Schöne Aussichten
Die Jungen gehen - die Alten kommen. Während viele Menschen aufgrund fehlender Arbeitsplätze Mecklenburg-Vorpommern verlassen, finden immer mehr Senioren Gefallen am Nordosten Deutschlands. Schon in einigen Jahren könnte Mecklenburg-Vorpommern das Bundesland mit dem höchsten Durchschnittsalter sein.
Die Analyse der Wanderungsbewegungen zeigt, dass 41.262 Personen über 55 Jahre zwischen 1995 und 2005 mit Hauptwohnsitz nach Mecklenburg-Vorpommern gezogen sind. Der Wanderungssaldo betrug für diesen Zeitraum insgesamt plus 14.361. Die Zahl der Zuzüge blieb über die Jahre stabil. Die meisten Zuzüge gab es in der Altersgruppe der 55- bis 70-Jährigen.
"Wir haben auf der Karte geguckt und uns gesagt, wir müssen wieder ans Meer, weil die Berge waren für meinen Mann immer erdrückend, er wollte überhaupt nicht in die Berge, und dann haben wir auf der Karte geguckt und gesucht, wo das Meer ist, wo es nicht so weit ist nach Skandinavien und wo es auch preiswert ist zu leben und wo die Menschen auch hochdeutsch sprechen, denn das Bayerisch ist uns so ein bisschen auf den Geist gegangen."
"Vär ey" - "unsere Insel" – unter dem Schild an der Haustür des kleinen Bungalows mitten in der vorpommerschen Pampa stehen die Schmedings und platzen beinahe vor Zufriedenheit und Lebensfreude. Vom Chiemsee sind sie vor drei Jahren nach Hollendorf an die Ostsee gekommen. Ein Ostfriese und eine Norwegerin in Vorpommern. Abenteuer im Rentenalter
Herkunftsschwerpunkte der Zuwanderer beziehungsweise Rückkehrer sind die Bundesländer Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Berlin.
"Uns haben viele Leute gewarnt hierher zu ziehen, auch unser Steuerberater, der war ganz entsetzt. Der kannte die Gegend hier, aber gerade mal von vor 17 oder 18 Jahren und konnte sich nicht vorstellen, was hier alles verbessert worden ist. Mit den Leuten ist teilweise sehr schwierig, aber man muss sich darüber hinwegsetzen - man muss sagen, dass lass ich mir nicht gefallen und man muss was tun, und das tun wir auch."
In keinem anderen Bundesland ist der Zuzug von älteren Menschen so stark wie im Nordosten. Und das ausgerechnet in einem Bundesland, das nach wie vor Bevölkerung verliert, vor allem die jungen, gut ausgebildeten Frauen. 2020 werden nur noch 1,4 Millionen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern leben. Derzeit sind es noch knapp 1,7 Millionen. Die Schmedings wollen den Ruhestand aktiv genießen – und werden mit all den anderen Umzüglern zur Ursache dafür, dass Mecklenburg-Vorpommern vom jüngsten Bundesland nach dem Ende der DDR zum ältesten im Jahr 2020 wird, also in der historisch kurzen Zeit von nur einer Generation.
Als beliebte Zuzugsziele in Mecklenburg-Vorpommern lassen sich die städtischen Regionen Rostock und Schwerin, die küstennahen Regionen Bad Doberan, Usedom, Nordvorpommern und Rügen sowie die Landkreise Ludwigslust und Nordwest-Mecklenburg identifizieren.
Zuerst waren es die Mediziner der Uni Greifswald, die den Trend untersucht haben. 1337 Zuwanderer wurden mit einem 16 Seiten umfassenden Fragebogen befragt. Heraus kam, dass die Zuwanderer für ihr Alter erstaunlich fit und aktiv sind. Viele kamen zwar nach Mecklenburg-Vorpommern, weil sie früher hier schon einmal gewohnt haben oder weil ihre Kinder hier leben. Die meisten aber mögen schlicht Land und Leute. Mit – kleinen Einschränkungen.
"Minuspunkte eben dass wir nicht gedacht haben, dass es so viele alte Seilschaften noch gibt nach 18 Jahren, dass man bei den Behörden durchaus mal auf einen kompetenten Sachbearbeiter stoßen kann, aber durchweg ist alles hier irgendwo noch nicht so bürgerfreundlich, man gibt sich zwar mühe, aber das ist noch sehr vereinzelt."
"Ich kannte nichts, was ich mit Rügen in Verbindung bringen konnte, nur irgendwie war ganz tief in meinem Gedächtnis, es gibt da eine Insel, da fahren lauter weiße große Schiffe hin und da sind alle Leute glücklich und das war so ein Traum und wie ich morgens wach werde, da dachte ich, das kann doch nicht sein, das war noch aus der Zeit, als 'Kraft durch Freude' in Prora entstanden ist, hatte ich aber keine Ahnung, sondern ich dachte, na ja, das ist wunderschön, ich geh zum Bahnhof und frage, wie komme ich denn nach Rügen und dann sagt die, fahren Sie nach Stralsund und dann müssen Sie sehen, wie sie da weiterkommen und dann hab ich das gemacht und in Bergen bin ich ausgestiegen und dann habe ich mir ein Taxi genommen und habe gesagt, jetzt fahren Sie mich mal wohin, ich werde schon sehen, wo ich bleiben möchte. Und bin dann nach Sellin gefahren und dann habe ich gesagt, hier werde ich bleiben."
