Schriftsteller Jan-Philipp Sendker

"Ich bin sehr intuitiv, auch beim Schreiben"

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Porträtaufnahme des Schriftstellers Jan-Philipp Sendker auf der 61. Frankfurter Buchmesse in Frankfurt am Main.
Gastfreundschaft und Offenheit: Wenn Jan Philipp Sendker aus Myanmar nach Deutschland zurückkehr, vermisst er die Freundlichkeit der Menschen. © Picture Alliance / dpa / Jörg Carstensen
Moderation: Katrin Heise · 12.04.2019
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Der Journalist Jan-Philipp Sendker erfüllte sich einen Lebenstraum: Er kündigte seinen Job, um Romane zu schreiben. Heute gehört er zu den erfolgreichsten Schriftstellern. In Asien kennen ihn mehr Menschen als in Deutschland.
Schon als Kind träumte er davon, die Welt zu bereisen und Bücher zu schreiben. Als Reporter schrieb er vor allem aus asiatischen Ländern, lebte aber auch in den USA. Von Hongkong aus erkundete er das 1995 noch völlig abgeschottete Myanmar, ein Land wie aus einer anderen Zeit.

Kulturschock bei der Rückkehr aus Asien

"Obwohl ich seit 25 dort hinfahre, ist es immer wieder ein leichter Kulturschock für mich, wenn ich zurückkomme. Zum einen vermisse ich hier in Deutschland die Freundlichkeit, dort wird man minütlich mit einem Lächeln beschenkt. Und das andere ist die Gelassenheit."
Gerade ist er aus Myanmar, wie Burma seit 1989 heißt, zurückgekehrt. Dort hat er Drehorte für die Verfilmung seines ersten Roman gesucht, der nicht nur in Deutschland, sondern auch in Myanmar ein Bestseller ist.

Sein Buch wird in Burma verfilmt

"Es wäre der erste große Film seit 50 Jahren, der in Burma produziert wird. Mittlerweile kann man sich in Burma frei bewegen und dort auch drehen. Eine Zensur findet erst einmal nicht statt. Meine Bücher sind auch in burmesisch übersetzt und verkaufen sich gut. In Burma bin ich sowas wie ein Local Hero. Da werde ich schon mal auf der Straße oder im Teehaus angesprochen."
Gleichzeitig reiste er regelmäßig durch China und berichtete aus einem faszinierenden Land mit einer rasanten Modernisierungsgeschichte, in dem die brutale Vergangenheit der Kulturrevolution aber noch lebendig ist, in den Traumatisierungen und im Vertrauensverlust einer verängstigten Gesellschaft.
"Ich habe gemerkt, wie wenig wir über dieses Land wissen. Ich möchte meinen Lesern das zeitgenössische China mit allen seinen Problemen näher bringen. Dieses Land ist viel fragiler von innen, als wir das von außen sehen. Bevor wir vor China Angst haben, müssen wir um China Angst haben."

Rückzug aufs Land

Sendkers Plan ging auf, er wurde nach anfänglichen Misserfolgen zu einem der meistverkauften Autoren Deutschlands – wenn auch nicht gleich. Er kündigte seinen Job und zog sich für zweieinhalb Jahre aufs Land zurück.
"Wir haben Jahre von unseren Ersparnissen gelebt und ich habe geschrieben. Ich saß in einer Hütte in Upstate New York und sagte, so, jetzt darfst du deinen Traum leben. Und plötzlich bekam ich Angst, ob ich das überhaupt kann. Und wenn ich es nicht kann, habe ich noch nicht mal mehr einen Traum."
Dass er so beharrlich war, sich seinen Lebenstraum zu erfüllen, hat auch mit seiner Kindheit zu tun – und der Unterstützung durch seine Eltern.
"Ich habe immer gerne gelesen. Ich war nie ein guter Schüler, habe aber immer meine Klasse damit unterhalten, dass ich Geschichten erzähle. Ich wusste damals schon, worüber ich schreiben wollte, über die Liebe und über das Leben. Was ich meinen Eltern hoch anrechne ist, dass sie mich immer unterstützt haben. Obwohl sie nicht immer verstanden habe, was ich da mache."

Glaubwürde Figuren, akribische Recherche

Seine Romantrilogien zu China und Myanmar sind in diesem Jahr abgeschlossen. Um glaubwürde Figuren zu schaffen, recherchiert er akribisch, bis zu drei Reisen ins Land benötigt er pro Buch.
"Ich bin sehr intuitiv, auch beim Schreiben. Ich muss erfahren, riechen, schmecken und sehen, was ich dann aufschreibe. Die größten Komplimente, die ich bekomme, ist, wenn ich zum Beispiel in Amerika chinesischstämmige Leser treffen, die mir sagen, wie erstaunt sie sind, dass ich so authentisch über China schreibe."
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