Schreibtisch aufräumen, To-Do-Liste kurzhalten!

Der flott geschriebene Ratgeber setzt auf überschaubare Ziele und kleine Belohnungen. Unsere Willenskraft ist trainierbar, lautet die Botschaft. Anleitungen gibt es in Geschichten über Oprah Winfrey und Eric Clapton, aber auch über die eigenen Kämpfe der Autoren.
Selbstdisziplin ist der wichtigste Indikator dafür, ob ein Mensch im Leben erfolgreich und zufrieden sein wird. Mangel an Selbstdisziplin - das zeigen Studien - führt zum Beispiel zu zwanghaftem Konsum, schlechten Leistungen in der Schule, chronischen Angstzuständen, zu höheren Scheidungsraten und mehr häuslicher Gewalt. Entsprechend viele Ratgeber, wie man seine Willenskraft verbessern kann, gibt es: "Die Macht der Disziplin" ist jetzt der neuste. In den USA hat das Buch von Roy Baumeister und John Tierney bereits die Bestsellerlisten gestürmt. Zu Recht! Mag der deutsche Titel sehr an den strengen Erziehungs-Ratgeber eines Bernhard Bueb erinnern, steckt hinter dem spröden Einband keineswegs ein Lob auf einen autoritären Führungsstil, sondern vielmehr ein flott geschriebener Ratgeber - Wissenschaftsprosa im besten Sinne.

Das liegt vor allem am Autorengespann Roy Baumeister und John Tierney: Ersterer Psychologie-Professor der Florida State University und zweiter Wissenschaftskolumnist der New York Times. Beiden gelingt es glänzend, unterhaltsam und spannend auf 300 Seiten über aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zu berichten.

"Durch Essen zu einem starken Willen", "Wie Sie endlich alle Ziele verwirklichen" oder "Mit weniger Aufwand mehr erreichen" heißen die mitunter populistisch klingenden Kapitelüberschriften, hinter denen aber fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse stehen. Videospiele etwa, Hassobjekt vieler Eltern, werden von den Autoren nicht als sinnloser Zeitvertreib verdammt. Im Gegenteil: Von den Spielentwicklern könne man lernen, wie man jemanden bei der Stange hält. Mit kleinen Schritten, etwa dem Sammeln von Münzen, wird hier ein Ziel - das nächste Level erreicht. Dabei gibt es stets kleine Erfolge und Belohnungen, nie aber große Rückschläge, so dass der Spieler nicht aufgibt. Von dieser Strategie können sich zum Beispiel Anhänger der Selbstbewusstseinsbewegung etwas abschneiden, die ihre Kinder immer nur loben, bei Sportveranstaltungen am Ende alle als Gewinner ausrufen, und so den Anreiz des Einzelnen, weiter zu kämpfen, verkümmern lassen.

Denn - so lautet die Quintessenz des Buches - unsere Willenskraft funktioniert wie ein Muskel. Sie ermüdet bei Beanspruchung zwar auch, ist aber trainierbar. Wie, genau dazu geben die Autoren gute wie einfache Hilfestellung!

Weg mit dem unordentlichen Schreibtisch, der sich auch auf die Arbeitsstruktur auswirkt, wie auch mit der unbrauchbaren 150 Punkte umfassenden To-Do-Liste. Hin zu einem konkreten Plan der nächsten Schritte, Selbstbeobachtung und nicht zu vergessen: Selbstbelohnung! Dabei immer an Parkinsons Gesetz denken: Jede Tätigkeit benötigt so viel Zeit, wie zu ihrer Erledigung zur Verfügung steht. Als Motivationshilfe erzählen Baumeister und Tierney von Prominenten, wie Oprah Winfrey, die mit ihrem Jojo-Gewicht zu kämpfen hat, von Eric Clapton, der seine Alkoholsucht in den Griff bekam, aber auch von ihrem eigenen Straucheln in Sachen Disziplin. Was oft schon hilft!

Besprochen von Julia Eikmann

Roy Baumeister/John Tierney, "Die Macht der Disziplin - Wie wir unseren Willen trainieren können"
Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer,
Campus Verlag, Frankfurt 2012
326 Seiten, 24,99Euro
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