Auch Edith Lampert ist von Bayern, vom Starnberger See, nach Rügen gekommen. 30 Jahre lang war sie Altenpflegerin und wusste – so will sie nicht altern. Unwürdig, teilweise entmündigt, passiv, verwahrt. Vor Jahren schon hat sie deswegen den Verein Herbstzeitlose gegründet.
"Herbstzeitlose ist ein gemeinnütziger Verein, der Wohngemeinschaften für ältere Menschen bilden will, beziehungsweise die Menschen miteinander bekannt macht die Wohngemeinschaften gründen wollen. Das gibt es eigentlich in ganz Deutschland noch nicht, Alten-Wohngemeinschaften und wir sind noch ein bisschen weiter und wollen Öko-Alten-WGs, das ist so das Oberste, so unter dem Motto 'gesund alt werden'."
Aber nicht im "Florida des Nordens". So redet die Landesregierung die demografische Entwicklung gerne schön.
"Ich finde ja furchtbar überhaupt Vergleiche; Venedig des Nordens, Paris des Nordens und was weiß ich wie kann man immer Sachen miteinander vergleichen und ich finde es auch schlimm, dass die Alten jetzt so angesehen werden, die kommen jetzt nach Mecklenburg-Vorpommern und geben viel Geld aus."
Günstige Lebenshaltungskosten stellen einen weiteren Pluspunkt der Region dar. 41 Prozent der Zuwanderer beziehungsweise Rückkehrer erwarben mit ihrem Umzug nach Mecklenburg-Vorpommern ein Haus beziehungsweise eine Eigentumswohnung.
"Natürlich lebt ein Mecklenburg-Vorpommern auch von Leuten, die Geld ausgeben, aber ich denke, dass das Gefühl hier als Mensch zu sein ist vielen wichtiger als die Wirtschaftsmacht."
Edith Lampert und die Schmedings sind keine Wirtschaftsmacht. Das Ehepaar hat ihren kleinen Bungalow exakt nach ihren finanziellen Möglichkeiten gebaut. Das Wohnmobil mussten sie verkaufen, um sich die Solaranlage auf dem Dach leisten zu können, eine Wärmepumpe hilft Strom sparen.
"Und unser Haus haben wir exakt nach Himmelsrichtungen ausrichten lassen und diese Fläche haben wir für die Solaranlage gebraucht, weil wir mussten zu unseren kleinen Renten ein paar Zusatzeinnahmen haben, dauerhafte und das war auf diese Weise ganz gut oder anders ausgedrückt, wir bekommen doppelt so viel für den Strom, den wir verkaufen, als den, den wir kaufen müssen, also ist das eine positive Anlage."
"Das war ja auch ein Grund für unseren Standort, weil wir uns gedacht haben, wir wollen ein Haus mit Solarpaneelen und wo ist die größte Sonneneinstrahlung in Deutschland und hier ist sie recht hoch, das war auch ein Grund wieso wir hierhergezogen sind."
Als Gründe für die den Umzug werden in erster Linie private Gründe genannt, das heißt Rückkehr, Land und Leute gefallen oder die Familie. Gesundheitliche Gründe spielen ebenfalls eine Rolle.
"Ich bin ein Mensch, der für alles mögliche Checklisten aufstellt, plus und minus, und da haben wir uns knallhart überlegt, wo sind die Vorteile und die Nachteile, und mit ein Punkt war, wenn ihr da im wilden Nordosten lebt und ihr werdet alt und klapprig was ist dann … alles da, Greifswald, Karlsburg, wir haben einen sehr netten Hausarzt, der wesentlich sorgfältiger mit uns umgeht als der Arzt, den wir früher in Bayern hatten. Und Wolgast hat auch ein modernes Krankenhaus, also uns kann hier gar nichts passieren, dann gibt's den Rettungshubschrauber in Greifswald, da sind wir förderndes Mitglied, damit wird dann auch mal anrufen können, wenn mal Not am Mann ist, weil es ist ja ländlich hier, da muss man ein bisschen aufpassen."
Die Zuzügler, so hat die Studie ergeben, wollen in die eigene Gesundheit investieren. Manche verlassen sich in ihrem Ruhestand auf den Ruf der Kliniken des Landes, das nicht nur Urlaubsland Nummer eins in Deutschland werden will, sondern auch das führende Gesundheitsland. Offensichtlich wirkt es.
"Absolut - wir fühlen uns hier auch viel gesünder als anderswo. Ich bin hier auch besser gelaunt als ich in Bayern war, das sagen alle, die hier zu Besuch kommen."
Im Hinblick auf ihre Gesundheit schätzen die Befragten ihren allgemeinen Gesundheitszustand überwiegend als gut bis ausgezeichnet ein. Sie fühlen sich fit und aktiv. Der Erhalt ihrer Gesundheit ist ihnen wichtig. Dafür sind sie auch bereit zu investieren, im Durchschnitt 111 Euro pro Monat. Neben medizinischen Vorsorgeangeboten nutzen sie Angebote wie Schwimmen oder Aquasport, Tanzen, Walking oder Massagen, Sauna und Fango/Moor-Packungen sowie Sanddorn- und Rapsölprodukte aus dem Bereich Medical Wellness.
