Schräge Sportarten

Europameisterschaft der Busfahrer

Ronny Hölzel steht vor dem Eingang seines Busses, lächelt in die Kamera und hält den Daumen hoch.
Im Alltag fährt Ronny Hölzel Bus für die Berliner Verkehrsbetriebe. Bei der Busfahrer-EM wird er als Sportler gefeiert. © dpa / picture-alliance / Jörg Carstensen
Von Elmar Krämer · 30.12.2018
Im Alltag werden sie oft nicht gegrüßt, doch bei der Busfahrer-EM stehen sie auf einmal im Rampenlicht. Ein Sportreporter kommentiert sogar, wie geschickt die Fahrer ihren Bus durch den Parkour manövrieren. Mit dabei: der Berliner Ronny Hölzel.
Berlin, Britz – ein ganz normales Wohngebiet an einem ganz normalen Wochentag im Dezember um genau 17.44 Uhr. Für die meisten Menschen Feierabend – für Ronny Hölzel eher eine Art Boxenstopp im Alltagstraining:

"Mein Sportgerät: Groß, viele PS, manchmal schwer zu händigen, nicht gerade schnell. Ich bin Busfahrer bei der BVG und hab erfolgreich bei der Bus-EM mitgemacht, die mir auch sehr viel Freude gemacht hat."

Mit Lampenfieber an den Start

Es ist der 22. September dieses Jahres. In Berlin findet die erste Europameisterschaft im Busfahren statt. 21 Teams gehen an den Start. Ronny Hölzel von den Berliner Verkehrsbetrieben BVG ist der erste: "Mir hat es nicht ganz so gefallen, dass ich als Erster dran war: Lampenfieber und alles."

Auch Kochen ist ein schräger Sport: Lesen und hören Sie hier unsere Reportage von der Koch-WM.

Als Vertreter des Gastgebers muss der BVG-Fahrer vorlegen und sich vor allen anderen den Prüfungen stellen. Dazu gehört es auf Punkt an einer Bushaltestelle zu stoppen, den zwölf Meter langen Bus in fünfzehn Meter Breite zu wenden und natürlich:
"Slalom rückwärts, Slalom vorwärts im Doppeldecker, durch einen Engpassfahren. Dann wie gesagt mit der Haltestelle und Wendemanöver."
Und das obwohl die Fahrer nicht richtig für die Prüfungen trainieren konnten – die Parcours haben sie am Wettkampftag das erste Mal gesehen. Unbekannt sind die Situationen den Busfahrern dennoch nicht. Einen Teil der Aufgaben kennen sie aus ihrem Alltag.
"Eigentlich fast alles bis auf die Schnelligkeit vielleicht, weil in der Ruhe liegt die Kraft. Aber das mit den Engpässen und Haltestellen und so, das kann man auch gut im wahren Leben auf der Straße gebrauchen."

Busfahrer im Rampenlicht

Schauplatz der EM: Der größte Betriebshof Europas. Dort es gibt eine Bühne, Videoleinwände und ein sehr aufmerksames Publikum – das sind die Fahrer, die im Alltag meist nicht einmal von den Fahrgästen gegrüßt werden nicht gewohnt: Sie stehen im Rampenlicht und ein Sportreporter kommentiert jede Bewegung.

Hölzel macht seine Sache gut, geht die Prüfungen ruhig an, dafür passieren ihm kaum Fehler, denn jedes Berühren eines Parcours-Hütchens bedeutet Punktabzug. Am Ende seiner Fahrt stehen 8.43 min auf der Stoppuhr für Ronny Hölzel – damit hat er gute Vorarbeit für seine Kollegin Kathrin Wonneberger geleistet, auch sie gut im Rennen.
Auf Platz eins landet das Team Stuttgart, gefolgt von Moskau, Lodz und Paris das Gastgeberteam Hölzel und Wonneberger landet auf Platz fünf – ein guter Start in die Wettkampfkariere, findet Ronny Hölzel: "Ich hab gedacht, machte mal aus Spaß mit, wusste nicht, dass es so gut klappt denn."
Wann die nächste Busfahrer-Europameisterschaft ausgetragen wird, ist noch unklar, aber die Fahrer können ja trotzdem schon mal trainieren, z.B. bei engen Gassen und Slalom durch Falschparker.
Hölzels Pause ist zu Ende. Der BVG-Fahrer macht sich auf die nächste Runde durch den dunklen Dezemberabend in der Hauptstadt: sein Beruf und Training.
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