Schriftstellerin über Zukünfte und Dystopien

"Kunst ist nicht dazu da, dass wir uns besser fühlen"

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Porträtfoto der Autorin Emma Braslavsky
Beim Schreiben über die Zukunft gehe es immer um die Suche nach Alternativen, sagt die Schriftstellerin Emma Braslavsky. © Stefan Klüter
Emma Braslavsky im Gespräch mit Axel Rahmlow · 13.07.2020
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Seit vier Monaten zwingt uns das Coronavirus dazu, den Alltag und die Zukunft neu zu denken. Man müsse bei diesen Gedankenspielen nicht immer die rosa Brille mit Weichzeichner aufziehen, sagt die Schriftstellerin Emma Braslavsky. Im Gegenteil.
Seit es Literatur gibt, denken Schriftstellerinnen und Autoren über die Zukunft nach – und haben dabei meist dystopische Vorstellungen entwickelt: "1984" von George Orwell und "Schöne neue Welt" von Aldeous Huxley sind wahrscheinlich die bekanntesten Beispiele.

Es geht immer um Alternativen zur Gegenwart

Das liege vor allem daran, dass es für Autorin und Autoren in krisenfreiem Terrain relativ wenig zu erzählen gebe, sagt die Autorin Emma Braslavsky, die selbst immer über die Zukunft schreibt – zum Beispiel in ihrem Roman "Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten". Keine Krisen zu empfinden, würden viele Leserinnen und Leser wahrscheinlich ebenfalls als langweilig empfinden.
Es gehe ihr selbst beim Schreiben über die Zukunft immer um die Gegenwart: "Eigentlich geht es nur um Alternativen, dass man noch einmal neu puzzelt, dass man sich Dinge noch einmal anders vorstellt."

Keine Angst vor Dystopien

Es gehe weniger um Prognosen, als um eine Analyse der aktuellen Gesellschaft. Und natürlich gebe es auch Konflikte. Im besten Fall würden die Menschen beim Lesen ihrer Bücher etwas empfinden, auch wenn es etwas Schreckliches sei:
"Kunst ist nicht dazu da, dass wir uns besser fühlen, sondern dass wir etwas sehen, dass wir etwas erleben." Etwas, das man unter normalen Voraussetzungen vielleicht nicht sehen oder empfinden würde. Pessimismus und Dystopien seien erst dann schädlich, wenn sie "uns zurückhalten, Dinge neu auszuprobieren".
(sed)
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