"Wellness haben wir in Zinnowitz, da fahren wir zweimal die Woche hin, einmal zum Streckenschwimmen und dann einmal morgens um sieben zum Wellness, wir nehmen alles hier an, und dann gibt es herrliche Radwege und mit unserem Boot hier rumzutuckern, also, wunderbar."
Seit 1990 hat Mecklenburg-Vorpommern 1,7 Milliarden Euro in die Gesundheitswirtschaft investiert. Es gibt 35 Krankenhäuser, 66 Kureinrichtungen, 58 Kur- und Erholungsorte mit insgesamt 86.000 Beschäftigten. Das Land erwartet hier weitere Steigerungsraten, um so nicht nur schlechthin neue Arbeitsplätze zu schaffen, sondern über den Umweg Alte auch wieder junge Leute ins Land zu holen.
"Es wird zuerst jetzt erst immer so für Touristen angeboten, aber ich möchte es auch für Einheimische wahrgemacht haben. Das Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern muss natürlich auch als erstes daran denken und die Alten kommen. Wir müssen auch die Jungen haben und da würden sehr viele Arbeitsplätze entstehen, wenn das auch genutzt wird, dass was die Rentner hierin bringen und nicht nur Geld, sondern auch Werte, mit denen man leben kann und die sich wieder verbinden könnten mit den Jugendlichen und ich denke, der Tourismus ist wichtig, aber man sollte auch den Alten-Tourismus hervorholen und dann kommen die hierhin und sehen, was sie hier erwartet und ich denke, viele würden es gut finden."
Allerdings droht dem Land Ungemach: Weil es insgesamt immer weniger Menschen gibt, werden auch die Gesundheitsausgaben geringer. Die Hausarztversorgung ist schon jetzt ein Problem, das sich verstärken wird, wenn demnächst ein Drittel der Hausärzte in den Ruhestand geht - und gleichzeitig die Zuwanderer immer älter und also stärker auf medizinische Versorgung angewiesen sein werden.
Doch eine Infrastruktur wie in der Großstadt oder in den Touristenhochburgen wollen die Rentner gar nicht haben.
"Wir haben unsere Insel gefunden, wir sind auf unserer Insel angekommen, und wenn man nicht jeden Abend Remmi Demmi haben muss, dann hat mir hier einfach Lebensqualität, haben wir auch nie gemocht, wir sind gerne zuhause, ich bin fast jeden Abend beim Sport, einen Abend sind wir zusammen schwimmen, abends sind wir häufig unterwegs zum Sport halt eben."
"Dass ein Arzt in der Nähe ist, wenn man einen braucht, und ne Apotheke, okay, aber das ist nicht so ausschlaggebend, das ist viel mehr, dass man ein bisschen Freiraum hat, rausgehen zu können, wir haben natürlich auch einen großen Garten, die jüngeren pflanzen die Kartoffeln und ich als die ältere Pflanze die Kräuter und das kann ich hier machen, das sind so Kleinigkeiten, aber das bedeutet das Leben."
Ihrem Leben in Bayern trauern weder die Schmedings noch Edith Lampert hinterher.
"Bayern vermissen wir überhaupt nicht, wir fühlen uns sehr zuhause. Wir haben außerordentlich nette freundliche Nachbarn gefunden, wir haben sogar Zäune abgerissen mittlerweile, wir besuchen uns täglich, rundrum fühlen wir uns wohl."
"Es ist erstens zu teuer da unten zu leben, man wird nicht anerkannt als das, was man ist, es ist hier oben einfach schöner, wir haben eine andere Luft, ein anderes Licht, Wasser, Strände, Wald, das sind die Hauptgründe, wieso man hierin kommen könnte, für jeden, der im Alter noch etwas sucht."
Und das sollte kein Seniorengetto sein. Seniorenteller und Seniorencafé sind Worte, die nicht nur Edith Lampert einen Rheumaschub verpassen. Deutschlands Senioren, das hat kürzlich eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid ergeben, wollen ihren Lebensabend möglichst nicht in einem Altenheim, einem speziellen Wohngebiet oder in Seniorenstädten, sondern am liebsten zu Hause verbringen. In Mecklenburg-Vorpommern am besten mit Blick auf das Wasser, den Strand und die Tagespflege in der Nähe.
"Das reicht aber nicht, keiner will am Tag, zwölf Monate im Jahr, zwölf Stunden täglich aufs Meer gucken."
Heidrun Hiller ist noch längst nicht im Rentenalter – aber sich arbeitet an einer Seniorenstadt – fast nach dem Vorbild von Sun City in den USA.
"Es gibt nicht nur die Kaufkraft, die in der letzten Zeit sehr entdeckt wurde, Silverhair hat das dicke Geld und den nutzen wir jetzt mal aus und es gibt den Fakt Zeit ein ganz wichtiges Merkmal, diese Generation hat Zeit, die wir Berufstätigen nicht haben und damit kann man wenn man einen großen Anteil aktiver Leute in der dritten Generation hat, eine Region auch wieder attraktiv für Familien und junge Leute machen, dieses Zeitpotential, das muss man erschließen und auch so, dass sich die dritte Generation auch wieder bereichert fühlt, dann kann das echt ein Standortvorteil werden."
