaube, hier muss auch Europa einen Lernprozess durchmachen. Bosnien-Herzegowina - schauen Sie sich das mal in der Landkarte an - ist ja mitten drin in der Europäischen Union. Im Süden haben wir Griechenland und dann kommt Kroatien, Österreich, Slowenien. Und das ist also umgeben bereits jetzt von Ländern, die Mitglied der Europäischen Union sind. Und es wäre viel katastrophaler auch für Europa, wenn dieses ein schwarzes Loch bleibt, indem völlig unübersichtliche Entwicklungen stattfinden, die sich nicht an europäische Standards halten, wo unter Umständen eine besondere Kriminalität entstehen könnte, Durchgangsland für Drogen aus dem Orient, oder weiß ich was alles.
Also, es ist für unsere Sicherheit genauso wichtig wie umgekehrt, dass diese Mitglieder die Sicherheit durch Nato und Europäische Union haben, dass wir dieses möglichst bald machen, denn das ist ein Fenster der Geschichte - window of history - und das ist nicht immer offen. Und man weiß nie, wann es wieder geschlossen wird.
Aber das ist eine Aufgabe, die auch die deutsche Politik und die europäische Politik in ihren eigenen Ländern vollziehen muss, dass sie begreifen, dass es hier auch um ihre Sicherheit geht, um ihren Markt, um ihre vernünftigen Grenzen, um ihre Eindämmung von Kriminalität. Es geht hier nicht nur um Bosnien-Herzegowina. Nur, es muss nun auch von der deutschen Politik eine klare Sicht über diese Notwendigkeiten geben. Und die gibt es auch bei uns, in Deutschland und auch natürlich in gesamt Europa, noch keineswegs in dieser Form.