Schönheit aus dem Osten

Von Mareike Aden |
Models aus dem Osten Europas dominieren die Laufstege der Welt – die Designer sind dabei, es ihnen nachzutun. Die Russian Fashion Week in Moskau hat sich zu einem etablierten Termin im Kalender der Modewelt entwickelt, es ist die größte Designshow Osteuropas.
Der Modemeister aus Russland durfte seine Models wie immer als erster auf den Laufsteg schicken: Der 71 Jahre alte Designer Slawa Saitzew gilt in seiner Heimat als "Mode-Patriarch" –denn er ist seit 47 Jahren im Modegeschäft. Große, schwarze Hauben für Damen, Röcke und Kleider in schwarz, weiß und rot – elegant, aber einfach geschnitten. "Trotz der Krise" – das ist der Name der Kollektion, die dank schlichterer Stoffe ein wenig günstiger sein werde als gewohnt, so Saitsew. Doch "trotz der Krise" macht er sich keine Sorgen um Mode "made in Russia".

"Die russische Modebranche hat sich enorm entwickelt während der letzten Jahre. Früher war ich auf internationalen Modenschauen meist der einzige russische Designer. Aber mittlerweile bin ich immer öfter von jüngeren Kollegen aus meiner Heimat umgeben. Für mich als Urgestein der russischen Mode ist es gut zu wissen, dass sie die Tradition weiterführen und unsere Branche mit ihren Projekten weiterentwickeln."

Insgesamt 60 Designer zeigen ihre Kollektionen bei der siebentägigen Modewoche in der russischen Hauptstadt. Doch die Moskauer Modefans haben klare Favoriten: Bei der Präsentation von Dascha Gauser sind nicht einmal Stehplätze frei. Die junge Designerin aus Sibirien ist bekannt für elegante, aber progressive Abendkleider, die dank Raffungen und geometrischer Formen wie Statuen wirken. Der Durchbruch gelang Gauser gleich bei ihrem Debüt auf der Modewoche vor zwei Jahren. Mittlerweile hat sie zwei Geschäfte in Moskau und wird zu Modeschauen auf der ganzen Welt eingeladen.

Dascha Gauser: "Der wichtigste Schritt für uns russische Designer war es, dass die Kunden in unserem Land begonnen haben, uns anzuerkennen. Mittlerweile ist es hier 'in' russische Mode zu tragen. Und von hier macht unsere Mode nun langsam den Weg ins Ausland. Es macht mich glücklich, dass immer mehr Boutiquen in Städten wie Milan unsere Kleidung in ihr Angebot aufnehmen und sie als ungewöhnliche und exklusive Entwürfe anerkennen, die im Ausland nur schwer zu kaufen sind."

Tradition bei der russischen Modewoche ist es, dass Designer aus dem Westen der Moskauer Modewelt ihre Kollektionen vorstellen. Vor ein paar Jahren kam sogar die britische Stardesignerin Vivienne Westwood. In diesem Jahr stehen italienische Designer im Mittelpunkt und aus Spanien reiste Agatha Luiz de la Prada an, die international berühmt ist für ihre bunten Entwürfe mit Mond- und Sternmotiven. Auch wenn russische Mode auf dem Vormarsch ist – für Modeschöpfer aus Osten sei der Weg in die Weltspitze oft schwierig, sagt Alexander Schumskij, Gründer und Produzent der Modewoche.

"Es ist typisch für Russland, dass unsere Designer alle sehr jung sind. Während man im Westen seine eigene Marke erst gründet, wenn man 30 Jahre oder älter ist, geschieht das hier schon mit Anfang 20. Aber das Modegeschäft ist hart und Kreativität allein reicht nicht – Designer müssen sich ja auch mit der Produktion und Finanzierung auskennen. Und unseren Designern fehlt dort oft noch die Erfahrung."

Doch während die russische Modewelt nach einer erfolgreichen Zukunft strebt, schaut sie zurück auf ihre Wurzeln: Zeitgleich mit der Modewoche wurde am Wochenende das erste Modemuseum des Landes eröffnet. In dem Museum in Moskau sollen 500 Jahre Mode und Kostüm gezeigt werden, die Eröffnungsausstellung heißt "Schwarz und Weiß" und enthält sowohl moderne Entwürfe, als auch Roben aus den vorherigen Jahrhunderten. Alle Räume des Museums werden jedoch erst Anfang 2010 fertig sein, sagt Kurator Wladimir Semenow.

"Es hat lange gedauert, bis wir das Projekt hier verwirklichen konnten und umso wichtiger war es mir, zumindest einen Teil des Museums zur Modewoche zu eröffnen. Denn ich will zeigen, dass Mode ein Prozess ist, in dem geschichtliche Einflüsse und die Moderne zusammen fließen."

Doch Designerin Dascha Gauser glaubt auch ohne Rückblick auf 500 Jahre Modegeschichte zu wissen, warum ihre Entwürfe und die ihrer Kollegen langfristig großen Erfolg haben werden bei Modeliebhabern im Westen.

"Unsere Designs sind sehr authentisch und eng mit unserer Mentalität verbunden – und die ist eine besondere: Denn trotz der Globalisierung lieben, leben und lernen wir hier im Osten ein wenig anders, ein wenig weiter weg von allem. Und genau deshalb ist unsere Mode für Kunden im Westen so interessant und besonders."