Unter dem blauen Himmel Arizonas leben knapp über 40.000 Senioren in ihrer eigenen Stadt. Ein gepflegtes Altenghetto für den amerikanischen Mittelstand, mit Bungalows, Golfplätzen Konzerthallen und Hobby-Zentren. Für 700 Dollar im Jahr gibt es hier das Rundum-Glücklich Paket.
"Das ist die Wohnform, die in Amerika die größte Wohnzufriedenheit hat, muss man sich ja fragen warum sind die Menschen da so zufrieden, weil die Menschen da nicht diskriminiert werden, also diese Altersdiskriminierung, die gibt es dort nicht."
Die amerikanische Antwort auf die älter werdende Gesellschaft kann auch ein Konzept für Deutschland sein. Zumindest ist es einen Versuch wert, meint das Tiefensee-Ministerium – und fördert die Idee in einem Modellprojekt – ganz am Rande der Republik – in Eggesin, einer Stadt, in der man im Brennglas die Probleme des Landes beobachten kann. Einst die jüngste Stadt des Landes werden hier bis 2020 60 Prozent aller Bürger im Rentenalter sein. Heidrun Hiller soll das umsetzen. Sie hat ihre Diplomarbeit über Seniorenstädte geschrieben und ist von der Idee überzeugt.
"Wie diese Städte funktionieren ist das, was mich so fasziniert hat, jeder kann sich so weit er das möchte, zeitlich in die Stadt einbringen und für das Zeitvolumen, das er einspeist mit seinen Talenten, in diesem Volumen wieder in Empfang nehmen. Und das ist natürlich besonders interessant für Menschen, die keine Familie mehr haben, die sitzen dann eben nicht nur zu Hause und gucken sich 15 Soaps am Tag an, sondern die können, wenn sie mal Prof. für Anglistik waren, Vorlesungen geben für andere, und dafür andere Leistungen in Empfang nehmen, das heißt, dass jeder gefordert wird und damit einen ganz anderen gesellschaftlichen Stellenwert hat, das ist ja das, woran unsere Region sehr krankt, dass viele in die Arbeitslosigkeit geschickt wurden und auch die gesellschaftliche Anerkennung bei sehr vielen Menschen verlorengeht - also eigentlich, was man bei den Amerikanern gar nicht denkt ein hochsoziales Miteinander."
In der Stadtmitte, die mit vielen Fördergeldern neue Straßen und hübsche Fassaden bekommen hat, hinter denen nichts mehr passiert, soll ein Recreation-Center entstehen, ein generationenübergreifendes Gemeinschaftshaus, in der das Kernstück, die Zeitbank, organisiert wird.
"Der Sinn und Zweck, die Zeit, die die eine Generation hat der anderen zur Verfügung zu stellen, aber zum beiderseitigen Mehrwert, das beide Seiten Spaß haben und sinnvoll partizipieren können."
Etwas, was viele im Kummerland der Republik durch lange Arbeitslosigkeit und Altersarmut nicht mehr können - teilnehmen – am Leben.
"Und das macht eben den Zuzug für ältere Leute interessant, gerade, wer sein Leben lang in der Stadt gewohnt hat und da wirklich alle Höhen und Tiefen und Vorzüge und Nachteile der Stadt genossen hat… und wir haben jetzt die Generation der Baby-Boomer, die selbst keine Kinder gekriegt haben, die wachsen ja so in die Rentnergeneration rein, was machen die mit ihrer Zeit? Und wir haben hier landschaftlich und räumlich so viele Möglichkeiten, sich hier aktiv und sinnvoll noch mal völlig neu zu orientieren, also ich denke mal, wir sind da gut aufgestellt, wir müssen uns inhaltlich füllen und dieses Haus in Eggesin soll da ein Anfang sein."
Heidrun Hiller, die Schmedings, und Edith Lampert kennen sich nicht – und doch wollen alle das Gleiche.
"Wir können uns hier so einbringen, auch das, was wir möchten, auch im Garten und für Menschen was tun, ich habe angefangen, im Krankenhaus, da bin ich zweimal in der Woche und lese den bettlägerigen Kindern Geschichten vor und das ist auch eine wunderbare Aufgabe, dazu hatte ich früher nie Zeit, weil ich immer im Beruf war und jetzt kann ich so etwas auch machen, das ist schön."
Die Zuzügler sind meistens die, die sich in ihrer Gemeinde engagieren.
"Wir haben schon viele Sachen bewegt, ob das hier im ort ist oder in der Umgebung, das jüngste, was wo wir jetzt bei sind, das sind die Bushaltestellen, die sind in einem katastrophalen Zustand, also so was von desolat, da haben wir ein paar Fotos eingeschickt an die Ostseezeitung und kurze Zeit später war der Reporter schon hier , und dann war am nächsten Tag gleich ein Riesenartikel, aber der Bürgermeister war ein bisschen sauer."
