Schriftsteller James Hawes zur Wahl in Großbritannien

"Das ist das Ende des Vereinten Königreichs"

05:22 Minuten
Ein Raubvogel fliegt am Palace of Westminster vorbei.
Nach der Wahl stehen düstere Zeiten bevor: nicht nur der Brexit, auch der Auseinanderfall des Vereinigten Königreichs, sagt James Hawes. © imago images/Matthias Oesterle
Moderation: Marietta Schwarz · 12.12.2019
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Großbritannien hat gewählt und die konservative Partei von Premierminister Boris Johnson wird wohl mit einer absoluten Mehrheit regieren können. "Was jetzt in England geschieht, wird nicht schön sein", sagt der britische Schriftsteller James Hawes.
Großbritannien sei politisch zerrissen, erklärt der britische Schriftsteller James Hawes: "Die englische Politik ist sehr stark regional gespalten, also Nord-Süd ebenso stark, wie in Deutschland die Kluft Ost-West existiert." Nun haben die konservativen Tories haushoch gewonnen, auch in Regionen, in denen sie bisher eher chancenlos waren. "Man muss verstehen, das der ganze Brexit eigentlich eine Taktik der Konservativen war, ins 'feindliche' Land vorzudringen", erklärt Hawes. Und die Taktik von Johnson sei nun völlig gelungen.

Fehlende starke Opposition

Die Opposition sei nicht in der Lage gewesen gegen den "klugen Schachzug von Boris Johnson etwas zu unternehmen", sagt Hawes, der sich selbst als überzeugten Europäer sieht. "Da kann man nur stöhnen, dass gerade in diesem Moment, wo die konservative Partei den englischen Nationalismus entfesselt hat, jede anständige sozialdemokratische Opposition fehlte."
Hawes sieht schwere Zeiten auf Großbritannien zukommen. Mit Blick auf die Wahlergebnisse in Schottland, sieht er das Vereinte Königreich zerbrechen:
"Das Resultat in Schottland ist keine Nebensache. England steht jetzt fest in den Händen von den englischen Nationalisten. Schottland aber fest in den Händen der schottischen Nationalisten. Das bedeutet das Ende des Vereinten Königreiches. Und zwar bald. Das ist jetzt nicht mehr zu vermeiden."
Von den 650 Wahlkreisen in Großbritannien liegen 533 in England, 59 in Schottland, 40 in Wales und 18 in Nordirland.

"Einfache, radikale Antworten"

Warum seine Landsleute mit dieser deutlichen Mehrheit sich für Boris Johnson ausgesprochen haben, ist für Hawes selbst nur schwer zu verstehen: "Es gibt in England, wie in Deutschland, gewisse Leute, gewisse Regionen, die sehr anfällig sind für einfache, radikale, nationalistische Lösungen, weil sie aus bestimmten Gründen sich irgendwie vernachlässigt fühlen."
(nho)
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