"Ich möchte das Wort alt wieder ins Bewusstsein rufen, positiv besetzen, nicht junge Alte, das gibt es nicht, es gibt ja auch keine alten Jungen, fitte Alte oder was weiß ich noch alles, alt ist gut, man ist älter, dann wird man alt, und dann wird man vielleicht ein Greis und hoffentlich wird man weise dabei, das ist mein größter Wunsch, ich möchte weise werden."
"Wir haben auf der Karte geguckt und uns gesagt, wir müssen wieder ans Meer, weil die Berge waren für meinen Mann immer erdrückend, er wollte überhaupt nicht in die Berge, und dann haben wir auf der Karte geguckt und gesucht, wo das Meer ist, wo es nicht so weit ist nach Skandinavien und wo es auch preiswert ist zu leben und wo die Menschen auch hochdeutsch sprechen, denn das Bayerisch ist uns so ein bisschen auf den Geist gegangen."
"Vär ey" - "unsere Insel" – unter dem Schild an der Haustür des kleinen Bungalows mitten in der vorpommerschen Pampa stehen die Schmedings und platzen beinahe vor Zufriedenheit und Lebensfreude. Vom Chiemsee sind sie vor drei Jahren nach Hollendorf an die Ostsee gekommen. Ein Ostfriese und eine Norwegerin in Vorpommern. Abenteuer im Rentenalter
Herkunftsschwerpunkte der Zuwanderer beziehungsweise Rückkehrer sind die Bundesländer Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Berlin.
"Uns haben viele Leute gewarnt hierher zu ziehen, auch unser Steuerberater, der war ganz entsetzt. Der kannte die Gegend hier, aber gerade mal von vor 17 oder 18 Jahren und konnte sich nicht vorstellen, was hier alles verbessert worden ist. Mit den Leuten ist teilweise sehr schwierig, aber man muss sich darüber hinwegsetzen - man muss sagen, dass lass ich mir nicht gefallen und man muss was tun, und das tun wir auch."
In keinem anderen Bundesland ist der Zuzug von älteren Menschen so stark wie im Nordosten. Und das ausgerechnet in einem Bundesland, das nach wie vor Bevölkerung verliert, vor allem die jungen, gut ausgebildeten Frauen. 2020 werden nur noch 1,4 Millionen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern leben. Derzeit sind es noch knapp 1,7 Millionen. Die Schmedings wollen den Ruhestand aktiv genießen – und werden mit all den anderen Umzüglern zur Ursache dafür, dass Mecklenburg-Vorpommern vom jüngsten Bundesland nach dem Ende der DDR zum ältesten im Jahr 2020 wird, also in der historisch kurzen Zeit von nur einer Generation.
Als beliebte Zuzugsziele in Mecklenburg-Vorpommern lassen sich die städtischen Regionen Rostock und Schwerin, die küstennahen Regionen Bad Doberan, Usedom, Nordvorpommern und Rügen sowie die Landkreise Ludwigslust und Nordwest-Mecklenburg identifizieren.
Zuerst waren es die Mediziner der Uni Greifswald, die den Trend untersucht haben. 1337 Zuwanderer wurden mit einem 16 Seiten umfassenden Fragebogen befragt. Heraus kam, dass die Zuwanderer für ihr Alter erstaunlich fit und aktiv sind. Viele kamen zwar nach Mecklenburg-Vorpommern, weil sie früher hier schon einmal gewohnt haben oder weil ihre Kinder hier leben. Die meisten aber mögen schlicht Land und Leute. Mit – kleinen Einschränkungen.
"Minuspunkte eben dass wir nicht gedacht haben, dass es so viele alte Seilschaften noch gibt nach 18 Jahren, dass man bei den Behörden durchaus mal auf einen kompetenten Sachbearbeiter stoßen kann, aber durchweg ist alles hier irgendwo noch nicht so bürgerfreundlich, man gibt sich zwar mühe, aber das ist noch sehr vereinzelt."
"Ich kannte nichts, was ich mit Rügen in Verbindung bringen konnte, nur irgendwie war ganz tief in meinem Gedächtnis, es gibt da eine Insel, da fahren lauter weiße große Schiffe hin und da sind alle Leute glücklich und das war so ein Traum und wie ich morgens wach werde, da dachte ich, das kann doch nicht sein, das war noch aus der Zeit, als 'Kraft durch Freude' in Prora entstanden ist, hatte ich aber keine Ahnung, sondern ich dachte, na ja, das ist wunderschön, ich geh zum Bahnhof und frage, wie komme ich denn nach Rügen und dann sagt die, fahren Sie nach Stralsund und dann müssen Sie sehen, wie sie da weiterkommen und dann hab ich das gemacht und in Bergen bin ich ausgestiegen und dann habe ich mir ein Taxi genommen und habe gesagt, jetzt fahren Sie mich mal wohin, ich werde schon sehen, wo ich bleiben möchte. Und bin dann nach Sellin gefahren und dann habe ich gesagt, hier werde ich bleiben."
Auch Edith Lampert ist von Bayern, vom Starnberger See, nach Rügen gekommen. 30 Jahre lang war sie Altenpflegerin und wusste – so will sie nicht altern. Unwürdig, teilweise entmündigt, passiv, verwahrt. Vor Jahren schon hat sie deswegen den Verein Herbstzeitlose gegründet.
"Herbstzeitlose ist ein gemeinnütziger Verein, der Wohngemeinschaften für ältere Menschen bilden will, beziehungsweise die Menschen miteinander bekannt macht die Wohngemeinschaften gründen wollen. Das gibt es eigentlich in ganz Deutschland noch nicht, Alten-Wohngemeinschaften und wir sind noch ein bisschen weiter und wollen Öko-Alten-WGs, das ist so das Oberste, so unter dem Motto 'gesund alt werden'."
Aber nicht im "Florida des Nordens". So redet die Landesregierung die demografische Entwicklung gerne schön.
"Ich finde ja furchtbar überhaupt Vergleiche; Venedig des Nordens, Paris des Nordens und was weiß ich wie kann man immer Sachen miteinander vergleichen und ich finde es auch schlimm, dass die Alten jetzt so angesehen werden, die kommen jetzt nach Mecklenburg-Vorpommern und geben viel Geld aus."
Günstige Lebenshaltungskosten stellen einen weiteren Pluspunkt der Region dar. 41 Prozent der Zuwanderer beziehungsweise Rückkehrer erwarben mit ihrem Umzug nach Mecklenburg-Vorpommern ein Haus beziehungsweise eine Eigentumswohnung.
"Natürlich lebt ein Mecklenburg-Vorpommern auch von Leuten, die Geld ausgeben, aber ich denke, dass das Gefühl hier als Mensch zu sein ist vielen wichtiger als die Wirtschaftsmacht."
Edith Lampert und die Schmedings sind keine Wirtschaftsmacht. Das Ehepaar hat ihren kleinen Bungalow exakt nach ihren finanziellen Möglichkeiten gebaut. Das Wohnmobil mussten sie verkaufen, um sich die Solaranlage auf dem Dach leisten zu können, eine Wärmepumpe hilft Strom sparen.
"Und unser Haus haben wir exakt nach Himmelsrichtungen ausrichten lassen und diese Fläche haben wir für die Solaranlage gebraucht, weil wir mussten zu unseren kleinen Renten ein paar Zusatzeinnahmen haben, dauerhafte und das war auf diese Weise ganz gut oder anders ausgedrückt, wir bekommen doppelt so viel für den Strom, den wir verkaufen, als den, den wir kaufen müssen, also ist das eine positive Anlage."
"Das war ja auch ein Grund für unseren Standort, weil wir uns gedacht haben, wir wollen ein Haus mit Solarpaneelen und wo ist die größte Sonneneinstrahlung in Deutschland und hier ist sie recht hoch, das war auch ein Grund wieso wir hierhergezogen sind."
Als Gründe für die den Umzug werden in erster Linie private Gründe genannt, das heißt Rückkehr, Land und Leute gefallen oder die Familie. Gesundheitliche Gründe spielen ebenfalls eine Rolle.
"Ich bin ein Mensch, der für alles mögliche Checklisten aufstellt, plus und minus, und da haben wir uns knallhart überlegt, wo sind die Vorteile und die Nachteile, und mit ein Punkt war, wenn ihr da im wilden Nordosten lebt und ihr werdet alt und klapprig was ist dann … alles da, Greifswald, Karlsburg, wir haben einen sehr netten Hausarzt, der wesentlich sorgfältiger mit uns umgeht als der Arzt, den wir früher in Bayern hatten. Und Wolgast hat auch ein modernes Krankenhaus, also uns kann hier gar nichts passieren, dann gibt's den Rettungshubschrauber in Greifswald, da sind wir förderndes Mitglied, damit wird dann auch mal anrufen können, wenn mal Not am Mann ist, weil es ist ja ländlich hier, da muss man ein bisschen aufpassen."
Die Zuzügler, so hat die Studie ergeben, wollen in die eigene Gesundheit investieren. Manche verlassen sich in ihrem Ruhestand auf den Ruf der Kliniken des Landes, das nicht nur Urlaubsland Nummer eins in Deutschland werden will, sondern auch das führende Gesundheitsland. Offensichtlich wirkt es.
"Absolut - wir fühlen uns hier auch viel gesünder als anderswo. Ich bin hier auch besser gelaunt als ich in Bayern war, das sagen alle, die hier zu Besuch kommen."
Im Hinblick auf ihre Gesundheit schätzen die Befragten ihren allgemeinen Gesundheitszustand überwiegend als gut bis ausgezeichnet ein. Sie fühlen sich fit und aktiv. Der Erhalt ihrer Gesundheit ist ihnen wichtig. Dafür sind sie auch bereit zu investieren, im Durchschnitt 111 Euro pro Monat. Neben medizinischen Vorsorgeangeboten nutzen sie Angebote wie Schwimmen oder Aquasport, Tanzen, Walking oder Massagen, Sauna und Fango/Moor-Packungen sowie Sanddorn- und Rapsölprodukte aus dem Bereich Medical Wellness.
"Wellness haben wir in Zinnowitz, da fahren wir zweimal die Woche hin, einmal zum Streckenschwimmen und dann einmal morgens um sieben zum Wellness, wir nehmen alles hier an, und dann gibt es herrliche Radwege und mit unserem Boot hier rumzutuckern, also, wunderbar."
Seit 1990 hat Mecklenburg-Vorpommern 1,7 Milliarden Euro in die Gesundheitswirtschaft investiert. Es gibt 35 Krankenhäuser, 66 Kureinrichtungen, 58 Kur- und Erholungsorte mit insgesamt 86.000 Beschäftigten. Das Land erwartet hier weitere Steigerungsraten, um so nicht nur schlechthin neue Arbeitsplätze zu schaffen, sondern über den Umweg Alte auch wieder junge Leute ins Land zu holen.
"Es wird zuerst jetzt erst immer so für Touristen angeboten, aber ich möchte es auch für Einheimische wahrgemacht haben. Das Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern muss natürlich auch als erstes daran denken und die Alten kommen. Wir müssen auch die Jungen haben und da würden sehr viele Arbeitsplätze entstehen, wenn das auch genutzt wird, dass was die Rentner hierin bringen und nicht nur Geld, sondern auch Werte, mit denen man leben kann und die sich wieder verbinden könnten mit den Jugendlichen und ich denke, der Tourismus ist wichtig, aber man sollte auch den Alten-Tourismus hervorholen und dann kommen die hierhin und sehen, was sie hier erwartet und ich denke, viele würden es gut finden."
Allerdings droht dem Land Ungemach: Weil es insgesamt immer weniger Menschen gibt, werden auch die Gesundheitsausgaben geringer. Die Hausarztversorgung ist schon jetzt ein Problem, das sich verstärken wird, wenn demnächst ein Drittel der Hausärzte in den Ruhestand geht - und gleichzeitig die Zuwanderer immer älter und also stärker auf medizinische Versorgung angewiesen sein werden.
Doch eine Infrastruktur wie in der Großstadt oder in den Touristenhochburgen wollen die Rentner gar nicht haben.
"Wir haben unsere Insel gefunden, wir sind auf unserer Insel angekommen, und wenn man nicht jeden Abend Remmi Demmi haben muss, dann hat mir hier einfach Lebensqualität, haben wir auch nie gemocht, wir sind gerne zuhause, ich bin fast jeden Abend beim Sport, einen Abend sind wir zusammen schwimmen, abends sind wir häufig unterwegs zum Sport halt eben."
"Dass ein Arzt in der Nähe ist, wenn man einen braucht, und ne Apotheke, okay, aber das ist nicht so ausschlaggebend, das ist viel mehr, dass man ein bisschen Freiraum hat, rausgehen zu können, wir haben natürlich auch einen großen Garten, die jüngeren pflanzen die Kartoffeln und ich als die ältere Pflanze die Kräuter und das kann ich hier machen, das sind so Kleinigkeiten, aber das bedeutet das Leben."
Ihrem Leben in Bayern trauern weder die Schmedings noch Edith Lampert hinterher.
"Bayern vermissen wir überhaupt nicht, wir fühlen uns sehr zuhause. Wir haben außerordentlich nette freundliche Nachbarn gefunden, wir haben sogar Zäune abgerissen mittlerweile, wir besuchen uns täglich, rundrum fühlen wir uns wohl."
"Es ist erstens zu teuer da unten zu leben, man wird nicht anerkannt als das, was man ist, es ist hier oben einfach schöner, wir haben eine andere Luft, ein anderes Licht, Wasser, Strände, Wald, das sind die Hauptgründe, wieso man hierin kommen könnte, für jeden, der im Alter noch etwas sucht."
Und das sollte kein Seniorengetto sein. Seniorenteller und Seniorencafé sind Worte, die nicht nur Edith Lampert einen Rheumaschub verpassen. Deutschlands Senioren, das hat kürzlich eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid ergeben, wollen ihren Lebensabend möglichst nicht in einem Altenheim, einem speziellen Wohngebiet oder in Seniorenstädten, sondern am liebsten zu Hause verbringen. In Mecklenburg-Vorpommern am besten mit Blick auf das Wasser, den Strand und die Tagespflege in der Nähe.
"Das reicht aber nicht, keiner will am Tag, zwölf Monate im Jahr, zwölf Stunden täglich aufs Meer gucken."
Heidrun Hiller ist noch längst nicht im Rentenalter – aber sich arbeitet an einer Seniorenstadt – fast nach dem Vorbild von Sun City in den USA.
"Es gibt nicht nur die Kaufkraft, die in der letzten Zeit sehr entdeckt wurde, Silverhair hat das dicke Geld und den nutzen wir jetzt mal aus und es gibt den Fakt Zeit ein ganz wichtiges Merkmal, diese Generation hat Zeit, die wir Berufstätigen nicht haben und damit kann man wenn man einen großen Anteil aktiver Leute in der dritten Generation hat, eine Region auch wieder attraktiv für Familien und junge Leute machen, dieses Zeitpotential, das muss man erschließen und auch so, dass sich die dritte Generation auch wieder bereichert fühlt, dann kann das echt ein Standortvorteil werden."
Unter dem blauen Himmel Arizonas leben knapp über 40.000 Senioren in ihrer eigenen Stadt. Ein gepflegtes Altenghetto für den amerikanischen Mittelstand, mit Bungalows, Golfplätzen Konzerthallen und Hobby-Zentren. Für 700 Dollar im Jahr gibt es hier das Rundum-Glücklich Paket.
"Das ist die Wohnform, die in Amerika die größte Wohnzufriedenheit hat, muss man sich ja fragen warum sind die Menschen da so zufrieden, weil die Menschen da nicht diskriminiert werden, also diese Altersdiskriminierung, die gibt es dort nicht."
Die amerikanische Antwort auf die älter werdende Gesellschaft kann auch ein Konzept für Deutschland sein. Zumindest ist es einen Versuch wert, meint das Tiefensee-Ministerium – und fördert die Idee in einem Modellprojekt – ganz am Rande der Republik – in Eggesin, einer Stadt, in der man im Brennglas die Probleme des Landes beobachten kann. Einst die jüngste Stadt des Landes werden hier bis 2020 60 Prozent aller Bürger im Rentenalter sein. Heidrun Hiller soll das umsetzen. Sie hat ihre Diplomarbeit über Seniorenstädte geschrieben und ist von der Idee überzeugt.
"Wie diese Städte funktionieren ist das, was mich so fasziniert hat, jeder kann sich so weit er das möchte, zeitlich in die Stadt einbringen und für das Zeitvolumen, das er einspeist mit seinen Talenten, in diesem Volumen wieder in Empfang nehmen. Und das ist natürlich besonders interessant für Menschen, die keine Familie mehr haben, die sitzen dann eben nicht nur zu Hause und gucken sich 15 Soaps am Tag an, sondern die können, wenn sie mal Prof. für Anglistik waren, Vorlesungen geben für andere, und dafür andere Leistungen in Empfang nehmen, das heißt, dass jeder gefordert wird und damit einen ganz anderen gesellschaftlichen Stellenwert hat, das ist ja das, woran unsere Region sehr krankt, dass viele in die Arbeitslosigkeit geschickt wurden und auch die gesellschaftliche Anerkennung bei sehr vielen Menschen verlorengeht - also eigentlich, was man bei den Amerikanern gar nicht denkt ein hochsoziales Miteinander."
In der Stadtmitte, die mit vielen Fördergeldern neue Straßen und hübsche Fassaden bekommen hat, hinter denen nichts mehr passiert, soll ein Recreation-Center entstehen, ein generationenübergreifendes Gemeinschaftshaus, in der das Kernstück, die Zeitbank, organisiert wird.
"Der Sinn und Zweck, die Zeit, die die eine Generation hat der anderen zur Verfügung zu stellen, aber zum beiderseitigen Mehrwert, das beide Seiten Spaß haben und sinnvoll partizipieren können."
Etwas, was viele im Kummerland der Republik durch lange Arbeitslosigkeit und Altersarmut nicht mehr können - teilnehmen – am Leben.
"Und das macht eben den Zuzug für ältere Leute interessant, gerade, wer sein Leben lang in der Stadt gewohnt hat und da wirklich alle Höhen und Tiefen und Vorzüge und Nachteile der Stadt genossen hat… und wir haben jetzt die Generation der Baby-Boomer, die selbst keine Kinder gekriegt haben, die wachsen ja so in die Rentnergeneration rein, was machen die mit ihrer Zeit? Und wir haben hier landschaftlich und räumlich so viele Möglichkeiten, sich hier aktiv und sinnvoll noch mal völlig neu zu orientieren, also ich denke mal, wir sind da gut aufgestellt, wir müssen uns inhaltlich füllen und dieses Haus in Eggesin soll da ein Anfang sein."
Heidrun Hiller, die Schmedings, und Edith Lampert kennen sich nicht – und doch wollen alle das Gleiche.
"Wir können uns hier so einbringen, auch das, was wir möchten, auch im Garten und für Menschen was tun, ich habe angefangen, im Krankenhaus, da bin ich zweimal in der Woche und lese den bettlägerigen Kindern Geschichten vor und das ist auch eine wunderbare Aufgabe, dazu hatte ich früher nie Zeit, weil ich immer im Beruf war und jetzt kann ich so etwas auch machen, das ist schön."
Die Zuzügler sind meistens die, die sich in ihrer Gemeinde engagieren.
"Wir haben schon viele Sachen bewegt, ob das hier im ort ist oder in der Umgebung, das jüngste, was wo wir jetzt bei sind, das sind die Bushaltestellen, die sind in einem katastrophalen Zustand, also so was von desolat, da haben wir ein paar Fotos eingeschickt an die Ostseezeitung und kurze Zeit später war der Reporter schon hier , und dann war am nächsten Tag gleich ein Riesenartikel, aber der Bürgermeister war ein bisschen sauer."
"Ich möchte das Wort alt wieder ins Bewusstsein rufen, positiv besetzen, nicht junge Alte, das gibt es nicht, es gibt ja auch keine alten Jungen, fitte Alte oder was weiß ich noch alles, alt ist gut, man ist älter, dann wird man alt, und dann wird man vielleicht ein Greis und hoffentlich wird man weise dabei, das ist mein größter Wunsch, ich möchte weise werden."